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Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
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Zufluß mit einem Holzpfropfen.
    Am Nachmittag brachten auch Vetter und Zemtzki ihr Gepäck. In der Halle häuften sich Rucksäcke, Ballen und Pakete. In derKüche am Gasherd goß Gomulka Kugeln, dicke, fast dreißig Gramm schwere Rundgeschosse, und Holt lernte, die Zündhütchen in die Patronenböden einzusetzen, die Hülsen mit Schwarzpulver zu füllen und dann die Geschosse mit einem Holzscheit in die Hülsen zu treiben. Es sei mit zwanzig Prozent Versagern zu regnen, erklärte Gomulka, ein erträgliches Maß.
    Gegen Abend waren sie reisefertig. Sie biwakierten auf dem Teppich in der Halle. Morgens fünf Uhr packten sie die Rucksäcke. Auf dem Weg zum Bahnhof warf Holt den fingierten Brief in den Kasten.
     
    Vor dem Bahnhof versammelten sich die Schüler, in den Uniformen der HJ und des Jungvolks.
    Der Pfiff einer Trillerpfeife schrillte. »Achtung! In Linie … angetreten, marsch, marsch!« Das war Otto Barth. Sie stellten sich am linken Flügel in Reih und Glied.
    Otto Barth, an der Schulter die grünweiße Führerschnur, stand vor der Front, groß und stark, mit einem verpickelten, vom Schreien geröteten Gesicht. Er war siebzehn Jahre alt und, wie Herbert Wurm, der Stammführer, seiner Funktion wegen vom Flakeinsatz befreit. Wolzow verzieh ihnen das nicht und spielte, wenn der Bannführer nicht in der Nähe war, den Aufsässigen.
    »Der Bannführer!« piepste Zemtzki. Tatsächlich trat Bannführer Knopf langsam vor die Front.
    Barth meldete Wurm, Wurm meldete dem Bannführer. Der Bannführer redete etwas von Einsatz, Pflicht und Verpflichtung.
    Als Holt sich in den reservierten Wagen zwängte, waren alle Abteile besetzt, aber Wolzow scheuchte ein paar Quartaner von ihren Plätzen. Vetter teilte Skatkarten aus. Wolzow holte eine Kiste Zigarren aus dem Rucksack. Sie bissen die Spitzen ab und spuckten sie auf den Boden, dann füllte sich das Abteil mit Dunst. Die Quartaner standen ehrfurchtsvoll dabei. Wolzow sagte: »Wenn alles klappt, sind wir in vier Wochen bei der Flak. Jetzt lassen wir uns von Wurm und Barth nichts mehr sagen.« – »Stammführer könnten wir nämlich schon lange sein«, entgegnete Holt.
    Nach einer halben Stunde inspizierten Wurm und Barth den Wagen.Wurm war ein großer, magerer Bursche mit einem eiförmigen Gesicht und schwarzem, mit Pomade am Kopf festgeklebtem Haar. Er ließ stets den Unterkiefer herabhängen, und der offene Mund gab seinem Gesicht einen Ausdruck unbeschreiblicher Dummheit. Jetzt sagte er verdattert: »Ja ist denn das die Möglichkeit! Die Herren rauchen Zigarren!« Wolzow hielt ihm die Kiste hin. »Willst du auch eine?« Wurm schlug mit der Hand nach der Kiste, die Zigarren kullerten auf dem Boden umher. Wolzow stand auf und legte die Spielkarten weg. »Dafür bekommst du jetzt ein paar in die Fresse, Stammführer!« Wurm wich zurück, Barth rief: »Gib Ruhe, Wolzow, sonst mach ich Meldung an den Bann!« – »Aber die Zigarren hebt er auf«, beharrte Wolzow. »Schluß!« rief Barth. Er befahl den Quartanern: »Los, hebt die Dinger auf!« Wolzow setzte sich wieder. Vetter knallte die erste Karte auf den Klapptisch. Nebenan erzählte jemand: »Der Führer hat sich mit dem Duce getroffen, in einer Stadt in Oberitalien, ich denke, das hat was zu bedeuten, vielleicht wird jetzt auf Sizilien die Falle zugemacht.«
    Nach fünfstündiger Bahnfahrt, auf einer kleinen ländlichen Station, trieb Barths Trillerpfeife die Jungen aus dem Zug.
     
    Die Chaussee war staubig, die Sonne brannte, die Marschkolonne sang: »Die blauen Dragoner, sie ra-hei-ten …« Links und rechts säumten Getreidefelder die Straße, auf denen der Roggen in Puppen stand.
    Nach zweistündigem Marsch erreichten sie ein großes Dorf. Auf dem Anger vor dem Wirtshaus teilte Barth die Kolonne in einzelne Gruppen. Wurm stand mit offenem Mund dabei. Sie kampierten in der Dorfschule.
    »Verpflegung gibt es erst ab morgen«, berichtete Vetter. »Halb fünf treten wir auf ’m Dorfplatz an. Ordnungsübungen! Abends will Barth Kameradschaftsabend machen.« Das Programm wurde verworfen. Zemtzkis und Vetters Bedenken wurden von Wolzow getilgt. Als unten die Trillerpfeife schrillte, als alles aufbrach, warf Holt die Tür zu, riß von der Wandtafel das Bord ab, brach es über dem Knie in zwei Hälften und keilte eines der Bretter unter die Türklinke. Dann legten sie sich schlafen.
    Abends gegen acht wurden sie wach. »Und jetzt gehen wir ins Wirtshaus«, befahl Wolzow.
    In der dunklen, muffigen Schankstube saßen ein

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