Abby Cooper 01 - Detectivin mit 7. Sinn
einem kalten Rest Kaffee. Der große lederne Drehsessel hinter dem Schreibtisch wirkte sehr einladend, also nahm ich Platz, um die Welt einmal durch Dutchs Augen zu betrachten.
Als ich darin saß, fiel mein Blick auf zwei Bücher, in denen an verschiedenen Stellen ein Lesezeichen steckte. Neugierig zog ich eines zu mir heran und las verblüfft den Titel. Edgar Cayce - Leben und Wirken des bedeutendsten Hellsehers der Gegenwart. Ich hatte gedacht, dass Dutch mir ziemlich voreingenommen gegenüberstand, aber da er sich ein bisschen über das Thema informierte, glaubte er offenbar, dass es etwas zu lernen gab. Das andere Buch trug den Titel Übersinnliche Schnüffler - die Hellseher der Polizei und ihre berühmten Kriminalfälle.
»Sieh an«, sagte ich zu mir und schob die Bücher an ihren Platz zurück.
»Sieh an was?«, fragte Dutch von der Tür her.
Ich fuhr erschrocken zusammen und griff mir ans Herz, das ich nun in den Ohren klopfen hörte. »Was fällt dir ein, dich derart an andere Leute anzuschleichen?«, antwortete ich scharf, als ich mich gefasst hatte.
»Und was fällt dir ein, in anderer Leute Arbeitszimmern herumzuschnüffeln?«, schoss er zurück.
Ich lief rot an. »Entschuldige. Du hast recht. Es tut mir leid. Ich wollte eigentlich nicht schnüffeln, ich war nur neugierig.«
»Ist schon in Ordnung. Ich wollte dich nur necken«, meinte er, und seine Augen schauten wieder freundlich. »Hast du Hunger?«
»Eigentlich nicht, aber ich sollte wohl trotzdem etwas essen, hm?«
»Magst du Pasta?«
»Sehr gern«, sagte ich erleichtert, weil er nicht länger böse auf mich war.
»Dann komm mit in die Küche. Da kannst du meine Spezialität probieren: Spaghetti alla carbonara.«
»Klingt kompliziert.«
»Du brauchst es ja nicht zu kochen, nur zu genießen.«
Wir gingen in die Küche, und ich nahm die Wolldecke mit. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie weich und leicht sie war. Ich betrachtete sie anerkennend und bemerkte: »Die fühlt sich herrlich an. Flauschig wie Angora.«
»Meine Mutter hat sie gemacht. Sie vollbringt wahre Wunder mit der Häkelnadel, und jedes Jahr bekomme ich etwas Neues von ihr. Das ist bisher mein Lieblingsstück.«
Einen Moment lang beneidete ich ihn. Seine Mutter nahm sich die Zeit, etwas ganz Besonderes zu häkeln - nur für ihn. Meine Mutter erübrigte für mich anderthalb Minuten, um etwas aus einem Katalog zu bestellen, das mir zwei Nummern zu klein war. Aber besser als gar nichts zu Weihnachten. Ich sollte noch dankbar sein.
Ich lächelte Milo an, der schon am Tisch saß. »Wie geht‘s?«, fragte er.
»Besser. Es ist nur - ich weiß nicht - es ist schwer zu begreifen, verstehst du? Ich kann noch nicht glauben, dass sie tot ist.«
»Setz dich«, befahl Dutch, der einen Berg Spaghetti mit Soße vor uns hinstellte. Bei dem Duft lief mir das Wasser im Mund zusammen. Dutch schaufelte mir eine riesige Menge auf den Teller, dann reichte er die Schüssel an Milo weiter, der sich eine noch größere Portion auftat.
Es schmeckte köstlich. Ich aß still vor mich hin, während Dutch und Milo sich über Sport und ein paar ihrer aktuellen Fälle unterhielten, ohne den, der mich betraf, mit einem Wort zu erwähnen. Schließlich waren wir fertig. Dutch nahm unsere Teller, um sie in die Spüle zu stellen, und kam mit zwei neuen Flaschen Bier für sich und Milo zurück. Sie redeten weiter über unverfängliche Dinge, bis ich es leid war.
»Wollen wir nun darüber reden? Oder wollt ihr den ganzen Abend so herumhampeln?«
»Wir wollten dich noch ein bisschen schonen, Abby«, erklärte Dutch.
»Ich brauche keine Schonung, ich will diesen Verrückten schnappen. Ich will nicht mehr ständig über die Schulter gucken müssen und wieder ganz normal leben können.« Aus irgendeinem Grund trieb mir dieses Bekenntnis die Tränen in die Augen, und ich wischte sie verärgert weg.
»Also gut. Was kannst du uns über Mary Lou sagen?«
»Was wisst ihr denn schon?«
»Du hast gesagt, dass sie deine Nachbarin war«, begann Milo, »und ich habe ihre Adresse ermittelt. Nach Aussage der Frau, die in der anderen Haushälfte wohnt, ist Mary Lou am Samstagnachmittag mit einem Armvoll blühender Pflanzen zu dir hinübergegangen.«
Ich nickte. »Ja, ich traf sie, kurz bevor mich der Shuttlebus für den Flughafen abholte.«
»Flughafen? Wo bist du eigentlich gewesen?«, fragte Dutch.
»Ich habe meine Schwester in Boston besucht. Samstagnachmittag bin ich geflogen.«
»Du hättest anrufen können,
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