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Abdruecker (Splattergeschichten)

Abdruecker (Splattergeschichten)

Titel: Abdruecker (Splattergeschichten) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Bach
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durchsuchten die Bude nach allen Regeln der Kunst, bis wir im Bad waren, und da lag er. Er hatte sich das Genick gebrochen. Ich habe keine Ahnung, wie. Vielleicht im Streit mit seiner Frau. Oder er war einfach ausgerutscht. Aber ich werde die Stunde nicht vergessen, als sie hinter uns nach schlich mit diesem Schritt, wie ihn nur sehr schöne Frauen haben, große, schlanke Frauen mit einem etwas breiten Becken und schmalen Füßen und man ihren Ausschnitt sah, als sie mit verschränkten Armen da stand und nichts mehr sagte.
    Man hört ihn jetzt aus dem Wasser stapfen, und sieht ihn, eine bleiche Gestalt, die wahrscheinlich völlig durchgefroren ist. Oleg. Sein Gesicht ist anders, keine Frage. Er hat sich einen guten Chirurgen gesucht und ihn auch gefunden. Kein Mensch würde glauben, dass dieses Gesicht einmal Oleg gehört hat, aber ich würde ihn jederzeit an seinem Gang erkennen. An seiner Haltung. Ich kenne seine Arme, seine Beine, selbst wenn sie schwammig geworden sind und er fett. Sein Wille ist ungebrochen, das merkt man. Wer stundenlang im Meer schwimmt nachts, der hat die Power. Den darf man nicht unterschätzen, auch wenn er die Fünfzig schon überschritten hat und die letzten Jahre mit Geldzählen verbracht hat, was auch nicht gut für die Figur ist. Oleg bewegt sich schnurstracks auf die Stelle zu, an der er das Kleiderbündel zurückgelassen hat. Er stockt. Dann beginnt er in der näheren Umgebung zu suchen. Jetzt hat er gemerkt, dass der Wagen verschwunden ist. Ein Ruck geht durch ihn, und was er jetzt tut, ist etwas irrational. Er läuft den Dünenpfad zur Straße hoch, merkt, dass sein Wagen wirklich verschwunden ist, dass es sich nicht um eine Sinnestäuschung handelt, und taucht hinter Astwerk und Blättern ab. Wahrscheinlich ist er jetzt auf der Straße und läuft ein bisschen in diese und in jene Richtung. Das ist okay. Obwohl ein kluger Mensch wüsste, was hier gespielt wird, und die Gelegenheit nutzen würde, einfach zu verschwinden. Es wäre doch egal, wer ihm diesen Streich spielt und wie gefährlich oder ungefährlich er ist. Einfach das Bewusstsein, auf Nummer Sicher zu gehen, würde mir raten, so schnell wie möglich in die Wildnis einzutauchen, diese Steinwüste hier, in der man sich gut verstecken kann. Vielleicht nicht auf Dauer vor einem Helikopter. Vor allem, wenn es Tag ist und so heiß, dass man nach einer Stunde in der Hitze zu kochen beginnt. Aber so ein heimliches Spiel ist nicht die Sache von Oleg. Da kenne ich ihn zu gut. Er sucht immer die Konfrontation. Es ist zum Lachen. Weil er so ist, hat er diesen Schuss ins Gesicht bekommen. Jeden anderen hätte der getötet. Der Gegner war einfach schneller, hatte eine Knarre, von der wir nichts ahnten. Und schon lag Oleg im Blut, wäre wahrscheinlich verblutet, wenn nicht das nächste Krankenhaus eine Straße weiter gelegen hätte und die Chirurgen dort gut waren. Ein arabisches Land, aber die Ärzte waren alle aus Amerika, und die flickten ihn zusammen. Und das hat Oleg gebrochen. Mit dieser missglückten Geschichte begann die Zeit, in der er sich vom Herrn abwandte. In die eigene Tasche zu arbeiten begann. Was wir erst mitkriegten, als er längst verschwunden war. Das ist lange her. Es ist erstaunlich, wie lange er es geschafft hat, sich dem Blick des Herrn zu entziehen.
    Ich kauere mich ins Unterholz, als ich das Patschen seiner nackten Füße höre. Jetzt taucht er wieder auf dem Strand auf. Kehrt zur Brandung zurück, mit methodischem Schritt wie ein Suchender. Wahrscheinlich überlegt er, ob er irgendwo in der Richtung abgekommen sein kann und hier einen fast identischen Strandabschnitt vorfindet zu dem, wo er los geschwommen ist. Aber eben einen, der sich in einem entscheidenden Punkt unterscheidet. Ein Strandabschnitt, der diesen Alptraum beendet. Wo der Wagen steht und seine Sachen sind und er kann sich anziehen und wegfahren und die Sache vergessen. Er stellt sich sicherlich einige Fragen, die ihm keiner beantworten kann. Ob es möglich ist, sich so sehr zu täuschen, dass man ganz woanders angelandet ist. Ob es Parallelwelten gibt, wie die Quantenphysik behauptet, und er in einer solchen gelandet ist. Wirklich weiter kommt er mit diesen Fragen nicht. Deshalb, wahrscheinlich, beginnt er jetzt, die Umgebung abzuschreiten, sich sichtlich zur Ruhe zwingend, denn er zittert am ganzen Körper. Und natürlich wird er die Spuren sehen. Frische Spuren seiner nackten Füße und die Füße in den Schuhen seines Verfolgers. Schuhe, die

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