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Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Titel: Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meik Eichert
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mitgegeben. Sie macht einen sehr sympathischen Eindruck auf mich. Seit Puente la Reina sind Eileen und Torsten zusammen unterwegs und es sollte mich wundern, wenn Torsten sie auf diesem Weg noch einmal alleine gehen lässt. Sein strahlender Gesichtsausdruck verrät mir, dass Eileen genau der Typ Frau ist, den er sich für den Camino gewünscht hat. Sprachlich übertrumpft sie ihn sogar noch um eine Fremdsprache, sie kommt auf 5! Deutsch gehört dazu. Wird es für die beiden vielleicht gar ein Camino Amore? Es ist ja noch ein Stück bis Santiago... .
     
    Ich beende vor den beiden meine Pause und gehe allein weiter, logisch! Ihre Mienen wollte ich sehen, wenn ich mich ihnen einfach anschließen würde. Nee, so was mache ich nicht! Mir wird es auch allein nicht langweilig, es bleibt das pure Vergnügen! Schnell schließe ich zu Heidi auf, die auf dem Berg scheinbar unbemerkt an uns vorbeigehuscht ist. Bei ihr macht sich langsam ein leichter Substanzverlust  bemerkbar. Sie will in San Nicolás de Puente Fitero bleiben, einer Kapelle, die gleichzeitig Schlafraum für Pilger ist. Ein romantischer Platz mitten im Grünen, aber ohne jede Versorgungsmöglichkeit. Die beiden „Schweiger“ sind auch schon hier eingekehrt. Ich habe immer noch nicht genug. Nach einer kalten Tasse Tee, die mir die Hospitalera freundlicherweise reicht, setzte ich abermals meinen Weg fort. An einer historischen Sehenswürdigkeit, der Brücke über den Rio Pisuerga hält ein Bus mit deutschen Touristen. Ich ignoriere sie, um bloß nicht angesprochen zu werden. Es gelingt, ungeschoren komme ich durch die Gruppe, keiner will mich fotografieren. Aber es sind ja auch keine Japaner.
     
    Beinahe ohne Kraftverlust und Müdigkeit komme ich am frühen Abend in Boadilla del Camino an. Ein unscheinbarer Ort mit phantastischer Albergue, die um diese Zeit natürlich schon ziemlich voll ist. Ein gepflegter großer Garten, Swimmingpool, Terrasse, Bar und Restaurant vermitteln eher den Eindruck einer Hotelanlage. Mit Badehose und Bikini bekleidet aalen sich viele Pilger auf der großen Liegewiese. Heute passt einfach alles zusammen! Ich belohne mich für den Tag mit einem Einzelzimmer (gegen Aufpreis). Jetzt in dem großen Schlafsaal eines der letzten freien Betten zu belegen, mag ich mir nicht antun. Der separate Bereich mit den Einzel- und Doppelzimmern ist im spanischen Landhausstil eingerichtet, das Zimmer klein und gepflegt mit Blick auf den Garten – eine gute Entscheidung! Selten hat mir ein Bier besser geschmeckt als heute. Genüsslich lasse ich den goldenen Saft, am Rande des Swimmingpools sitzend, unter den letzten Sonnenstrahlen dieses sagenhaften Tages durch meine Kehle laufen. Will nun zusehen, dass ich langsam wieder runterkomme von meinem Höhenrausch, damit ich einen möglichen tiefen Fall morgen vermeide. Solche Tage wie heute können nur eine Ausnahme sein. Kann gar nicht glauben, fast 50 km zurückgelegt zu haben und mich trotzdem so fit zu fühlen. Ein lebendiger Traum!
     
    Beim Abendessen mache ich Bekanntschaft mit 3 weiteren Kanadiern aus Alberta, Ontario und Quebec, alle sehr locker und aufgeschlossen, wie man das von Nordamerikanern kennt. Ist wohl so eine Art Canada-Day heute. Auch Eileen und Torsten sind zwischenzeitlich angekommen. Mit ihnen trinke ich nach dem Essen auf der Terrasse noch ein paar Bierchen. Um kurz nach 22 Uhr ist kein Pilger mehr da, alle haben sich in ihre Betten verkrochen. Ich bin allein und gebe mit einem letzten Humpen Bier im dezent beleuchteten Garten dem Tag einen würdigen Abschluss. Geht’s noch besser? Wohl kaum. Ich habe immer noch das Gefühl, nicht genügend Superlative bemüht zu haben, aber das kann eigentlich nicht sein. Dieser Tag wird für lange Zeit seinesgleichen suchen, so schön, so intensiv, so unbeschreiblich er trotz aller Beschreibungsversuche war. Es ist jedem zu wünschen, ähnliches einmal selbst zu erleben.
     
    Unter dem gleichmäßigen Zirpen der Grillen verschwimmen die Bilder des Tages langsam, bevor die Leere des Schlafs mich verschluckt… .
     
     

      Hinter dieser Kapelle in Rabé begann der magische Tag…
     
     
     
     
     
     
     
     

Tag 69 , Boadilla – Carrión de los Condes 25,5 km
     
    Willkommen zurück im Pilgeralltag! Gut ausgeruht, aber wieder auf dem Boden angekommen, brach ich als letzter Pilger von der Albergue auf. Ich hatte nicht einen von den anderen gesehen. Wer weiß, wann die schon losgegangen sind. Mit meinen Gedanken beim gestrigen Tag und dem

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