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Abdruecker (Splattergeschichten)

Abdruecker (Splattergeschichten)

Titel: Abdruecker (Splattergeschichten) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Bach
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worden. Er hatte sie kurz nach der Ankunft aus dem Schließfach geholt. Er musste eigentlich nur abdrücken. Das hätten die Leute, die diese Exekution organisierten, auch machen können. Jeder von denen. Es war albern, deshalb extra einen aus Russland einfliegen zu lassen, aber so waren die Menschen. Man brauchte Leute wie ihn, die das konnten. Und er konnte das. Zek lag mit halb geschlossenen Augen in seinem Wagen, hatte den Fahrersitz halb heruntergekurbelt, um zu dösen, und dabei doch nicht den Überblick zu verlieren. Es gab hier jede Menge beschlagene Scheiben, schon weil es regnete, und die Luft tropisch warm war, Weichzeichner aus Dampf, hinter dem sich von Aerobics und Kraftkammer getrimmte weiße und rosige Körper abzeichneten im Zustand halber oder ganzer Entkleidung. Er wollte gar nicht zu genau hingucken, aber neugierig war er schon. Er kannte das nicht, Sex. Zumindest nicht so. Was die Leute darunter in Amerika verstanden. Es war ziemlich hektisch und machte den Eindruck, als hätten die Menschen schwer zu tun, würden sich daran abarbeiten, gestresst werden. Im Abstand von wenigen Minuten fuhr jemand Neues vor oder ab. Ja, es hatte dann Menschen im Freien gegeben. Sie bekamen platte Frisuren vom Regen, während sie bei ihren ersten, tastenden Gesprächen zwischen den Motorhauben ironische Bemerkungen machten oder auflachten. Das waren die Huren, männlich zum Großteil, Transen darunter, aber auch wirkliche Frauen. Frauen deren gesprayte Kampffrisuren von der Feuchtigkeit ausdünnten und schlapp wurden, und deren Gestalten an platzende Kondome erinnerten. Von mehreren Orten stieg Musik auf, hier Klassik, da Jazz, dort Countryballade. Wagen suchten, verhielten, wendeten, manche fuhren rasch und wie in Panik weg, andere blieben einfach mit ausgestelltem Motor stehen, und die gedämpften Scheinwerfer legten dabei einen Hauch von Licht über das allgemeine Halbdunkel. Menschen stiegen zu, aus, hier Geschrei, dort schweigsames Wechseln zwischen Fahrkabinen. Gegen elf Uhr nachts dann löste sich der Wagenpulk aus unerfindlichen Gründen auf, und die Nacht war entschieden. Da konnte der eine oder andere, der hier auf die Windschutzscheibe klopfte, frontal auf einen zu rollen und im Dunkel des Wageninneren auf ein Zeichen warten, oder im Scheinwerferlicht die Hosen herunterlassen. Man konnte Kontakt schließen zum anonymen Sex, oder zu einem persönlichen Gespräch an der Seite eines anderen auf der angrenzenden Autobahn in den farbenschillernden Nebel einer Schnellfahrt unter Drogeneinfluss getragen werden. Das Ende aber war fast überall das Gleiche: Man spürte sehr intensiv seine Öffnungen, scheuerte sich Körper und Seele an gesichtslosen Widerlagern ab und machte dann weiter. Irgendwie. Verschwand wieder in sein Leben.
    Der Regen war kühler geworden, und die Luft frisch. Zek saß unter der spiegelnden Wölbung der Windschutzscheibe seines Wagens und rauchte eine Zigarette. Durch die Schlitze der geöffneten Fenster hörte er dem Trommeln des Regens zu und schaute auf die dampfende Motorhaube des Zielwagens. Dort lief der Motor nun schon zwei Stunden lang, und die glitzernden Scheiben waren trüb von menschlicher Ausdünstung, gestaute Wärme, die sich erhitzte und zusammenschmolz mit dem Kern einer anderen Ausdünstung. Zek wusste: Das waren alles Vermutungen, Möglichkeiten. Je anonymer, desto lieber. Er selbst war kurz zum Objekt der Begierde geworden. Die hoch aufgeschossene Frauengestalt in dem knappen Kleid, die eine Packung Zigaretten auf seine Motorhaube gelegt hatte (es waren Marlboro Lights, die Zigaretten der Fotomodelle, wahrscheinlich war das eine Anspielung, auf die er nun seinerseits witzig zu antworten hatte, vielleicht mit einer Packung normaler Marlboros), aber er kannte hier nicht die Gepflogenheiten, hatte eine Weile im Regen gestanden und zu ihm her gestarrt, und dann hatte sie ein Wagen eingesammelt von johlenden Jungmännern im Nadelstreif, die mit offenem Verdeck fuhren und dementsprechend aussahen wie nasse Pudel. In diesem Moment konnte es passiert sein, oder später. Zek hatte übersehen, dass da ein Körper lag. Ein regloser Körper im Paillettenkleid, blass, aber keine Weiße. Eine wohlgeformte, sehr junge Frau, Mexikanerin vielleicht. Diese Details sah Zek erst später, viel später, als das Zielobjekt in Panik losgefahren war. Mit quietschenden Reifen, zumindest hätten sie gequietscht, wenn man hier nicht auf Sand gewesen wäre. Aber abrupt. Seine Gedanken waren bei der

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