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Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Titel: Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meik Eichert
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verbracht. Er konnte sich also nach La Réole doch noch aufraffen, ein ordentliches Stück Strecke unter die Pedalen zu nehmen.
     
    Bei milden Temperaturen saßen wir draußen bis es dunkel wurde, die mächtige Mauer unterhalb der Kirche ist seit der Dämmerung in ein warmes gelbes Licht getaucht, ein stimmungsvolles Bild. Während Melinda sich bereits ins Bett verabschiedet hat, vervollständige ich bei einem letzten Schluck Rotwein die Notizen des Tages. Endlich kommt meine Stirnlampe mal zum Einsatz!
     
    Mit mehr Rotwein wäre ich sicher noch länger sitzen geblieben. Gut dass keiner mehr da ist! 23:30 Uhr, so spät war es schon lange nicht mehr. War es überhaupt schon einmal so spät? Ich weiß es nicht. Aber schön war’s. Nun gut, die ersten Kilometer vielleicht etwas weniger. Ein gutes Dutzend Mückenstiche erinnern mich daran.
     
    Ein Wort noch zur Kirche. Sie unterscheidet sich sowohl durch ihre kompakte Form außen als auch durch ihr beinahe orientalisch anmutendes Innenleben deutlich von den meisten anderen Kirchen, die ich bisher gesehen habe. Interessant. Ich denke noch darüber nach, wie der Weg sich wohl in Spanien verändern wird. Melinda sagte, dass er dort einen völlig neuen Charakter bekommt, und es natürlich mit der Ruhe und Einsamkeit vorbei sein wird. Ich bin bereit! Und meine Neugierde wächst... .
     

                                            Kathedrale von Bazas

Tag 53, Roquefort – Mont-de-Marsan 32 km
     
    Mit einer lange nicht da gewesenen Trägheit startet e ich in den Tag. Ich Hornochse hatte gestern vergessen, mir was zum Frühstücken mitzubringen. Eine Banane, ein Rest Käse und etwas Milch war alles, was ich noch hatte. Auf Kaffee musste ich verzichten. Dass ich deshalb gleich so durchhängen würde, hätte ich jedoch nicht gedacht. Mühsam schleppte ich mich aus dem Städtchen hinaus wieder hinein in den Wald. Der Rucksack war schwer wie lange nicht mehr, und das, was mein Körper zuletzt so spielend mitgemacht hat, wollte er mir heute am liebsten verweigern – gehen! Die Gegend, die Natur, der Wald war mir alles egal, ich war ausschließlich mit meinem (physischen) Ballast beschäftigt. Entsprechend lahm war ich auf den Beinen, musste mich förmlich zu jedem Schritt zwingen. Ein Platz für eine Pause – Fehlanzeige, aber ohne was Anständiges zu Essen wär’s sowieso nutzlos gewesen, wäre eher danach noch schlechter aus den Puschen kommen. Ein bisschen Abwechslung bot mir wenigstens eine in der Nähe stattfindende Flugschau. Erst war sie nur zu hören, später sah ich ganze Kunstflugstaffeln, Düsenjets und eine unter dumpfem Lärm fliegende riesige Propellermaschine.
     
    Endlich, nach 20 Kilometern widerwilligstem Marsch, landete ich in Bouge und lief direkt auf eine geöffnete Bar zu. Innerlich röchelnd bestellte ich mir einen Kaffee und griff gierig nach dem frischen Baguette auf dem Tresen. Auf der schmucklos gekachelten Sonnenterasse ließ ich mich in einen Plastikstuhl sinken und genoss den Kaffee, wie ich lange keinen Kaffee mehr genossen habe. Auch das trockene Baguette schmeckte vorzüglich. Mein ganz persönliches Königsfrühstück am Mittag! Nach einer Viertelstunde kam auch Melinda dazu. Komisch, ich hatte sie unterwegs gar nicht gesehen, obwohl sie früher gestartet war. Sie gesellte sich auf eine Tasse Kaffee zu mir, ging danach aber direkt weiter. Sie fühlte sich topfit! Ich hingegen brauchte noch einen Kaffee und wollte erst das Baguette bis auf den letzten Krümel vertilgen. Wohlwollend nahm ich anschließend zur Kenntnis, dass sich von Minute zu Minute mehr Lebensgeister bei mir zurückmeldeten. Um die letzten Kilometer bis Mont-de-Marsan machte ich mir nun keine Sorgen mehr.
     
    Es war etwa 13 Uhr, als sich binnen kürzester Zeit plötzlich eine große Menschenmenge um die Bar versammelte. Eine Blaskapelle sorgte für zünftige Musik. Keine Ahnung, wo die alle herkamen. Nebenan waren ein Zelt und eine winzige Kirmes aufgebaut. Scheinbar fiel gerade der Startschuss für das örtliche Volksfest. Die meisten Leute, überwiegend älteren Semesters, hatten sich ordentlich in Schale geworfen. Bei warmen Temperaturen saßen sie in der prallen Sonne und pfiffen sich einen Pernod bzw. Ricard nach dem anderen rein. Das kann ja lustig werden, dachte ich... . Hätte es ein Bierrondell mit frisch gezapftem Gerstensaft gegeben, ich weiß nicht, ob ich heute meinen Weg noch fortgesetzt hätte. Nur 100 Meter weiter befand

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