Abby Cooper 03 - Hilferuf aus dem Jenseits
Mann von seiner Wut abzubringen. Haben Sie das mal versucht?«
Ich kicherte. »Nein, meistens habe ich es mit Schlaglöchern versucht.« Wir kamen an meiner Praxistür an, und ich holte den Schlüssel heraus.
»Mit Schlaglöchern?«, wiederholte Candice hinter mir verwundert, doch meine Aufmerksamkeit wurde voll von der Tür in Anspruch genommen, denn sie war bloß angelehnt und zeigte diskrete Einbruchspuren.
»Scheiße !«, zischte ich und wich zurück, als hätte sie mich gebissen.
»Was ist denn?«, fragte Candice und fasste mich beruhigend an der Schulter.
»Die Tür!« Ich zeigte darauf. »Da ist jemand eingebrochen!«
Candice vergeudete keine Sekunde. Sie schob mich beiseite, während sie elegant die Pistole zog, die sie unter der Kleidung versteckt trug, und horchte. Dann stellte sie sich neben die Tür und stieß sie mit dem Fuß sachte auf. Kurz streckte sie den Kopf vor und blickte ins Wartezimmer, bedeutete mir, zurückzubleiben und keinen Mucks zu sagen. Ich nickte, und sie schlich in meine Praxis. Ein, zwei Minuten später kam sie heraus, mit düsterer Miene, steckte die Waffe weg und zückte ihr Handy. Den Blick auf mich gerichtet, wählte sie die Notrufnummer. »Ich glaube nicht, dass Sie hineingehen sollten, noch nicht.«
»Warum?«, fragte ich, wurde kreidebleich, und mein Atem ging viel zu schnell.
»Es ist übel, Abby.«
Ich schluckte. »Wie übel?«
»Hurricane-Andrew-mäßig.«
Ich stöhnte, ging aber um sie herum und achtete darauf, die Tür nicht zu berühren. Als ich meine Praxis betrat, verließ mich die Kraft. Das Wartezimmer war eine Katastrophe. Die Stuhlpolster waren aufgeschlitzt, die Füllung herausgerissen, der kleine Tisch zertrümmert, die Zeitschriften überall verstreut.
Ich schlug mir die Hand vor den Mund, als ich das Chaos überblickte. Ich fühlte mich bleischwer und ging mit hölzernen Schritten ins nächste Zimmer. Das Büro verschwand unter einem Haufen Papier, denn Formulare und Akten waren aus den Fächern gerissen und verstreut worden. Mein Computer lag zertrümmert am Boden, das Faxgerät in mehreren Teilen auf dem Schreibtisch. Der Bürosessel war ebenfalls aufgeschlitzt worden, der Schaumstoff lag zerfetzt daneben, und mein Telefon war nicht wiederzuerkennen.
Stöhnend lehnte ich mich gegen den Türrahmen. Mir war augenblicklich klar, dass das Sitzungszimmer noch schlimmer aussehen würde. Kurz darauf musste ich entdecken, wie recht ich hatte. Ich trat in den Raum, der mir auf der Welt am kostbarsten war, und konnte nur noch entsetzt Luft holen und ein lang gezogenes Wimmern ausstoßen.
Die kostbaren Bergkristalle, die ich über Jahre hinweg gesammelt hatte, einige davon zwanzig Kilo schwer, waren zerschlagen worden. Die beiden Polstersessel, in denen ich Hunderte Klienten beraten hatte, waren irreparabel zerstört. Der Kassettenrekorder war nur noch ein Klumpen Plastik und Draht, und die Leerkassetten, die ordentlich gestapelt auf der Anrichte gelegen hatten, lagen zertreten am Boden. Ebenso der Mosaikspiegel, auf den ich so stolz gewesen war. Der Wasserfall, der für einen beruhigenden Rhythmus im Hintergrund gesorgt hatte, lag umgestoßen in einer Wasserlache.
Hier hatte sich jemand ausgetobt, und die Vehemenz, mit der der Einbrecher das getan hatte, war wie ein Faustschlag. Das war kein gewöhnlicher Einbruch ... das war etwas Persönliches.
Eine Weile betrauerte ich die Zerstörung, während ich mich an Candice’ Schulter ausweinte. Dann kamen Milo und ein Streifenpolizist herein.
»Abby?«, hörte ich ihn aus dem Wartezimmer rufen. »Bist du da? Heiliger Strohsack! Was ist denn ...?« Sprachlos betrachtete er die Szene.
»Jemand hat das Schloss aufgebrochen«, erklärte ich heiser vom Weinen.
»Hast du irgendwas angefasst?«, fragte er mich mit mitfühlendem Blick.
»Nein.«
»Gut. Wo ist Dutch?«
»Bei der Krankengymnastik. Er müsste inzwischen fertig sein.«
»Okay, dann fahr doch am besten nach Hause. Ich beauftrage die Spurensicherung und komm dann in einer Stunde zu euch, um deine Aussage aufzunehmen. Eine Freundin von dir?«, fragte er mit einem Blick auf Candice.
»Ja, ich bin Candice Fusco, private Ermittlerin aus Kalamazoo. Ich kann ebenfalls eine Aussage machen, wenn Sie wollen.«
»Das wäre großartig. Können Sie sie nach Hause bringen?«
»Sehr gern«, sagte Candice und nahm mich bei der Hand.
Ich folgte ihr durch die Zerstörung in den Flur und zum Aufzug wie ein Lamm. Plötzlich war ich wie betäubt. Der Schock über
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