Abenteuer im Ferienlager
seine Frau sich auf, mit verängstigtem Gesicht.
Tarzan stand auf.
Locker trabte er auf die Gruppe zu.
Hansen und das Mädchen sahen ihn, sagten aber nichts. Roloff stand mit dem Rücken zu Tarzan.
Scheinbar uninteressiert ging er vorbei. Mit dem rechten Fuß stieß er beide Bierflaschen um. Schäumend ergoss sich das Bier in den Schlick.
»O Verzeihung!« Er blieb stehen, machte aber keine Anstalten, die Flaschen aufzurichten.
Roloff hatte sich umgedreht. Für einen Moment verschlug’s ihm die Sprache. Dann nahm sein Gesicht einen bösartigen Ausdruck an.
»Du hast wohl Tomaten auf den Augen, du Penner. Was fällt dir ein, unser Bier umzukippen! Das hat noch keiner gewagt, du Rotznase. Komm her und hol dir deine Ohrfeige ab.«
Tarzan rührte sich nicht.
»Aha, du willst zwei haben«, feixte Roloff. »Wenn ich mich zu dir bemühe, gibt’s nämlich zwei.«
Tarzan stand wie angewurzelt.
»Der scheint auf eine große Abreibung scharf zu sein!«, rief Hansen. Er saß noch auf seiner Luftmatratze.
Roloff setzte sich in Bewegung.
Er war nicht viel größer, aber erheblich schwerer als Tarzan: Klotzig und derb, sicherlich auch sehr stark. Aber Tarzan war austrainiert wie ein Superathlet und hatte stählerne Muskeln.
Roloff schlug überraschend schnell zu – nicht mit offener Hand, sondern mit der Faust.
Tarzan packte den Arm. Blitzschnell drehte er sich unter ihm durch. Roloffs Arm wurde gewunden wie ein Tau. Gellend schrie er auf. Aber das war noch nicht alles. Tarzan stand hinter ihm. Erbarmungslos wurde Roloffs Hand zwischen den Schultern nach oben gerissen. Eine Winzigkeit fehlte noch und sein Schultergelenk wäre ausgekugelt. Fast gleichzeitig schlug Tarzan ihm mit einem harten Tritt gegen die Knöchel beide Beine weg. Aufschreiend stürzte Roloff auf die Knie.
Tarzan beugte sich vor und hielt den verdrehten Arm ganz locker, mit einer Hand.
»Nun, was ist? Ich warte auf die Ohrfeigen.«
Roloff wimmerte.
»Wolltest du nicht irgendwen eingraben?«, fragte Tarzan. »Vielleicht als Erstes deinen Arm. Noch eine winzige Bewegung und er ist ab.« Er sah Hansen an, der zögernd die Beine anzog. »An deiner Stelle, Dicker, würde ich sitzen bleiben. Sonst bleibt nichts von dir übrig.«
Millimeterweise verstärkte er den Druck auf Roloffs Arm. Der Bursche brüllte: »Aufhören! Du bringst mich um.« »Erst solltest du dich entschuldigen.«
»Ja, ich entschuldige mich«, wimmerte Roloff. »Entschuldigung, Entschuldigung! Hör auf! Dirk, hilf mir doch!«
»Dirk hilft dir nicht«, sagte Tarzan. »Er weiß nämlich, dass ich ihm die Knochen breche, falls er seinen Hintern von der Luftmatratze hebt. Aber du solltest jetzt höflich zu diesem Herrn sagen: Entschuldigung, dass ich mich so rüpelhaft benommen habe. Es wird nicht wieder vorkommen. Los!«
Und Roloff sagte: »Entschuldigen Sie, dass ich mich so... so rüpelhaft benehme... benommen habe. Ganz bestimmt mache ich das nicht wieder.«
»Du bist so dämlich«, sagte Tarzan, »dass du nicht mal zwei Sätze nachsprechen kannst.«
Dann ließ er ihn los.
Roloff verharrte kniend und nach vorn gesunken. Der rechte Arm baumelte von seiner Schulter, als gehöre er nicht mehr dazu.
Aber Tarzan wusste: Verletzt war nichts. Der Schmerz würde nachlassen und morgen war der Arm wieder gebrauchsfähig wie eh und je.
Tarzan wandte sich an den schmächtigen Mann, der ihn mit großen Augen ansah.
»Sagen Sie’s mir, falls Sie nochmal belästigt werden. Dann mache ich die beiden zur Schnecke.«
Das Trio bedachte er abschließend mit einem eisigen Blick. Dann ging Tarzan zu seinem Rad zurück und schob es den Deich hinauf.
Mist!, dachte er, während er über den Feldweg zurückfuhr. Jetzt kennen sie mich. Ach, egal! Eingreifen musste ich. So ein Lumpenpack! Betrinkt sich und macht Terror. Dass ich zu Gaby gehöre, wissen sie trotzdem nicht.
Ein paarmal sah er sich um. Niemand folgte ihm.
Während er weiterradelte, kam ihm eine tolle Idee. Frechheit siegt, dachte er und hielt auf das Hansen-Haus zu.
Vor der Hautür stieg er ab.
Frau Hansen war jetzt im Gemüsegarten. Sie trug Gummistiefelund stocherte zwischen irgendwelchen Gewürzkräutern herum.
»Guten Tag!«, rief Tarzan und strahlte vor Freundlichkeit. »Sie sind Frau Hansen, nicht wahr? Dirk schickt mich. Er bleibt noch am Strand, aber er hat mir die Zeitung geschenkt. Die Samstagausgabe vom KREISBOTEN.«
Die Frau hatte sich aufgerichtet und sah ihn misstrauisch an – allerdings nur mit so viel
Weitere Kostenlose Bücher