Abby Cooper 01 - Detectivin mit 7. Sinn
bei diesem Idioten zu landen, tat sie mir noch im Nachhinein richtig leid.
Als ich gerade überlegte, zur Toilette zu gehen und nach einem offenen Fenster zu suchen, kam unser Essen. Mein Pech.
Es schmeckte scheußlich, aber ich dachte mir, je schneller ich aß, desto eher könnte ich nach Hause. Dirk fiel es nicht ein, mir auch nur eine Frage zu stellen, und ich überlegte, wie es möglich war, dass ein erwachsener Mann mit der sozialen Kompetenz eines Kugelfisches ein Alter von dreißig erreichte.
Das ganze Gerede über sich selbst musste ihn durstig gemacht haben, denn er ging während des Essens von Wein zu Gin über und bestellte in immer kürzeren Abständen nach. Bis mein Teller leer war, hatte Dirk ordentlich einen in der Krone und versprühte Speichel beim Reden. Das Duschen hätte ich mir echt sparen können.
Die Kellnerin kam, um abzuräumen, und fragte, ob wir ein Dessert oder Kaffee haben wollten. Ich hätte gern etwas Schokoladiges gehabt, aber natürlich lehnte Dirk ab, ohne mich zu fragen.
Dann wandte er sich mir zu und meinte: »Dasch läuft ja gansch gut mit unsch, hm?«
Nach diesem schleppenden Satz musterte ich seinen trüben Gin-Tonic-Blick und hob den Finger. »Behalte den Gedanken kurz im Kopf, ja? Ich geh mir nur schnell die Nase pudern.«
Ich begab mich in den hinteren Bereich des Restaurants, wo es zu den Toiletten ging, fand Kelly, unsere Kellnerin, und bat um ein Telefonbuch, weil ich mir ein Taxi rufen wollte.
Sie lächelte mich freundlich an. »Der ist ein ziemlicher Blödmann, hm?«
»Das ist noch milde ausgedrückt«, erwiderte ich.
»Ja, ich sehe ihn jede Woche mit einem neuen Mädel, lauter Kontakte aus dem Internet. Anfangs hat er sich hier mit ihnen getroffen, aber die meisten gingen nach einer Viertelstunde. Jetzt bringt er sie mit seinem Auto her, weil sie dann auf ihn angewiesen sind. Aber die kommen alle auf dieselbe Idee wie du jetzt. Ich habe ihn noch mit keiner gemeinsam Weggehen sehen die letzte hat ihm sogar ein paar geknallt!«
»Nein!«
»Und ob. Sie hatten noch nicht mal gegessen. Ich schätze, er ist grob geworden. Sie holte aus und schlug zu«, erzählte Kelly lachend.
Ich stutzte und fragte: »Wie sah die Frau aus?«
»Mal überlegen«, sagte sie. »Groß, schulterlange braune Haare und Brille. Hübsch, und sie war nett zu mir. Ich weiß noch, dass sie ein ernstes Gespräch führten; es ging wohl um Selbstmord. Ich glaube, sie erwähnte eine Schwester, die sich umgebracht hat. Ich hörte das zufällig, als ich ihnen das Essen brachte. Er machte einen blöden Witz darüber, und da passierte es.«
Mir blieb der Mund offen stehen, und Kelly nickte beipflichtend. »Ja, der ist so zartfühlend wie Schmirgelpapier. Warte eine Sekunde - ich frage, wie das Taxiunternehmen heißt.«
Während sie verschwand, versteckte ich mich in dem schmalen Durchgang zwischen der hinteren Wand und der Theke, von wo aus ich die Sitznische mit Dirk im Auge hatte. Eben drehte er sich um und schaute, wo ich denn blieb. Ich duckte mich in dem Moment, als er den Kopf in meine Richtung drehte, und betete, er möge mich nicht gesehen haben. Ich blieb geduckt stehen, bis ich auf zwei italienische Mokassins aufmerksam wurde, die direkt vor mir stehen blieben. Zögerlich kam ich hoch und blickte in zwei dunkelblaue Augen.
»Dutch!« Ich war noch nie so erleichtert gewesen, ein vertrautes Gesicht zu sehen. »Was tust du denn hier?«
»’n Abend Abby«, sagte er mit neugierigem Blick. »Milo und ich sind mit ein paar Kollegen aus Southfield hier.«
»Hmhm«, machte ich und duckte mich, weil Dirk sich wieder nach mir umsah.
»Sag nicht, du hast den Wirt verärgert und wurdest deshalb hierher verbannt.«
»Ha, ha, wie witzig! Nein, ich bin ein bisschen in der Klemme.«
»Das sehe ich.«
»Ich hin mit einem absoluten Idioten ausgegangen und braucht‘ dringend jemanden, der mich von hier wegbringt.«
In Dutchs Miene ging eine unmerkliche Veränderung vor. Einen Moment lang hätte ich schwören können, dass ihn diese Neuigkeit ärgerte, aber dann war nichts mehr davon zu sehen. »Gibt es jemanden, den du anrufen kannst?«, fragte er.
Na, das nennt man wohl »auflaufen lassen«. »Eigentlich nicht. Die Kellnerin bringt mir gleich die Nummer des Taxiunternehmens.«
»Hast du genug Geld dabei?«
Was für ein Idiot!
Ich guckte ins Portemonnaie und fand einen Zwanziger. Den hielt ich ihm schief grinsend vor die Nase. »Ja, ich bin spitze.«
»Okay, dann noch einen schönen Abend.«
Weitere Kostenlose Bücher