Abby Cooper 03 - Hilferuf aus dem Jenseits
seit einem Jahr und könnte nicht behaupten, dass er nicht richtig tickt. Hast du gesehen, wie die Bohrmaschine in der Wand steckt? Bis über das Bohrfutter!«
»Was hast du vorhin gerochen?«, fragte Dutch.
»Ich verstehe nicht, dass du nichts gerochen hast. Ich hätte schwören können, dass hier jemand raucht.«
»Zigarettenrauch?«
»Ja. Ganz eindeutig, als würde nebenan jemand qualmen, aber es war kein Rauch zu sehen. Und du hast überhaupt nichts gerochen?«
»Nein.«
»Komisch.«
»Allerdings.«
In dem Moment kam es wieder: eindeutig Zigarettenrauch. »Da! Da ist es wieder, Dutch! Riechst du es?«, flüsterte ich aufgeregt und blähte die Nasenlöcher.
»Nicht das Geringste«, antwortete Dutch schnüffelnd.
»Es kommt von da drüben!« Ich zeigte an Dutch vorbei zu einer Tür, die nach dem Zugang zum Keller aussah.
Wir näherten uns, und Dutch stellte sich mit schussbereiter Waffe an die Seite und schob mich hinter seinen Rücken. Nachdem er seine Krücke an die Wand gelehnt hatte, griff er an die Klinke und zog die Tür auf. Als sie aufschwang, spannte ich den Körper an, aber nichts geschah. Nach einem Moment spähte ich um Dutch herum in den dunklen Treppenabgang, wo nur die obersten Stufen zu erkennen waren. Nichts rührte sich, und keiner machte »Buh!«, sodass ich mich ein wenig entspannte.
Dutch griff zum Lichtschalter, und die schmale Stiege wurde beleuchtet. Gerade als ich mich einen Schritt um ihn herum wagte, flatterte etwas mit lautem Getöse aus dem Keller herauf, und Flügel schlugen mir gegen den Kopf. Zu Tode erschrocken warf ich mich zu Boden und barg schreiend den Kopf in den Armen.
Dutch rüttelte an meiner Schulter und rief: »Abby! Abby, hör auf!«
Ich verstummte und blickte in seine blauen Augen, die vergnügt funkelten. »Das war nur ein Vogel, der sich in den Keller verirrt hatte.«
»Ein ... ein ... Vogel?«, stotterte ich und stemmte mich vom Boden hoch. Tatsächlich flatterte ein Spatz ängstlich an der Glasschiebetür hin und her und suchte verzweifelt nach einem Durchschlupf. »Oh! Ja, wirklich«, sagte ich erleichtert.
Das Komische an der Situation löste die ganze Anspannung, die mich seit Betreten des Hauses befallen hatte, und ich fing lauthals an zu lachen. Dutch fasste sich laut stöhnend mit beiden Händen an den Kopf, und dann bogen wir uns beide vor Lachen. Als ich mich ein bisschen beruhigt hatte, fiel mir der Spatz wieder ein. Behutsam näherte ich mich der Schiebetür, entriegelte sie und ließ den kleinen Kerl hinaus.
Nachdem er weggeflogen war, meinte ich: »Jetzt wissen wir, was Dave in Angst und Schrecken versetzt hat.«
Schweigen.
Ich zog die Tür wieder zu und erklärte: »Er muss den Vogel gehört haben und hat vor Schreck seinen Bohrer an die Wand geworfen.«
Schweigen.
»Dutch?«, fragte ich, während ich zusah, wie der Spatz auf einem Vogelhaus landete.
»Abby!«, brüllte er von hinten. »Ruf die 911 an!«
»Wie bitte?« Ich drehte mich um und konnte gerade noch sein Handy auffangen, das er mir durchs Wohnzimmer zuwarf.
»911!«, rief er und eilte die Kellertreppe hinunter.
Alarmiert sauste ich in die Küche und zur Kellertür, um zu sehen, wem er nachjagte, doch auf dem Treppenabsatz angelangt, blieb ich abrupt stehen und holte verblüfft Luft. Am Fuß der Treppe lag eine Frau mit schönen blonden Haaren, bekleidet mit einem Nachthemd aus weißer Seide und dem passenden Morgenmantel. Ihre Haut war bleich, und sie starrte mich mit toten Augen an. Der Kopf lag in einer roten Lache. Sie hatte den Sturz nicht überlebt.
Dutch sprang die Stufen zu ihr hinunter, ohne an seine eigene Verletzung zu denken.
»Mein Gott!«, hauchte ich, während ich das Handy aufklappte und die drei Ziffern des Notrufs drückte.
Doch kurz vor der dritten Taste hörte ich Dutch sagen: »Was zum Teufel ...?!« Und als ich aufblickte, schnappte ich überrascht nach Luft.
Dutch stand auf der untersten Stufe und sah völlig entgeistert zu mir herauf, als erwartete er von mir eine Erklärung. In dem Moment begriff ich erst, dass er allein dort unten war. Die Frau im Morgenmantel hatte sich in Luft aufgelöst.
3
»Was passierte dann?«, fragte Milo, als wir in der Ambulanz des Krankenhauses saßen. Dutch lag mit gerecktem Hintern auf dem Bauch, während ihm ein Arzt die Wunde, die bei der Stürmung des Kellers aufgerissen war, neu vernähte. Ich saß daneben in einem Stuhl und versuchte, nicht jedes Mal zusammenzuzucken, wenn die Nadel in das hübsche
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