Abenteuer des Werner Holt
paar Bauern beim Bier. Hinter der Theke stand ein dunkeläugiges Mädchen von vielleicht zwanzig Jahren.
Wolzow rief mit seiner rauhen Stimme: »Sagen Sie mal, Fräulein, wird das ’n bißchen voller?« – »Nach dem Füttern«, antwortete sie. Holt dachte: Sie ist hübsch … Vetter teilte schon wieder Karten aus. In der Ecke erhob sich ein Bauer, Holt schob ihm einen Stuhl hin. »Zigarre?« fragte Wolzow. »Fräulein, ein Bier!« Bald saßen mehrere Männer bei ihnen, rauchten Zigarren und tranken das Bier, das Wolzow spendierte. Der Schankraum füllte sich mit Menschen. Jemand klimperte auf dem verstimmten Klavier. Die Deckenlampe brannte trüb, die Luft war grau von Zigarrenrauch.
Holt ließ keinen Blick von dem Mädchen, das die Biergläser durch den Raum trug. Manchmal, wenn sie einen seiner Blicke auffing, lächelte sie oder zog unmerklich die dunklen Augenbrauen hoch. Zemtzki, Gomulka und Vetter spielten unterdessen Skat. Die Bauern, die um sie herumsaßen, schauten in die Karten und stritten nach jedem Spiel.
Wolzow führte das Wort. Er hatte rasch nacheinander fünf Glas Bier getrunken. Er zeigte seinen Bizeps und ließ sich schließlich auf einen Zweikampf im Fingerhäkeln mit dem Schmiedegesellen ein, der nur ein Auge hatte und wie ein Freibeuter dreinschaute. Die Bauern erklärten den Kampf für unentschieden. Wolzow gab keine Ruhe. Ein fingerstarker Feuerhaken wurde gebracht, Wolzow bog ihn mit einem Ruck zusammen, der Schmiedegeselle bog ihn grinsend wieder gerade. Schließlich standen sie einander mitten in der Schankstube gegenüber. Die erhobenen Hände gegenseitig ineinander gefaltet, versuchte einer den anderen in die Knie zu zwingen. Beide keuchten, aber keiner erzielte einen Vorteil. Die Bauern spendeten Beifall.
Zemtzki, Vetter und Gomulka warfen ihre Karten auf den Tisch, als ginge sie das Durcheinander ringsum nichts an.
Wolzow legte den Arm um die Schulter des Schmiedegesellen. »Ein Faß Freibier!« schrie er. Daraufhin erhob sich Lärm.
Holt sah, wie ihm das Schankmädchen mit den Augen winkte. Er erhob sich. Ein Gang führte hinaus auf den Hof. Er stand ihr im Halbdunkel des Korridors gegenüber. »Hat Ihr Freund genug Geld bei sich?« fragte sie. »Es kostet sechzig Mark!« – »Ich glaub schon«, sagte Holt. Ein Geruch von Schweiß, Haar und Erde ging von dem Mädchen aus. »Was schaust denn so?« sagte sie und lächelte. Er faßte nach ihren Armen und fühlte einen Augenblick lang ihre warme Haut. Aber sie wich zur Seite. »Ich hab zu tun!« Er sah, als sie verschwand, wie sie ihm mit blitzenden Zähnen zulachte.
Er tastete sich den dunklen Korridor entlang. Zur Linken führte eine Holztreppe steil nach oben. Dann stand er draußen auf dem Hof. Er lehnte sich gegen eine Stalltür. Am Himmel standen Sterne. Er atmete tief, er schämte sich plötzlich, aber an seinen Fingerspitzen, wie ein Kitzel, hing noch die Empfindung ihrer Haut.
Die Schankstube, mit ihrem Trubel, dem Geplärre des Radios, dem beißenden Tabakdunst und den lärmenden Stimmen widerte ihn auf einmal an. Wolzow stand, von Bauern umringt, an der Theke. Als Wurm und Barth durch die Tür traten, knallte Zemtzki gerade das Herz-As auf den Tisch. Er saß mit dem Blick zur Tür, sah die beiden Führer und piepste erschrocken: »Verdammt, jetzt holen sie uns zum Dienst.«
Wurm und Barth blieben an der Tür stehen und redeten lange aufeinander ein. Dann traten sie zögernd an den Tisch heran. Wurm bückte sich ein wenig und sagte gedämpft: »Ihr verlaßt sofort das Lokal und kommt zum Dienst, oder es gibt eine Meldung an den Bann!«
Holt sah das Mädchen mit hochgezogenen Brauen zu ihnen herüberblicken … Das Stimmengewirr ließ nach. Wolzow stand beim Tisch. Die Bauern blickten gespannt. »Laßt uns in Ruhe«, sagte Wolzow mit schwerer Zunge.
»Mensch, Wolzow«, schnarrte Barth, »diese Drückebergerei …« Wolzow fiel ihm ins Wort: »Wer ist hier’n Drückeberger? Wer gehört längst zur Flak?« Barths Gesicht lief rot an. Wolzow wandte sich ab und ging wieder zur Theke. Das Stimmengeräuschsetzte in unverminderter Stärke ein. Irgendwer klimperte auf dem Klavier. Zemtzki hatte sich von seinem Schrecken erholt und teilte Karten aus. Wurm beugte sich abermals über den Tisch und sagte im Befehlston: »Los! Macht, daß ihr rauskommt.«
»Achtzehn!« sagte Vetter schwitzend und sah sich hilfesuchend nach Wolzow um. Gomulka sagte: »Ich halte.«
Wurm versuchte es anders. »Laßt euch doch von dem Wolzow nicht
Weitere Kostenlose Bücher