Abendruh: Thriller (German Edition)
vom Militär verwendet wird. So gefährlich, dass ich mich frage …« Er brach plötzlich ab, als die Kellnerin ihr Essen brachte. Verglichen mit der gewaltigen Fleischscheibe auf Parris’ Teller wirkten Janes Zweihundert-Gramm-Filet und Frosts Hähnchenbrust wie Appetithappen. Erst nachdem die Bedienung gegangen war, forderte Jane Parris auf, den Satz zu vollenden.
»Was haben Sie sich gefragt?«
»Ob ich das nächste Opfer sein würde«, murmelte er und schob sich ein triefendes Stück Fleisch in den Mund. Blutiger Saft sammelte sich auf seinem Teller, als er einen weiteren Bissen abschnitt und noch einen Schluck von seinem Martini nahm. Jane erinnerte sich an seine Worte am Telefon: Es wäre mir lieber, wir würden uns nicht bei mir zu Hause treffen. Sie hatte geglaubt, es sei ihm nur darum gegangen, Dienst und Privatleben sauber zu trennen. Jetzt nahm seine Aussage eine ominöse neue Bedeutung an.
»Der Fall hat Ihnen eine solche Angst eingejagt?«, fragte sie.
»Das können Sie laut sagen.« Er sah sie an. »Wenn Sie an der Sache dranbleiben, werden Sie schon verstehen, was ich meine.«
»Wovor haben Sie Angst?«
»Das ist es ja gerade: Ich weiß es nicht. Ich werde nie erfahren, ob ich mir das in einem Anfall von Paranoia nur eingebildet habe oder ob wirklich jemand mein Telefon abgehört hat. Und meinem Wagen gefolgt ist.«
»Puh.« Jane lachte. »Ist das Ihr Ernst?«
»Mein bitterer Ernst.« Er legte Messer und Gabel hin und starrte sie an. »Deswegen bin ich so froh, dass Sie mit Ihrem Kollegen gekommen sind. Dass Sie jemanden dabeihaben, der auf Sie aufpassen kann. Ich bin nun mal so altmodisch zu glauben, dass eine Dame einen Beschützer braucht, auch wenn sie bei der Polizei ist.«
»Einen Beschützer?«, sagte Jane an Frost gewandt. »Na, da hast du aber schon mehr als einmal versagt.«
»Detective Parris«, sagte Frost rasch, »was glauben Sie, aus welcher Richtung diese, äh – diese Bedrohung kommt?«
»Ich kann es Ihnen an der Stimme anhören, dass Sie mir nicht glauben. Aber Sie werden es früh genug selbst herausfinden. Also hören Sie auf meinen Rat: Schauen Sie immer hinter sich. Wohin Sie auch gehen, achten Sie genau auf die Gesichter, und Ihnen wird auffallen, dass Ihnen nach einer Weile das eine oder andere bekannt vorkommt. Der Typ in dem Café. Die junge Frau am Flughafen. Und dann fällt Ihnen eines Abends der Lieferwagen auf, der vor Ihrem Haus parkt. Und der einfach dort stehen bleibt.«
Frost wechselte einen raschen Blick mit Jane, und Parris bemerkte ihn.
»Ja, schon klar. Sie glauben, ich spinne.« Er zuckte mit den Schultern und griff nach seinem Martini. »Graben Sie nur ruhig weiter, und irgendwann werden die Biester aus dem Dreck gekrochen kommen.«
»Wer?«, fragte Jane.
»Sie haben sie wahrscheinlich schon allein dadurch aufgeschreckt, dass Sie hierherkommen und Fragen stellen.«
»Fragen zu Neil oder Olivia?«
»Vergessen Sie Olivia. Das arme Mädel war einfach nur zur falschen Zeit im falschen Flugzeug.« Parris winkte der Kellnerin und deutete auf sein leeres Martiniglas. »Wenn Sie so freundlich wären«, rief er.
»Sie glauben, das Motiv hatte etwas mit seinem Job zu tun?«, fragte Frost.
»Wenn Sie eifersüchtige Partner, wütende Nachbarn und gierige Verwandte ausgeschlossen haben, bleibt eigentlich nur noch der Arbeitsplatz übrig.«
»Sie wissen, worüber er bei der NASA geforscht hat, nicht wahr?«
Parris nickte. »Außerirdisches Leben. Es heißt, er und sein Kumpel Brian Temple hätten geglaubt, es gefunden zu haben, auch wenn das bei der NASA niemand offiziell bestätigen will.«
»Weil sie die Ergebnisse unterdrücken?«, fragte Frost. »Oder weil es nicht stimmt?«
Parris beugte sich vor, sein Gesicht vom Alkohol gerötet. »Sie jagen einen nicht in die Luft, wenn man sich geirrt hat. Nein, wenn man richtigliegt , dann wird’s gefährlich. Und ich habe das Gefühl …« Er brach plötzlich ab, den Blick starr auf einen Punkt hinter Janes Rücken gerichtet. Sie wollte sich gerade umdrehen, da flüsterte er: »Nicht!«
»Was haben Sie denn?«
»Der Typ mit der Brille. Weißes Hemd, Bluejeans. Sitzt Richtung sechs Uhr. Ich glaube, den habe ich vor zwei Stunden an einer Highway-Raststätte gesehen.«
Jane ließ ihre Serviette vom Schoß auf den Boden gleiten. Sie bückte sich, um sie aufzuheben, und erhaschte einen Blick auf den Mann, von dem er sprach, just in dem Moment, als eine Frau mit einem kleinen Kind an der Hand sich zu ihm an den
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