Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)
Einstellung, die Balance finden, um sich nicht ständig von diesen Gedanken dominieren zu lassen. Wie sie selbst sagt, sieht sie sich auf einem guten Weg, ist inzwischen viel gelassener geworden. Der Weg lehrt sie, die Dinge mehr auf sich zukommen zu lassen. Ich bestärkte sie darin und erzählte ihr von meinen vielen schönen Erfahrungen auf dem Camino. Ich bin sicher, wenn sie nicht ständig nach ihrem Traummann sucht, wird er ihr eines Tages ganz von alleine über den Weg laufen. Sie wird ihr Glück finden, das geht gar nicht anders! Heidi ist so eine Liebe, ihr zukünftiger Mann kann sich glücklich schätzen, wenn er sie gefunden hat.
Unterwegs lockerten sanfte Hügel und ein paar Baumgruppen die Landschaft auf. Von einer Wiese winkten uns Eileen und Torsten zu, die dort ein Picknick machten. Heidi meinte sofort, die beiden gäben ein tolles Paar ab. Ihr Lieblingsthema sind Liebesgeschichten auf dem Camino. Ich bin sicher, am meisten wünscht sie sich ihre eigene. Es passte zum Thema, dass wir bald darauf eine kleine Oase im Grünen erreichten, die als SB-Verpflegungsstation mit Getränken, Obst, Müsliriegeln und einigen anderen Sachen bestückt war. Hier begann vor einigen Jahren eine Liebesgeschichte zwischen einem Pilger und einer Pilgerin. Als Andenken an das gemeinsam gefundene Glück haben die beiden diesen für sie so besonderen Ort als Pausen- und Begegnungsstätte für andere Pilger hergerichtet. In einem Buch steht die schöne Geschichte niedergeschrieben, einige Tafeln mit netten Sprüchen markieren den Ort, den bei Dunkelheit durch Laternen und Kerzen eine kuschelige Atmosphäre umgeben soll. Eine tolle Idee und ein Dank an den Camino, verbunden mit dem Wunsch, dass es noch vielen anderen genauso gehen möge. Hätte Heidi den „richtigen“ Mann dabeigehabt, hätte sie hier ihre eigene Love-Story beginnen können. Schade! Sie schwelgte so richtig in romantischen Gefühlen. Ich musste an Eileen und Torsten denken, die später auch hier vorbeigekommen sind. Vielleicht haben sie ja den besonderen Zauber dieser kleinen Glücksoase auf sich bezogen... . In San Nicolás del real Camino beendete Heidi ihren Tagestrip. Da ich denke, dass es besser ist, sie nicht für andere „nachhaltigere“ Begegnungen zu „blockieren“, womöglich im Weg zu stehen, zog ich es vor, noch eine Station weiterzugehen. Außerdem hatte ich ja noch eine Verabredung mit einer anderen Frau, Wiebke. Immerhin ist heute unser 6. Hochzeitstag, da ist ein Telefonat das Mindeste! Die Blumen sind hoffentlich auch angekommen… .
Bis auf eine abgelegene alte Klosterkirche hielt der Weg bis Sahagún keine Highlights mehr bereit. Ich würde mich total freuen, wenn ich Heidi in den nächsten Tagen mit einem „vielversprechenden“ Mann an ihrer Seite noch einmal wiedersehe. Mal abwarten. Die Albergues in Sahagún sagten mir so gar nicht zu, mir gelüstete nach einem Einzelzimmer. In einem günstigen Hostal wurde ich fündig. Einfach, sauber, okay, und mit der Aussicht auf ruhigen Schlaf. Der Ort erschien mir anfangs hässlich, gab aber bei genauem Hinsehen doch eine ganze Reihe netter Eckchen und Fleckchen preis. Ich ertappe mich gerade dabei, wie ich mir die Angewohnheit der Verniedlichung von Wörtern zu Eigen mache, so wie es die Spanier hier mit ihren Städtenamen tun. Die nennen sie zum Beispiel Sträßchen der Mönchlein. Allerliebst!
Besonders die Kirchen in Backsteinbauweise mit arabischen Elementen und originellen Türmen stechen in Sahagún ins Auge. In die eindrucksvollste von ihnen wurde ich exklusiv von einem älteren Herrn hineingelassen. Die mich umgebende Ruhe nutzte ich und reiste gedanklich 6 Jahre zurück auf die Malediven, um die traumhafte Hochzeitszeremonie von damals vor meinem geistigen Auge ablaufen zu lassen. War das schön! Ich würde es jederzeit wieder genauso tun. Anschließend rief ich Wiebke an und sagte ihr, sie solle meinen Rückflug von Santiago für den 10.07. buchen. Das müsste zeitlich locker hinhauen, Finisterre inklusive. Keine 3 Wochen mehr! Heidi sehnt meine Rückkehr mehr herbei als ich selber, das glaube ich deutlich zu spüren. Mir wäre hingegen lieber, sie würde hierher kommen.
Erstmals überhaupt, seit ich auf dem Camino bin, habe ich dem World Wide Web einen Besuch abgestattet, aber ausschließlich, um im Blog von Ludger zu schauen, wie es ihm ergeht. Er hatte noch mit ein paar Problemen und Beschwerden zu kämpfen, aber inzwischen geht es ihm besser und er kommt
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