Abby Cooper 03 - Hilferuf aus dem Jenseits
außerdem ein bisschen übergeschnappt.«
»Tatsächlich?«
»Ja, eine Neurotikerin, und meinem Eindruck nach weiß die Firma nicht so recht, was sie mit ihr tun soll, und darum wird sie ständig hin und her befördert. Wenn Sie diese Stelle annehmen, wird Ihnen das Gehalt zwar schmecken, aber Sie müssten Ihre ganze Kraft darauf verwenden, mit ihr klarzukommen.«
»Wissen Sie«, sagte Miriam nachdenklich, »ich fand sie auch ziemlich seltsam, als ich vor ihr saß, aber sie äußerte sich so begeistert über meine Zeugnisse, dass ich darüber hinweggesehen habe.«
»Es ist immer am besten, auf sein eigenes Bauchgefühl zu hören, besonders wenn man mit jemandem Zusammenarbeiten soll.«
»Sehen Sie auch etwas bei der anderen Stelle?«
»Was bedeuten die vielen Blumen?«
Miriam lachte herzlich und sagte: »Sie sind echt gut! Ich wäre die neue Marketingleiterin von Blumerang Flowers.«
»Wow! Die sind gigantisch! Nehmen Sie den Job, Miriam!«
»Danke, Abby, ich werde gleich dort anrufen. Was schulde ich Ihnen?«, fragte sie und griff nach ihrem Scheckbuch.
»Das geht aufs Haus. Und meinen Glückwunsch zu der neuen Stelle!«
Ich war ziemlich stolz auf mich, als ich die Bibliothek betrat. Es war noch gar nicht lange her, da hätte ich abgelehnt, wenn ein Klient mich zwischendurch mal eben um einen Rat gebeten hätte. Das war mein strikter Grundsatz gewesen, aus Angst, ausgenutzt zu werden. Doch im vergangenen Sommer hatte ich ihn nach einer leidvollen Erfahrung aufgegeben, nachdem ich eine Klientin brüsk abgewiesen hatte und sie danach zu Tode gekommen war. Nie wieder, hatte ich mir geschworen und war nun stolz, weil ich meinen Vorsatz befolgte.
Ich bog in der Eingangshalle um die Ecke und ging zur Information, wo ich die Bibliothekarin bat, mir bei der Suche nach Artikeln über Jean-Paul Carlier zu helfen.
Sie führte mich an einer Reihe Computer entlang und erklärte: »Wenn der Name irgendwo erwähnt ist, wird das im Zentralregister in diesem Computer hier angezeigt.«
»Wie, ich brauche keine Mikrofilme durchzuarbeiten? Was fange ich bloß mit der eingesparten Zeit an?«, meinte ich zu ihr.
Sie lachte höflich und erwiderte: »Ja, moderne Technik ist doch fantastisch. Wenn ich daran denke, wie viel Zeit ich in der Schule an diesen Geräten verschwendet habe, bis mir der Kopf schwirrte. Jetzt bekommen wir von jeder Zeitung eine Datei und speichern sie in der Datenbank. Das dauert nur noch Sekunden. Ganz wunderbar.«
»Danke für Ihre Hilfe«, sagte ich und setzte mich.
»Keine Ursache. Wenn Sie noch Fragen haben, melden Sie sich.«
Als sie ging, zog ich die Maus zu mir heran, klickte auf das Suchfeld, tippte den Namen ein und drückte die Entertaste. Ein paar Sekunden später erschien zu meiner großen Erleichterung eine Liste verschiedener Zeitungsartikel, beginnend mit dem jüngsten, nämlich der amtlichen Mitteilung der Sterbefälle, wo Jean-Paul mit dem 19. August 1990 vermerkt war. Ich las den Artikel durch. Als Todesursache wurde Herzversagen angegeben, und nur zwei lebende Verwandte wurden erwähnt: James und Jean-Luke Carlier, die beiden Enkel.
Ich schloss die Datei und öffnete einen Artikel vom 11. November 1960. Es war eine Heiratsanzeige: Jean-Paul wurde als der stolze Vater von Paul Carlier erwähnt, der bekannt gab, Karen Pedigood im nächsten April zu heiraten. Ein paar Artikel weiter fand sich eine Todesanzeige von Paul und Karen, die bei einem Autounfall umgekommen waren. Sie hatten Karens Familie in Atlanta besucht, und der Todestag war der 10. Januar 1975. Traurig, dass James und Jean-Luke ihre Eltern so früh verloren hatten.
Ich überflog die nächsten Überschriften und stieß auf einen interessanten Artikel vom 14. Mai 1946. Dazu gehörte ein Foto des jungen Jean-Paul, der sich neben ein Schaufenster lehnte, Schlagzeile lautete: Französischer Kriegsheld eröffnet Geschäft.
Der Artikel selbst war ziemlich kurz, beschrieb Jean-Paul jedoch als jungen Einwanderer aus Frankreich, der eine Schlüsselrolle im Kampf für die Freiheit seines Landes gespielt habe und die Amerikaner so sehr möge, dass er mit dem Juweliergeschäft seiner Familie übergesiedelt sei. Den Laden nannte er »Essence«, und er wurde ein Riesenerfolg. Der Schreiber des Artikels war höchst beeindruckt von der Qualität des Schmucks, der zur Eröffnung angeboten wurde.
»Europas schönste Steine in wundervollen Fassungen«, behauptete er und schmückte weiter aus: »Genau das, was jeder Gl braucht, um das
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