Abby Cooper 01 - Detectivin mit 7. Sinn
Umschlag war meine Schwester, die mal wieder versuchte, aus acht Stunden sechzehn zu machen, wie ich sah. Im vierten stand Marco Ammarrettis Name. Eine ganze Weile sah ich mir an, was ich geschrieben hatte. Die Traurigkeit war so intensiv gewesen, dass mir die Luft weggeblieben war. Sie war durchsetzt von Schuldgefühlen. Aber weshalb fühlte er sich schuldig? Weil er jemanden umgebracht hatte?
Hatten er und Allison über den Tod ihrer Schwester gestritten? Von der Kellnerin im Copper Kettle wusste ich, dass Allison sehr dünnhäutig gewesen war; sie hatte Dirk beim ersten Anlass geohrfeigt. Hatte sie Marco mit einem Gewaltausbruch in Rage gebracht, sodass er überreagierte?
Eine Weile ging ich in der Küche auf und ab und dachte nach. Schließlich gewann meine Neugier die Oberhand. Ich rief Connie an.
»Hallo?«
»Tag, Connie, hier ist Abby. Wie geht es Ihnen?«
»Oh! Tag, Abby. Schon besser. Ist etwas nicht in Ordnung?«
»Nein, nein - ich wollte Sie nur etwas über Marco Ammarretti fragen, Alyssas Verlobten. Sie sind ihm doch mal begegnet, nicht wahr?«
»Ja, praktisch jedes Mal, wenn ich Allison besucht habe. Er wohnte ja fast bei den Schwestern.«
»Wissen Sie zufällig, wie ich mit ihm Kontakt aufnehmen kann?«
»Ich habe keine Telefonnummer, aber ich weiß, dass er bei dem Mazda-Händler Ecke Woodward Twelve Mile arbeitet. Er ist Mechaniker.«
»Wunderbar. Danke, Connie. Wir sehen uns dann Samstag bei der Beerdigung.«
»Viel Glück, Abby«, sagte sie, und wir legten auf.
Ich stand in der Küche und war plötzlich unschlüssig. Es wäre ein großes Risiko, dort aufzukreuzen. Aber wenn ich meinen Wagen zu einem Ölwechsel anmeldete, könnte ich sehen, ob Marco da war und mein Radar etwas auffing. Das schien mir ein vernünftiger Plan zu sein. Ich lief nach oben, zog Jeans und eine Baumwollbluse an und rannte wieder nach unten, um mir die Handtasche zu schnappen.
»Willst du weg?«, fragte Dave.
»Ja, ich lasse einen Ölwechsel machen«, antwortete ich und verließ winkend das Haus.
Zehn Minuten später bog ich auf den Parkplatz des Autohändlers ein und sah mich nach der Reparaturwerkstatt um. Das Autohaus war kein attraktiver Bau, jedenfalls nicht für meinen Geschmack. Groß und klotzig war es, und durch die glänzend weiß gestrichenen Betonquader erinnerte es an einen Iglu.
Ich fuhr nach hinten auf den Hof und fand die Werkstatt, stellte mich an der Seite auf einen Parkplatz, stieg aus und betrat das Büro. Die Kassiererin, eine hübsche Brünette, die kaum fünfzehn war, blickte auf und legte eine Zeitschrift weg, in der sie gelesen hatte.
»Hi«, sagte ich freundlich lächelnd. »Ich würde gern einen Öl- und Reifenwechsel machen lassen.« Im Grunde war das sowieso mal wieder fällig.
»Die Schlüssel«, sagte die Kassiererin zur Antwort und schob mir ein Kundenformular hin. Ich füllte es aus und gab es mit dem Wagenschlüssel zurück. Sie wies mich an, eine Tür weiter zu warten. Da ich nicht wusste, wer mich beobachten konnte, begab ich mich weisungsgemäß in den Nachbarraum, wo frisch gebrühter Kaffeeduft in der Luft lag. In dem hufeisenförmigen Wartebereich saß eine große Frau und schlürfte geräuschvoll aus einem Styroporbecher. Sie warf mir einen taxierenden Blick zu, als ich hereinkam, und wandte sich wieder der Spielshow zu, die aus dem Fernseher an der Wand plärrte.
Nach ein, zwei Minuten schlenderte ich nach draußen in den hellen Sonnenschein und um das Gebäude herum zu einer Stelle, wo ich einen guten Blick auf die Werkstatt und die Mechaniker hatte. Die Torflügel standen weit offen, um möglichst viel frische Luft hineinzulassen. Ich zählte sechs Mechaniker, die an fünf aufgebockten Wagen arbeiteten. Sie trugen alle einen dunkelblauen Overall mit ihrem aufgestickten Vornamen an der linken Brusttasche. Ich entdeckte Marco sofort.
Er war groß, hatte dichte, wellige Haare, die mit Gel zurückgekämmt waren, eine schmale, spitze Nase, hohe Wangenknochen, ein eckiges Kinn und schmale, dunkle Lippen. Ich konnte einen großen Adamsapfel und Brustbehaarung am V-Ausschnitt sehen. Er war ein markanter Typ mit eleganten Händen, die Muttern, Schrauben und Schlüssel geschickt handhabten. Er arbeitete mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern, weshalb er sich von Zeit zu Zeit recken und tief durchatmen musste.
Die Kollegen schienen ihn auszuschließen, wenn sie bei der Arbeit unter den Autos herumflachsten. Marco spürte wohl nach kurzer Zeit, dass er beobachtet
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