Abby Cooper 01 - Detectivin mit 7. Sinn
wichtig. Die Leute heutzutage reisen viel, und meine Klienten haben Kontakte in allen möglichen Staaten. Nach einiger Zeit konnte ich mir die Karte der Vereinigten Staaten vorstellen und bewirken, dass ein Staat deutlich in seinen Grenzen hervortrat, wenn es um eine Ortsbestimmung ging. So sprang mir jetzt Ohio im Geiste entgegen, und ich wusste Bescheid.
Ich machte dazu eine Notiz und überlegte, wie ich anfangen sollte. Meine Intuition blendete ein Bild meines Terminkalenders ein. »Hm«, sagte ich verwundert und beschloss, am nächsten Morgen ein bisschen eher zur Praxis zu fahren und Allisons Termin nachzuschlagen. Vielleicht hatte das Datum etwas zu sagen.
An dem Abend ging ich niedergeschlagen und voller Schuldgefühle ins Bett. Mein Gewissen wollte sich von der Vorstellung, ich hätte das Unglück verhindern können, nicht verabschieden. Wenn ich Allison doch nur gebeten hätte, mir ihre Fragen zu nennen, hätte ich ihr vielleicht sagen können, dass sie in Gefahr schwebte, dass sie wachsam sein musste.
Die ganze Nacht lang, so kam es mir jedenfalls vor, träumte ich immerzu dasselbe. Allison und ich befanden uns in meinem Sitzungszimmer, aber unsere Rollen waren vertauscht. Sie war das Medium und ich die Klientin. Sie saß in dem Sessel, der sonst meiner war, sagte nur zwei Sätze und wiederholte sie beharrlich: »Abigail, du bist in Gefahr. Du musst wachsam sein ... Abigail, du bist in Gefahr. Du musst wachsam sein ...«
5
Am nächsten Morgen, bevor der erste Klient kam, setzte ich mich an den Schreibtisch und blätterte den Terminkalender nach Allison Pierce durch. Sie war nirgendwo eingetragen. Das war seltsam. Ich konnte mich nicht erinnern, an welchem Tag sie bei mir gewesen war, aber die Sitzung konnte erst ein paar Wochen her sein; zumindest hatte sie das neulich am Telefon erwähnt. Ich fuhr mit dem Finger eine Woche zurück, dann zwei, drei, vier und überflog die Namen. Bei Woche zwölf hörte ich auf und begann von vom. Keine Allison Pierce. Verwundert lehnte ich mich zurück und überlegte. Hatte ich vergessen, sie einzutragen? Hatte sie zunächst einen falschen Namen angegeben?
Ich hatte mal eine Klientin, die mir nicht einmal ihren Namen nennen wollte. Manche Leute haben eine komische Art, sich zu vergewissern, ob meine Intuition während der Sitzung wirklich echt ist. Sie glauben vermutlich, ich hätte eine Detektei an der Hand, die mir für ein paar Prozente alle möglichen privaten Dinge über meine Klienten auskundschaftet, damit ich sie mir einprägen und während einer Sitzung schamlos wiedergeben kann. Manche Leute glauben lieber an Betrug als an eine übernatürliche Begabung.
Ich seufzte schwer und trommelte mit den Fingern auf den Schreibtisch. Offenbar übersah ich etwas Naheliegendes. Ich begann wieder bei Sonntag und ging Seite um Seite zurück. Beim 21. Juli stutzte ich. Da war eine Absage vermerkt, und die löste eine vage Erinnerung aus. Die Klientin hieß Connie Franklin, und ihre Telefonnummer stand neben dem Namen. Ich schloss die Augen und kramte in meinem Gedächtnis. War Allison nicht für eine Absage eingesprungen? So meinte ich mich zu erinnern. Ohne weiter zu überlegen, griff ich zum Telefon und wählte die Nummer. Beim zweiten Klingeln ging jemand ran.
»Hallo?«
»Hallo, spreche ich mit Connie Franklin?«
»Ja, und?«, fragte sie zögernd.
»Hallo, Connie, hier ist Abigail Cooper ...«
»Oh, Abigail, ich bin so froh, dass Sie anrufen. Ich wollte einen neuen Termin mit Ihnen vereinbaren, konnte aber Ihre Nummer nicht finden. Ich wollte schon meine Bekannte anrufen, der ich neulich Ihre Karte gegeben habe, konnte sie aber nicht erreichen.«
Mein Mund wurde schlagartig trocken. Sofort war klar, dass sie diejenige war, die ihren Termin an Allison weitergegeben hatte. Und sie hatte die schreckliche Neuigkeit noch nicht erfahren.
»Hallo? Abigail? Sind Sie noch dran?«, fragte sie, nachdem ich überhaupt nicht reagiert hatte.
»Ja ... ja, ich bin noch da, Connie. Äh, hören Sie, könnten wir uns mal treffen? Ich meine, abgesehen von Ihrer nächsten Sitzung. Ich muss mit Ihnen über etwas reden.«
»Worüber?«, fragte sie argwöhnisch. Ein Anruf von einem Medium aus heiterem Himmel war sicher auch für sie ein ungewöhnliches Ereignis.
»Haben Sie zufällig heute Nachmittag Zeit?«, fragte ich ausweichend. Ich wollte meine Mittagspause opfern. So viel war ich Allison und Connie zumindest schuldig.
Ȁh, ja, eigentlich schon. Soll ich in Ihre Praxis
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