Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)
ich mich schon von den typisch städtischen Erscheinungen wie Menschenmengen, Verkehr, Lärm und Abgasen entwöhnt habe. Es störte einfach alles. Na gut, nur fast alles. In der Fußgängerzone fuhren wenigstens keine Autos und mit einem kühlen Weißbier in der prallen Nachmittagssonne sah die Welt gleich noch etwas freundlicher aus. Es waren tausende Leute an diesem Nachmittag auf den Beinen und es war mir eine Freude zu beobachten, wie sie an mir vorbeizogen. Menschen mit den unterschiedlichsten Facetten. Bei manchen wünschte ich mir unweigerlich, mal einen Blick „hinter die Kulissen“ werfen zu können. Rein äußerlich ist mir aufgefallen, dass sehr wenige wirklich dicke Menschen unterwegs waren, viel weniger jedenfalls, als es mir sonst normal erscheint. Vielleicht isst und lebt man in Trier ja gesünder als im Bundesdurchschnitt!?
Nach weit mehr als einer Stunde habe ich meinen Logenplatz verlassen um mich mit Porta Nigra, Dom und Liebfrauenkirche weiteren Sehenswürdigkeiten zuzuwenden. Trier gehört sicher zu den schöneren deutschen Städten, und doch bin ich froh, wenn ich morgen wieder ländlichen Boden unter die Füße bekomme. Ich habe mich von meinem ursprünglichen Vorhaben gelöst, in Trier einen längeren Stopp einzulegen. Erstens wird’s mit meinen Schochen langsam besser, eine medizinische Fußpflege erachte ich keineswegs mehr für notwendig, und zweitens schöpfe ich lieber an einem ruhigeren Ort direkt vor dem Grenzübertritt Kraft für die erste Tagesetappe in Frankreich.
Mein Quartier für heute stand bereits vor Reiseantritt fest. Die Mutter meiner Schwägerin Clarissa und ihr Lebensgefährte gewähren mir „Asyl“ für die Nacht. Da es fast 10 km aus Triers Innenstadt bis zu deren Haus sind, nahm ich den Bus, um hierhin zu gelangen. Meinen „Begleiter“ Herr Schwermut vom Morgen hatte ich glücklicherweise im Laufe des Tages abschütteln können.
Einen gemütlichen Abend im privaten Kreis haben wir miteinander verbracht, viel gequatscht. Clarissa ist das Wochenende auch zu Besuch. Gleich ist schon Mitternacht.
Eigentlich müsste es bald mal regnen, der Boden ist inzwischen fürchterlich trocken...
Tag 10, Trier - Mannebach 21 km
Nach einem gemeinsamen F rühstück wurde ich von Clarissa zur Porta Nigra gebracht, wo ich meine gestrige Etappe beendet hatte. Ich kam gleich gut in die Puschen. Der Pilgerweg führte mich zunächst ein ganzes Stück durch Trier, wo ich die Benediktinerabtei St. Matthias mit dem Grab des gleichnamigen Apostels besichtigte, bevor ich am Ufer der Mosel langsam die Stadt hinter mir ließ. In Konz warf ich einen kurzen Blick auf das ehemalige Kartäuserkloster, bis ich nach einigen weiteren Kilometern mit der Überquerung der Saar endgültig wieder ins Grüne gelangte. Ich wurde vom Gezwitscher der Vögel empfangen, die mich scheinbar willkommen heißen wollten. Eine angenehme Leere begleitete mich, keine Gedanken ergriffen Besitz von mir, um mir womöglich aufs Gemüt zu drücken. Ich durfte gemütlich vor mich hin pfeifend einfach nur den Weg genießen. Selbst das Drücken der noch immer vorhandenen Blasen registriere ich kaum noch.
Erst nach etwa 15 km irgendwo zwischen Konz und Tavern legte ich eine Pause ein. Die Landschaft war recht flach geworden, im Wald hinter mir gaben ein paar Spechte ordentlich Klopfzeichen, während die Bäume inzwischen kräftig grünten. So ließ es sich aushalten. Da störte es mich auch nicht weiter, dass es im Anschluss den Metzenberg hinauf etwas anstrengender werden sollte, so jedenfalls der Wortlaut meines Büchleins.
Die Macher meiner hilfreichen Lektüre scheinen den Begriff ‚Anstrengung‘ scheinbar anders zu definieren als ich. Jedenfalls habe ich von Anstrengung nicht ansatzweise etwas gespürt. Ein Genusslauf wurde der weitere Weg, die angenehme Leere entwickelte sich zu einer absoluten Hochstimmung. „Oh, wie ist das schön...“, mit diesem in Fußballstadien gern angestimmten Freudengesang ließ sich mein Gemütszustand am besten beschreiben. Hinter dem Kleinstädtchen Tavern ging es durch traumhaften Buchenwald zum Metzenberg, sogar das Bergauflaufen machte heute richtig viel Spaß. Oben erwartete mich eine altrömische, teilweise rekonstruierte Ausgrabungsstätte, bevor es vorbei an Streuobstwiesen, Feldern und einem weiteren Buchenwäldchen wieder hinunter ging, in das kleine Dorf Mannebach.
Und von dort ging es kein Stück mehr weiter!! So einen schönen
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