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Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
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schaltete am Bordsprechkasten und hörte Wolzows unbekümmerte Stimme: »Christian, daß du mir nicht Panzergranaten und Sprenggranaten verwechselst, das kann den Kopf kosten!« – »Ruhe!« schrie Holt durchs Kehlkopfmikrophon. »Gequatsche, unnützes! Vetter, du bist Ladeschütze, nennst du das einen munitionierten Panzer? Ich hab keinen einzigen Gurt am MG!« Im Mittelwellengerät, das die Verbindung nach oben hielt, pfiff endlich der Dauerton, und dann eine scharfe Stimme: »Kommandeur an alle,kommen!« Holt hörte Sturmartillerie und Panzergrenadiere und gab seinen Namen bekannt. »Aber Leute, wozu gibt es Decknamen auf der Funktafel?« – »Schnauze, Idiot!« schrie es im Kopfhörer. »Wer ist hier Kommandeur, du oder ich? Piep nicht so’n langen Ton, du bist hier nicht in der Kaserne! Funkstille. Bei Abfahrt auf Empfang! Fertig!« Der Kommandeurfunker war noch nicht verstummt, da brüllte schon Porschke von der Sturmartillerie: »Was ist denn das für ein blöder Heini?« Fern meckerte eine Stimme: »Der blöde Heini ist ein Leutnant, der soll heißen Josef von Ägypten, denn er trägt einen bunten Rock und dünkt sich mehr denn seine Brüder!« Holt schüttelte den Kopf und schaltete ab. Über das Ultrakurzwellengerät rief er die Panzer: »Chef an alle … kommen!«
    Alle fünfzehn Panzer meldeten sich. »Funkstille! Die Russen peilen! Ende.« Holt saß trübsinnig auf seinem Ledersitz. Vetter kletterte in den Bauch des Panzers hinab und machte Holts MG schußfertig. »Daß du so munter bist!« sagte Holt. – »Wir haben mit der Verpflegung solche Tabletten bekommen, die machen munter, deine hat Gilbert!«
    Noch immer klirrte der Frost in den Baumwipfeln. Holt ging langsam durch den Wald. Überall liefen die Motoren der Panzer, der Sturmgeschütze und Schützenpanzerwagen. Holt sah Kübelwagen mit aufmontierten Maschinengewehren, Panzer-III-Fahrgestelle mit Flak, Feldhaubitzen auf Panzer-IV-Fahrgestellen, eine überlange 8,8-Zentimeter-Kanone auf Selbstfahrlafette. Schwer bepackte Infanteristen zogen im Gänsemarsch durch den Wald und lagerten sich bei den Panzern. Die Panzergrenadiere saßen fahrbereit in ihren Wagen. Das Motorengeräusch löschte das ferne Grollen der Front aus. Im Osten, über den Wäldern, dämmerte der Morgen.
    Holt lief zum Panzer zurück. Oberfeldwebel Burgkert hatte die Karte über das Schutzblech gebreitet. Wolzow leuchtete mit der Taschenlampe. Er hielt Holt ein kleines Röhrchen hin. Pervitin? Mal sehn, wie’s wirkt. Holt studierte Burgkerts Gesicht.
    Der Oberfeldwebel war wieder alkoholisiert, seine Stimme rollte, die Hände zitterten nicht mehr, die eingefallene Gesichtshautstraffte sich. Er nestelte an der Feldflasche und trank. Er redete mit Wolzow endlos über den Kampfauftrag. »Sind Kampfgruppe Bredow … die Panzer nehmen die Spitze. Sturmgeschütze, Artillerie auf Selbstfahrlafetten, nennen sich Sturmartillerie-Abteilung, folgen dichtauf, dann zwei Bataillone Panzergrenadiere, auf Schützenpanzerwagen. Bei uns sitzt eine Sturmkompanie auf. Dann ist noch motorisierte Artillerie da, der müssen wir erst Platz schaffen, ein Regiment Infanterie auf Lastwagen soll auch noch nachkommen.« – »Bißchen wenig Panzer«, sagte Wolzow. Burgkert erklärte die Lage, redete von einem mächtigen Brückenkopf des Gegners auf dem linken Ufer, aber weiter nördlich stehe noch der Rest eines deutschen Korps und halte auf dem rechten Ufer einen Brückenkopf mit einer Pontonbrücke … Kennt sich kein Mensch mehr aus, dachte Holt. »Der Russe hat momentan nur Infanterie in der Front liegen«, sagte Burgkert. »Er formiert sich neu. Das Korps im Norden sollte sich zu uns durchschlagen, ist aber liegengeblieben. Jetzt sollen wir von Süden her durch die Russen zu ihm stoßen und eine Gasse öffnen.« Er fluchte: »Aber das alles geht uns einen Dreck an! Ich hab ganz andere Sorgen! Bis zum Angriffsziel sind es etwa neunzig Kilometer, und die Scheißpanther fahren bloß hundertzehn … Daß wir mit den Panzern durchrammeln, das halt ich für möglich, wenn wir nicht aus Versehen auf eine Bereitstellung fahren. Aber ob der Sprit reicht! Alles andere ist Sache der Infanterie.« Er sah auf die Uhr. »Wir fahren voraus. Holt, sag durch: Chaussee, dann Gelände, bis wir wieder eine Straße schnappen.« Er nahm einen Schluck aus der Feldflasche. Die herumstehenden Infanteristen saßen auf und zogen sich Zeltbahnen über die Köpfe. Holt glitt auf seinen Sitz hinab. Er fühlte sich in eine

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