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Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Titel: Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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beiden Kindern nach und stellten den Apparat so auf, daß er grad auf den Eingang zum Grabe gerichtet war. Wir glaubten, es sei niemand drin. Da sahen wir den Wärter des Grabes, der von innen unter die Tür trat, den Arm abwehrend emporhub und uns zurief:
    »Jetzt nicht, jetzt nicht! Jetzt ist es verboten, denn es ist ein Moslem drin, ein Anhänger des Propheten!«
    Aber schnapp! ließ meine Frau nun grad erst recht die Leitung wirken. Eben wollten wir nun wieder einstellen, da ließ sich der »Anhänger des Propheten« sehen, der sich im Grab befunden hatte. Er kam heraus und eilte, als er uns erkannte, freudig auf uns zu. Es war Mustafa Bustani, unser Freund.
    »Wie recht, wie recht, daß auch ihr euch hier befindet!« sagte er. »So gehen wir zusammen wieder über Kafr et Tur nach Hause, genau so wie gestern! Und auch du?« fragte er seinen Sohn. »Und wer ist dieses kleine, liebe Kind?«
    Er bog sich zu Schamah nieder. Sie stand mit weit geöffneten, großen, glänzenden Augen da. Ihr Gesichtchen strahlte vor Wonne. Sie hob die kleinen Arme, um von ihm emporgenommen zu werden, und jubelte laut:
    »Mein Vater! Mein Vater!« Hierauf schlug sie die Händchen entzückt zusammen und fuhr fort: »Die Mutter hat es gesagt! Die Mutter hat es gesagt!«
    »Welche Mutter? Was hat sie gesagt?« fragte Mustafa Bustani, der nicht ahnte, daß dieses Kind die gestern gefundene »neue Freundin« seines Sohnes war.
    »Daß wir zum Grabe des Lazarus gehen, hat Mutter gesagt,« antwortete Schamah, »und daß der Heiland dich dort vom Tode auferwecken werde, grad so wie einst den Lazarus.«
    »Mich – –?«
    »Ja, dich, meinen Vater!«
    Da wendete er sich an uns.
    »Sie hält mich für ihren Vater! Sonderbar! Wer ist das Kind?«
    »Ich bin Schamah, die Verzeihung, und dort im Hause befindet sich die Mutter. Nimm mich doch auf den Arm wie immer und trage mich zu ihr!« bat das Mädchen, die Arme wieder zu ihm hebend.
    Da entfärbte er sich. Er wurde leichenblaß, wich einige Schritte zurück und fragte, indem seine Stimme stockte:
    »Schamah – – die Verzeihung – –! Wohl das kleine Mädchen von gestern?«
    Diese Frage war an seinen Sohn gerichtet.
    »Ja, sie ist es,« nickte dieser.
    »Meine Ahnung – meine Ahnung – –! Weißt du, wie ihr Vater heißt?«
    Da antwortete das Mädchen an des Knaben Stelle:
    »Mein Vater bist doch du! Du heißest Achmed Bustani. Kennst du mich vielleicht nicht mehr? Da muß ich weinen! Nimm mich und trag mich zur Mutter!«
    Was nun folgte, kann unmöglich beschrieben werden. Mustafa Bustani schrie laut auf und brach in die Knie zusammen. Er streckte die Arme nach dem Kinde aus, zog es an sich, küßte es unaufhörlich und rief dabei:
    »Schamah – – Schamah – – die Verzeihung! Wie hat er gesagt – als er mir im Traum erschien – –? Ich werde dir meine Verzeihung senden – – sie naht von Osten her – – schau’ täglich nach ihr aus! Das habe ich getan und sie ist gekommen – sie ist nun da!«
    Da plötzlich sträubte sich Schamah gegen seine Liebkosungen. Sie hielt sich mit beiden Armen von ihm ab, schaute ihm prüfend in das Gesicht und sagte dann:
    »Es ist nicht wahr, es ist nicht wahr! Ich habe dich auch lieb; aber mein Vater bist du noch nicht ganz. Du mußt erst noch einmal hinein in das Grab, um es vollends und ganz zu werden!«
    »Noch einmal hinein?« wiederholte er. »Das verstehe ich wohl. Es hat noch einiges in mir zu sterben. Bis dahin aber bin ich einstweilen der Bruder deines Vaters, mein liebes, liebes Herzenskind, und du kannst mich immerhin schon ganz so lieb haben, als ob ich schon dein Vater wäre!«
    »Wenn du das willst, so tue ich es!« lächelte sie. »Nun aber trag’ mich zur Mutter!«
    »Sag’ mir erst noch etwas?«
    »Was?«
    »Weißt du den Tag, an dem dein Vater gestorben ist?«
    »O, den wissen wir alle, die Mutter auch. Sie wiederholt ihn so oft, daß man ihn gar nie vergessen kann. Es war der fünfzehnte Tag des Monates Adar, an dem er starb.«
    Da sprang er auf. Sein Gesicht nahm einen gar nicht zu definierenden Ausdruck an. »Hört ihr es – – hört ihr es?« fragte er uns. »Der fünfzehnte Adar! Derselbe Tag, an dem mir träumte, daß er gestorben sei und mir Schamah, seine Verzeihung senden werde! Allah, Allah! Wie wunderbar ist alles, was geschieht! Ich ehre dich! Ich preise dich! Ich bete an!«
    »Zur Mutter, zur Mutter!« bat das Kind, über dessen Verständnis das, was es jetzt sah und hörte, zu weit hinausging.
    »Ja, ich

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