Abendstern - Roman
erst herausfinden, wie das zusammenpasst.« Sie verschränkte die Hände ineinander.
»Ja, das klingt gut.« Er schwieg, dann fuhr er fort: »Ich habe übrigens auf eigene Faust ein bisschen nachgeforscht. Ann Hawkins war zwei Jahre lang verschwunden, und wir wissen nicht, wo sie ihre Söhne geboren und wo sie gelebt hat, bevor sie nach Hollow, ins Haus ihrer Eltern, zurückkam. Deshalb habe ich mir die weitere Familie vorgenommen. Vettern und Kusinen, Tanten und Onkel. Damals konnte eine schwangere Frau sicher nicht so weit reisen. Vielleicht hat sie sich ja irgendwo hier in der Gegend aufgehalten. Zehn, zwanzig Kilometer waren im siebzehnten Jahrhundert wesentlich mehr als heute.«
»Guter Gedanke. Das hätte mir auch einfallen können.«
»Ja. Du solltest es vielleicht Cyb sagen, weil sie ja die Königin der Recherche ist. Ich bin zwar gut, aber sie ist besser.«
»Und ich bin ein kleiner Amateur.«
»So klein bist du gar nicht.« Grinsend warf sie sich
ihm in die Arme. Der Aufprall war so heftig, dass er nach hinten taumelte, und Quinn kreischte, als sie in den Schnee fielen.
Lachend wälzten sie sich auf dem Boden.
»Ich bin Meister im Schnee-Wrestling«, warnte er sie. »Gegen mich hast du keine Chance, Blondie. Deshalb …«
Ohne Vorwarnung schob sie ihm eine Hand zwischen die Beine und nutzte das Überraschungsmoment, um ihm mit der anderen einen Schneeball in den Nacken zu drücken.
»Das ist gegen die Regeln!«
Sie versuchte wegzukrabbeln, aber er hielt sie mit dem Gewicht seines Körpers fest. »Immer noch Champion!«, verkündete er und wollte sie gerade küssen, als die Tür aufging.
»Kinder«, sagte Cybil, »oben gibt es ein schönes, warmes Bett, wenn ihr spielen wollt. Und wisst ihr was? Der Strom ist wieder da.« Sie warf einen Blick über die Schulter. »Das Telefon geht anscheinend auch wieder.«
»Telefon, Strom. Computer.« Quinn wand sich unter Cal hervor. »Ich muss meine E-Mails checken.«
Cybil lehnte am Trockner, während Layla Handtücher in die Waschmaschine in Cals Waschküche stopfte. »Sie sahen aus wie lüsterne Schneemenschen.«
»Junge Liebe ist immun gegen klimatische Bedingungen.«
Cybil kicherte. »Das ist wohl wahr. Apropos, du und Fox, ihr könnt heute Abend kochen.«
»Quinn und Cal haben auch noch nicht gekocht.«
»Quinn hat beim Frühstück geholfen, und es ist Cals Haus.«
Layla gab sich geschlagen. »Na gut. Ich übernehme das Abendessen.«
»Du kannst es ja auf Fox abwälzen.«
»Nein, wir wissen ja gar nicht, ob er kochen kann, und ich kann es.«
Cybil kniff die Augen zusammen. »Du kannst kochen? Davon hast du ja noch gar nichts gesagt.«
»Wenn ich es erwähnt hätte, wäre ich gleich dran gewesen.«
Cybil nickte langsam. »Deine Logik hat was.«
»Ich schaue mir mal die Vorräte an und lasse mir was einfallen. Etwas …« Sie brach ab. »Quinn? Was ist los?«
»Wir müssen uns zusammensetzen.« Quinns Augen wirkten riesengroß in ihrem blassen Gesicht.
»Q? Liebes, was ist passiert?« Cybil ergriff sie am Arm. »Ist etwas mit deinen Eltern?«
»Ja. Ja. Ich möchte es nur einmal erzählen, wenn alle dabei sind. Wir müssen den anderen Bescheid sagen.«
Sie setzte sich in einen Sessel im Wohnzimmer, und Cybil hockte sich auf die Armlehne. Am liebsten hätte Quinn sich wieder auf Cals Schoß gekuschelt, aber das kam ihr falsch vor.
Alles schien auf einmal falsch zu sein.
Hätte sie doch nie ihre Großmutter gebeten, in der Familiengeschichte herumzustochern.
Was sie erfahren hatte, wollte sie gar nicht wissen.
Aber jetzt konnte sie nicht mehr zurück. Was sie zu sagen hatte, konnte alles verändern.
Sie warf Cal einen Blick zu. Sie sah ihm an, dass er sich Sorgen machte. Es war nicht fair, es hinauszuzögern. Aber wie mochte er sie anschließend ansehen?
»Meine Großmutter hat die Informationen bekommen, um die ich sie gebeten habe, sie stehen auf den Seiten in der Familienbibel. Es gab sogar ein paar Aufzeichnungen von einem Historiker Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Ich habe auch etwas über die Clarks erfahren, Layla. Es geht zwar nicht so weit zurück, aber vielleicht kannst du damit trotzdem etwas anfangen.«
»Okay.«
»Es sieht so aus, als ob meine Familie ihre Geschichte mit, sagen wir mal, religiösem Eifer verfolgte. Mein Großvater nicht so sehr, aber seine Schwester und zwei Vettern haben sich sehr darum bemüht. Ihnen war es wichtig, dass ihre Vorfahren zu den ersten Pilgern gehörten, die in der Neuen Welt
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