Abdruecker (Splattergeschichten)
erhöhte Zielgenauigkeit dadurch, dass die Waffe dann so in der Hand liegen würde, wie man es gewohnt war.
Zek hatte Photos von dem Mann gesehen. Der Zielpunkt war ein elegant gekleideter Mann um die Vierzig, etwas dicklich, aber kräftig, mit Brille und einem offensichtlichen Toupet, das eine Spur zu buschig ausgefallen war, wahrscheinlich, um ihn größer wirken zu lassen. So was gab es. Leute, die hohe Absätze trugen und sich Perücken anschafften und dabei dem Betrachter das Gefühl gaben, eine besonders hohe Stirn zu haben. Die gab es in Berufen, in denen Körpergröße bei Verhandlungen half. Zek hatte keine Ahnung, was der Mann eigentlich gearbeitet hatte. Er vermutete, dass es ein Verräter war. Ein Verräter und wohl auch ein Mörder. Ein Mörder, der sich vielleicht eines Verräters entledigt hatte. Folgende Idee: Die Tote war seine Sekretärin, hatte zuhause in der Heimat angerufen und dem Oberboss was geflüstert hat, was nicht gut war. Etwas über Veruntreuung wahrscheinlich. So wie das Zielobjekt gekleidet war, liebte der den Luxus, wollte reich sein und dafür auch hart arbeiten mit krummen Mitteln. Seine Eleganz bestand darin, teure, maßgeschneiderte Anzüge und italienische Schuhe zu tragen, eine strenge, konventionelle Linie, die von Anwälten gepflegt wird, die sehr viel Geld zu verwalten haben. Looking like a million dollars, nannte man das hierzulande.
Da sich Verfolgter und Verfolger in unmittelbarer Nähe des Meeres befanden, erwartete Zek ein Strandhaus, zu dem der Zielpunkt einbiegen würde, vielleicht mit Motorjacht, die binnen weniger Minuten flottgemacht werden und in die Weite des Meeres hinaus auslaufen konnte. Diese Komplikation würde sehr unangenehm sein. Man musste schon James Bond heißen, um im nächsten Moment ein zufällig in der Nähe ankerndes Motorboot loszumachen und nachzusetzen. Zek trat aufs Gas und schloss dichter zu dem Wagen auf. Er hatte gut daran getan: In der nächsten Kurve war zwischen Zweigen gerade noch ein roter Bremslichterschein zu sehen, wo ein staubiger Erdweg von der Landstraße wegführte. Der Zielpunkt war hier abgebogen. Es ging hier womöglich zu einigen Häusern hin oder bloß zum Strand, der hier ja über hunderte Kilometer öffentlich war. Zek verlangsamte das Tempo und hielt am Straßenrand, um zu überlegen.
War die Fahrt ohne Scheinwerfer unter dem Halbmond und mit dem Orientierungspunkt des vorfahrenden Wagens auf der Landstraße noch möglich gewesen, machten nun die Dunkelheit und Unwegsamkeit des Geländes derartige Pläne zur Makulatur. Ein blindes Forttasten des Wagens über Löcher, Windungen und Wurzeln war wenig Erfolg versprechend. Zek parkte also den Wagen, stieg, Waffe in der Hand, aus und lauschte. Er zog sich im Gehen die Latexhandschuhe über. Eine berufsbedingte Angewohnheit, als wolle man bei dem Ganzen immer steril bleiben, will heißen unbeteiligt, unschuldig, rein. Und es stimmte ja auch. Es handelte sich bei seiner Arbeit durchaus um eine medizinische Notwendigkeit: Eingriffe vorzunehmen, und dabei Körpersekrete von sich weg zu halten. Manchmal berührte man Stellen, die den Weg in das Innere des Menschen frei gaben, was immer eine schleimige, pigmentfarbene Angelegenheit war. Schon nach wenigen Schritten spürte Zek Sand unter den Schuhen. Das Tosen des Meeres war im Schwirren und Sausen des Nachtwindes immer lauter geworden, und als nun die Wolke vom Halbmond wich, sah er den Wagen, wäre fast in ihn hineingestolpert, am Fuß einer Düne. Gestrüpp verschaffte Sichtschutz, während Zek mit gezogener Waffe langsam in einem Bogen um die schwarzen spiegelnden Scheiben des Zielwagens herumging und spähte. Es war zu laut und zu dunkel, um diese Stunde ganz real zu erleben. Zek zwang sich zur Geduld in diesem ohrenbetäubenden Traum, in den er hier geraten war. Das Toben des Windes war, als wäre man in eine eigene Welt katapultiert worden, in der andere Regeln galten. Er verharrte, bis er sicher sein konnte, dass die Vordersitze des Wagens leer waren, im Schutz eines Busches. Dann überprüfte er die Hinterbank des Wagens. Vielleicht hatte sich der Zielpunkt hingelegt und döste oder er hatte vor, die Nacht hier zu verbringen. Oder es war eine Ohnmacht, wie sie einen manchmal ereilt, wenn das Drogengemisch im Blut nicht passt, und man plötzlich am Steuer einschläft. Wenn es so gekommen sein sollte, dachte Zek, wäre das eine Gnade.
Kurze Gedanken zum Zielobjekt: Wenn er sich gerade seiner Sekretärin auf diese Art
Weitere Kostenlose Bücher