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Abbey Road Murder Song

Abbey Road Murder Song

Titel: Abbey Road Murder Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shaw
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»Ich tauge nicht viel in der Küche.«
    Seine Augen waren noch rot vom Whisky und auch auf seiner Kleidung sah man noch die Flecken, aber er tat, als wäre nichts gewesen.
    »Ich will keinen verfluchten Tee«, sagte sie kläglich.
    »Wie du meinst.«
    Über dem Kamin hing ein Porträt von Julia Sullivan. Darauf war sie in eine Decke gehüllt, darunter vermutlich nackt, gemalt im satten Stil eines John Singer Sargent, was sie gleichzeitig aufreizend und aristokratisch wirken ließ. In den Regalen standen moderne Romane und Lyrik. Andererseits war da aber auch ein Schrank mit drei Schrotflinten und einem 303er-Gewehr und daneben, aufgeräumter als die anderen, ein Regal mit Büchern über Militärgeschichte und das Fliegenfischen. Ein Schulfoto – eine lange Reihe Jungs vor einem Giebelhaus. Ein Regimentswappen auf einem hölzernen Ständer.
    »Tut mir leid, dass Sie Probleme hatten, uns ausfindig zu machen«, sagte Mrs Sullivan und versuchte, eine Zigarette anzuzünden. Ihre Hände zitterten so stark, dass die Flamme immer wieder erlosch. Tozer zog ihr Feuerzeug aus der Tasche und hielt es ihr hin.
    »Was haben Sie gemeint, als Sie gerade sagten, Major Sullivan sei an allem schuld?«, fragte Breen.
    »Nun, nicht im wörtlichen Sinne, so habe ich das natürlich nicht gemeint«, sagte sie. »Das wäre ja absurd.«
    »Was meinten Sie dann?«
    »Sie konnte ihn nicht ausstehen«, sagte sie. »Deshalb ist sie ständig ausgerissen.«
    Der Major seufzte schwer und setzte sich in einen Sessel neben den Retriever, beugte sich herunter, um ihm den Bauch zu kraulen. Der Hund knurrte leise.
    »Ich fürchte, wir haben einige Fragen an Sie«, sagte Breen.
    »Vielleicht können Sie damit bis morgen warten? Es ist schon spät«, sagte der Major. »Die Nachricht war ein Schock für uns.«
    »Dürfen wir uns setzen? Nur eine Minute.«
    »Wenn’s sein muss«, entgegnete er schroff.
    Breen räumte eine Klatschzeitschrift von einem großen Sessel und setzte sich, dann klärte er sie über die wenigen Einzelheiten auf, die ihm bekannt waren. Das Datum, die Todesart, dass der Mörder die Identität seines Opfers offenbar verschleiern wollte und weitere Hinweise fehlten. Eine einsame Träne wanderte über Mrs Sullivans Wange. Der Major saß behäbig da, den Rücken gerade, die Situation war ihm sichtlich peinlich.
    »Wir werden uns ein Bild davon machen müssen, wie sie war. Was für Freunde sie hatte.«
    »Ja.«
    »Im Moment habe ich nur eine Frage. Wissen Sie noch, wann Sie das letzte Mal mit Ihrer Tochter gesprochen haben?«
    »Da muss ich im Kalender nachsehen«, sagte der Major.
    »Am 4. Juli. Dem amerikanischen Unabhängigkeitstag«, sagte Mrs Sullivan. »Da hast du sie wieder nach London gefahren.«
    »Ich denke, das kommt hin.«
    »Sie war zu Besuch hier. Ich hatte gehofft, sie würde bleiben.« Sie blies Rauch aus der Nase und blickte ihren Mann mit unverhohlener Verbitterung an.
    »So war’s wohl«, sagte der Major.
    »Liebeskummer. Tränen und Tobsuchtsanfälle«, sagte ihre Mutter. »Man glaubt, die Welt geht unter.«
    »Hatte sie sich von ihrem Freund getrennt?«
    Pause. Major Sullivan und seine Frau tauschten Blicke. »Von ihrem Liebesleben hat sie uns natürlich nichts erzählt. Aber sie hatte gar keinen Appetit.«
    Der Major verzog das Gesicht. »Liebesleben«, wiederholte er.
    »Sie ist zwei Nächte geblieben und hat Mal dann überredet, sie wieder nach London zu fahren. Ich fahre nicht gerne Auto.«
    »Das war das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe«, sagte der Major.
    »Wohin wollte sie gebracht werden?«
    »Mal sollte ihr helfen, ihre Sachen aus dem Zimmer zu holen, in dem sie mit ihrem Freund gewohnt hat.«
    »Bruchbude trifft es wohl eher«, sagte der Major. »Ein Haus voller langhaariger Drückeberger.«
    »Mal, benimm dich.«
    »Wohin haben Sie sie gebracht?«
    »Ein ganz ähnliches Haus, nur in der Edgware Road. Eine Kellerwohnung, in der’s nach Schimmel gestunken hat. Zwei Wochen später ist sie wieder ausgezogen und hat uns nicht gesagt, wohin.«
    »Und dieser Freund?«
    Die beiden sahen einander erneut an.
    »Eigentlich war das kein Freund«, sagte Mrs Sullivan.
    »Was denn sonst?«
    »Sie war wild entschlossen, auf keinen Fall so zu sein, wie ich sie gerne gesehen hätte«, sagte Major Sullivan.
    Seine Frau ergänzte leise: »Morwenna glaubte, sie sei lesbisch. Ich weiß es nicht. Ich denke, das war vielleicht auch nur eine Phase …«
    »Dann hat sie also … ein Mädchen geliebt?«
    Mrs Sullivan nickte.

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