Abbau Ost
und Dienstleistungszentrum errichten und dazu |112| mindestens 40 Millionen Mark investieren«. Damit hatte Schwerin als Erste der 15 Niederlassungen das »operative Geschäft«
beendet. Birgit Breuel sprach von einer »ungeheuren Leistung« und lobte die Schnelligkeit der Behörde. Karl-Heinz Rüsberg
kündigte an, dass er bis zum 3. Oktober 1992, fast genau zwei Jahre nach Arbeitsbeginn, seinen Schreibtisch räumen wolle.
Doch da erwarteten ihn schon neue Aufgaben. Er wechselte in die Treuhandzentrale nach Berlin und kümmerte sich zunächst um
die »Einkaufsoffensive Ost«, ehe er im Auftrag der Zentrale nach Halle aufbrach, weil es dort zu Unregelmäßigkeiten im Privatisierungsgeschäft
gekommen war. Danach arbeitete er noch weitere Jahre in der Treuhand-Nachfolgeeinrichtung, der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte
Sonderaufgaben (BvS), als Regionalleiter für die Geschäftsstellen in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Sein offizieller Abschied war der Lokalpresse nur noch eine kleine Notiz wert. Karl-Heinz Rüsberg, dessen Name unter Hunderten
Privatisierungsverträgen und für die Entindustrialisierung Westmecklenburgs steht, der eine Mitverantwortung für die Chancenlosigkeit
einer ganzen Generation ostdeutscher Arbeitnehmer trägt, verabschiedete sich nach einem überaus erfolgreichen Berufsleben
im Alter von 63 Jahren aus dem Staatsdienst.
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Parteienbündnis gegen die Wahrheit
Am 28. August 1994 stellte der Treuhand-Untersuchungsausschuss seine Arbeit ein. Nach einjähriger Tätigkeit, 54 Sitzungen,
einer Verfahrensdauer von 277 Stunden und 9203 Seiten Protokollniederschriften folgten die Bundestagsabgeordneten mehrheitlich
der Beschlussempfehlung und nahmen den »Bericht des Untersuchungsausschusses ›Treuhandanstalt‹ nach Art. 44 des Grundgesetzes
zur Kenntnis«. Tatsächlich brachte der Abschlussbericht nichts Spektakuläres. Der sozialdemokratische Ausschussvorsitzende
Otto Schily sagte, die Versäumnisse der Treuhandanstalt seien vor allem darauf zurückzuführen, dass die Bundesregierung keine
gesamtwirtschaftliche Strategie zur Umstrukturierung |113| der ostdeutschen Wirtschaft entwickelt habe. Natürlich, erklärte Schily, könne die treuhänderische Arbeit viele Erfolge vorweisen,
jedoch hätten die immensen Transferleistungen aus dem Westen die ehemaligen DDR-Betriebe nicht wirklich stark, sondern in
unzulässigem Maße von den Banken abhängig gemacht. Auch zeige die Tatsache, dass von einmal mehr als 4 Millionen Arbeitsplätzen
nur noch 1,3 Millionen übrig geblieben sind, dass die Privatisierungen regelrecht durchgepeitscht worden seien. Insgesamt
aber bestätigte der Ausschussbericht das Bild, das die Treuhandanstalt von sich selbst gezeichnet hatte, das einer im Großen
und Ganzen engagierten, auf dem Boden des Gesetzes stehenden Behörde, die an ihrer einmaligen historischen Aufgabe gewachsen
sei und die, trotz einiger unvermeidlicher Fehler, in so kurzer Zeit Großes und Außergewöhnliches geleistet habe, nämlich
die Transformation einer maroden Staatswirtschaft in ein marktwirtschaftliches Unternehmensgefüge. »Die Treuhandanstalt ist
allen Fällen«, hieß es auf Seite 97 des Abschlussberichtes, »in denen der Verdacht auf eine strafbare Handlung vorlag, durch
ihre eigenen Kontrollorgane nachgegangen und hat bei strafbaren Handlungen unverzüglich die zuständigen Staatsanwaltschaften
eingeschaltet. Der Ausschuss stellte fest, dass die überwiegende Anzahl der 14 160 Privatisierungen reibungslos und erfolgreich
verlaufen sind. Nach Auffassung von sachverständigen Zeugen waren die wenigen fehlgeschlagenen Privatisierungen angesichts
der immensen Aufgabe nicht zu vermeiden.«
Untersuchen sollte der Ausschuss, »ob und in welchem Umfang durch Maßnahmen oder Unterlassungen der Bundesregierung und der
Treuhandanstalt überlebensfähige Betriebe geschlossen und Arbeitsplätze vernichtet wurden, die erhalten werden konnten«. Ferner
sollte der Ausschuss klären, ob das Bonus-System zur schnelleren Privatisierung zwangsläufig Fehlentscheidungen nach sich
zog und »ob und in welchem Umfang der Bundesrepublik Deutschland durch vertragswidrige oder strafbare Handlungen im Zusammenhang
mit der Privatisierung, Sanierung oder Abwicklung von Treuhandvermögen möglicherweise Schaden entstanden ist«. Auf keine dieser
Fragen konnte der Ausschuss |114| eine wirklich zufriedenstellende Antwort
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