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Abbau Ost

Titel: Abbau Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Baale
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McKinsey-Test ebenfalls durchgeführt wurde: Großbritannien (4,4), Frankreich (4,3), Polen und Italien (4,2). Im Hinblick
     auf die Erfolgs- und Leistungsorientierung gibt es folglich kaum Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschen, wohl aber im
     Vergleich mit anderen Nationen.
    Auch bei der Bewertung sozialer Standards wie beispielsweise Pflichtbewusstsein, Prinzipientreue, Teamfähigkeit und Kontaktfreudigkeit
     liegen Ost- und Westdeutsche nah beieinander. Zur Beurteilung, in welchem Maße Menschen solche Standards erfüllen, hat sich
     der so genannte Big-Five-Persönlichkeitstest herauskristallisiert. Dieser Test basiert auf der Erfahrung, dass sich jede Persönlichkeit
     durch fünf Dimensionen (Big Five) beschreiben lässt. Das sind Kontaktfreudigkeit (Aufgeschlossenheit für äußere Eindrücke),
     Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, emotionale Stabilität und Offenheit (im Sinne von Veränderungsbereitschaft). Die fünf
     Dimensionen werden anhand bestimmter Fragestellungen |207| abgeprüft und zwischen eins (stimmt gar nicht) und fünf (stimmt voll und ganz) eingeordnet. Danach charakterisierten sich
     Ost- und Westdeutsche ähnlich gewissenhaft, ordentlich, rücksichtsvoll und kooperativ. Allerdings zeigte der Persönlichkeitstest
     auch Differenzen. Im Hinblick auf Kontaktfreudigkeit, Teamfähigkeit, Verlässlichkeit, systematische Arbeitsweise und Hartnäckigkeit
     beim Erreichen von Zielen schnitten die Ostdeutschen durchweg etwas besser ab. Sozialstudien billigen ehemaligen DDR-Bürgern
     beim Lösen von Problemen ein hohes Maß an Ernsthaftigkeit und systematischer Denkweise zu, während Altbundesbürger eher zu
     einer zufallsorientiert-spielerischen Denkweise neigen. Die Ursachen sehen Sozialwissenschaftler in der systematisch aufgebauten
     Wissensvermittlung im Bildungssystem der DDR und der eher unsystematisch-zusammenhanglosen an westdeutschen Bildungseinrichtungen.
     Allerdings lassen sich damit keine mentalen Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschen begründen. Thomas Gensicke erklärt
     diese »kühl-distanzierte Haltung beider Bevölkerungsgruppen zueinander« mit der mangelhaften staatsbürgerlichen Integration
     ehemaliger DDR-Bürger. »Die alten Bundesbürger brauchten bisher die Distanz zu den neuen Bundesbürgern, um ihre zunehmenden
     Systemzweifel verdrängen zu können. Und insbesondere diejenigen neuen Bundesbürger, die die Einheit stark getroffen hat, benötigten
     wiederum den stereotypischen Wessi, um ihr Selbstwertgefühl abgrenzend zu wahren.«
    Auch wenn sich Ost- und Westdeutsche bei ihrer Erfolgsorientierung und der Bewertung sozialer Standards nicht auseinanderdividieren
     lassen, so zeigen sich bei der Beurteilung des bundesdeutschen Gesellschaftssystems geradezu eklatante Unterschiede. Auf die
     Fragestellung beispielsweise: »In unserer Gesellschaft geht es im Allgemeinen gerecht zu«, tendieren die Ostdeutschen deutlich
     zu »stimmt nicht«, während die Westdeutschen ihrer Gesellschaft ein weit höheres Maß an Gerechtigkeit zubilligen. In allen
     Fragestellungen wird das bundesdeutsche Gesellschaftssystem von den Ostdeutschen zum Teil deutlich schlechter bewertet als
     von den Westdeutschen. Und mehr noch, obwohl |208| nur eine kleine Minderheit der ehemaligen DDR-Bürger wieder in Verhältnissen leben möchte, wie sie zu DDR-Zeiten geherrscht
     hatten, geben sie der DDR in vielen Detailfragen den Vorzug. Was persönliche Freiheit betrifft, Lebensstandard, Wirtschaft,
     das politische System und die Mitwirkungsmöglichkeiten des Einzelnen, schätzen die ehemaligen DDR-Bürger das wiedervereinigte
     Deutschland im Vergleich zur DDR besser ein. Dann aber, bei der Frage nach den beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, dreht
     sich die Einschätzung deutlich zugunsten der DDR. Ebenso Anforderungen an die Gleichberechtigung der Frau, den Schutz vor
     Kriminalität, an soziale Gerechtigkeit, an das Schulsystem und das gesellschaftliche Miteinander sehen Ostdeutsche in der
     DDR weit besser erfüllt als im heutigen Deutschland. Und mehr noch, im Laufe der Jahre hat die Bundesrepublik bei den Ostdeutschen
     im Systemvergleich stetig verloren und die DDR dazugewonnen. Seit einigen Jahren betrachten auch Westdeutsche ihr gesellschaftliches
     Umfeld zunehmend kritischer. Sie gleichen sich darin der Sichtweise der ehemaligen DDR-Bürger an. »Ein politisches System«,
     sagt Thomas Gensicke, »das seit der Wiedervereinigung noch keine wirklich und dauerhaft

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