Abby Cooper 01 - Detectivin mit 7. Sinn
»Selbstmord?« Ich folgte meiner Intuition. Da passte etwas nicht so ganz.
»Ja. Zwei Wochen vor der Hochzeit fand ihr Verlobter sie auf dem Bett mit einer Kugel im Kopf. Das Hochzeitskleid lag zerrissen daneben.«
Ich setzte mich wieder in meinen Sessel und dachte darüber nach. Warum würde sich eine Frau zwei Wochen vor ihrer Hochzeit umbringen? Bei mir machte es Klick. »Hatte der Verlobte dunkle Haare?«
Connie nickte. »Ja. Er heißt Marco Ammarretti.«
»Und er hat sie gefunden?«
»Ja. Er kam früher von der Arbeit, fand sie im Schlafzimmer und rief die Polizei an. Es gab auch einen Abschiedsbrief. Allison hat mir davon erzählt. Angeblich hat Alyssa sich umgebracht, weil sie nicht mehr daran glaubte, dass die Ehe mit Marco funktionieren würde. Marco wirkte am Boden zerstört.
Ich sah ihn bei der Beerdigung, er sah zutiefst erschüttert aus. Allison hat sofort ihm die Schuld gegeben. Nachdem sie den Abschiedsbrief gelesen hatte, vermutete sie, die beiden hätten einen Streit gehabt. Sie hat Marco sogar damit konfrontiert, aber er hat es abgestritten. Er meinte, sie seien glücklich gewesen und hätten nie gestritten.« Sie zögerte einen Moment lang. »Das kam mir damals sehr komisch vor. Ich meine, welches Paar streitet sich denn nie? Ich weiß nicht, warum er deswegen lügen sollte.«
Wir verfielen in Schweigen. Der Gedanke, dass zwei so junge Menschen einen gewaltsamen Tod gestorben waren, war niederschmetternd. Connie fing wieder an zu weinen, und ich fühlte mit ihr. »Abby, ich glaube, ich muss jetzt nach Hause. Das ist alles so furchtbar, und sicherlich wird die Polizei irgendwann auch zu mir kommen.«
»Wissen Sie von Verwandten, die man benachrichtigen sollte?«, fragte ich.
»Nein. Die Eltern sind vor ein paar Jahren gestorben«, sagte sie. »Kamen bei einem Autounfall ums Leben und haben ihnen etwas Geld vererbt. Die Schwestern sind von Ohio hierhergezogen. Das war vor sechs Jahren. Ich lernte Allison kurz danach im Kunstunterricht kennen. Sie arbeitete nur stundenweise, und Alyssa meines Wissens überhaupt nicht. Sie wohnten zusammen in einem Haus an der Meadowlawn. Ich kann nicht glauben, dass sie jetzt tot ist.« Sie stand auf und zupfte sich mehrere Taschentücher aus der Schachtel.
Ich begleitete Connie hinaus, während mir ein Gedanke nach dem anderen durch den Kopf schoss. Plötzlich, als wir uns der Tür näherten, sah ich ein Bild vor mir. »Ach, Connie, ziehen Sie gerade eine Operation in Erwägung?«
Sie blieb abrupt stehen. »Ja.«
»Ich habe das Gefühl, Sie sollten sich damit beeilen. Da soll irgendeine Verstopfung gelöst werden, oder?« Dabei machte ich eine kreisende Handbewegung über dem Magen.
»Ta. Ich habe Gallensteine, und die Ärzte wollen mir die Gallenblase entfernen.«
»Sie sollten das nicht länger aufschieben, sondern hinter sich bringen. Meine Geister sagen, dass es Ihnen danach besser gehen wird. Und Sie sollten wieder zur Schule gehen. Darüber haben Sie auch nachgedacht, stimmt s?«
Connie schnappte überrascht nach Luft. »Ja! Ich überlege, meinen Master in Kunst zu machen. Du meine Güte, Abigail, Sie sind erstaunlich.«
»Manchmal nicht erstaunlich genug«, erwiderte ich bedrückt, mit den Gedanken bei Allison.
Connie musste mein Schuldbewusstsein gespürt haben, denn sie drückte tröstend meinen Arm. »Ich werde die Polizei heute Nachmittag anrufen«, versprach sie im Hausflur. »Vielleicht kann ich irgendwie helfen. Soll ich Sie anrufen, wenn ich weiß, wann die Beerdigung stattfindet?«
»Das wäre sehr lieb. Danke.«
Ich sah ihr den Flur entlang nach, dann schloss ich die Tür und lehnte mich dagegen. Ich hatte wirklich gehofft, das Gespräch mit ihr würde mir ein paar Antworten liefern. Stattdessen taten sich noch mehr Fragen auf. Warum sollte sich Alyssa zwei Wochen vor ihrer eigenen Hochzeit umbringen? Hatte sie tatsächlich mit ihrem Verlobten Streit gehabt? Und hatte sie das so deprimiert, dass sie sich das Leben nahm? Ich konnte mir das nicht vorstellen. Ich hatte schon viele Bräute in meiner Praxis gehabt, die mit den Nerven am Ende gewesen waren, manche kurz vor dem Überschnappen, doch trotz allem galt ihnen der Hochzeitstag als der Hauptgewinn schlechthin, und keine hätte sich oder anderen etwas angetan. Warum hätte diese Ehe nicht funktionieren sollen? Was hatte das Fass zum Überlaufen gebracht?
Ich setzte mich wieder in meinen Sessel und schloss die Augen. Die Antwort auf diese Fragen schien mir der Schlüssel zu
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