Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)
Biergarten wie hier werde ich nämlich garantiert in der nächsten Zeit nicht wieder geboten bekommen. Das Beste: Brauhaus, Biergarten und Hotel bilden eine Einheit, so dass ich gleich einchecken konnte und nach Körper- sowie Klamottenpflege frisch geduscht vor einem frisch gezapften Mannebach-Bräu saß. Hmmm, war das lecker. Pilgerherz, was willst du mehr? Es war erst 16 Uhr, die Sonne schien und genügend Bier, um meinen Durst zu löschen, war auch da. Ich beschloss, mich erst zum Schlafen wieder von meinem Platz zu erheben.
Dieses Plätzchen hat definitiv die Qualität zu einem Top-Kurzurlaubsziel. Auch die Zimmer sind super-geschmackvoll eingerichtet und das alles zu einem absolut vernünftigen Preis-Leistungs-Verhältnis. Die schöne Umgebung tut ihr Übriges dazu. Ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass es vor meinem Grenzübertritt nach Frankreich jemand noch mal so richtig gut mit mir meint. Tiefe Dankbarkeit überkam mich, ich genoss den Zauber des Augenblicks und konservierte dabei die innere Leere, die mich so angenehm erfüllte.
Um nicht zu viel zu trinken, unterbrach ich meinen Biergartenaufenthalt doch und zog mich für knapp 2 Stunden auf mein Zimmer zurück, Sportschau gucken. Eigentlich eher beiläufig dachte ich daran, dass Samstag ist und Fußball lief. Klar, dass ich mir das so kurz vor Saisonende noch einmal anschauen wollte, bevor ich das Land verlasse. So erlebte ich, wie sich der FC Bayern in Stuttgart sang- und klanglos aus dem Meisterschaftsrennen verabschiedet hat. Die Mannschaft untermauerte den Eindruck, den man schon die ganze Spielzeit von ihr gewinnen konnte – blutleer, ohne Herz, ohne Leidenschaft und ohne Seele. Da bedarf es eines radikalen Schnitts, um zur nächsten Saison wieder eine schlagkräftige Truppe auf dem Feld stehen zu haben. Meister wird in diesem Jahr der FC Schalke 04, wenn er nicht wieder mal an seinen Nerven scheitert. Kein anderes Team inklusive des Umfelds ist so heiß auf den Titel, ja, lechzt förmlich danach wie das königsblaue. Sollte es tatsächlich so kommen, muss man nur Angst vor einem Erdbeben im Ruhrgebiet haben. Seismologen sollten mal die Erschütterungen messen, die von einem Schalker Erfolg ausgelöst würden. Vielleicht registriere ich sie ja sogar in Frankreich noch. Ein Selbstgänger wird es dennoch nicht, denn Bremen (sowieso) und nach diesem Wochenende auch Stuttgart darf man im Kampf um den Titel wohl nicht abschreiben. Auch sie haben die Leidenschaft, bis zum Schluss alles für die Schale zu geben. Schalke scheint mir aber dieses Jahr gefestigt genug zu sein, um das ungeliebte „50. Jubiläum“ ohne Meisterschaft noch abwenden zu können. Also doch noch einmal Fußball. Werde sicher irgendwann unterwegs gewahr, wie das Titelrennen am Ende ausgegangen sein wird... .
Nach der Sportschau war der Durst so groß, dass ich mich sofort wieder in den Biergarten verlagerte, wo ich auf einen Pilger aus Dellbrück traf, der sich ebenfalls Mannebach für sein Nachtquartier ausgewählt hat. Er ist heute seine erste Etappe von Trier gelaufen, wird eine Woche unterwegs sein und den Weg in mehreren Abschnitten über die nächsten Jahre fortsetzen. Es gibt scheinbar nicht ganz so viele Verrückte, die den Weg in einer Tour laufen.
Mit Joachim, so heißt meine heutige Pilgerbekanntschaft, verstand ich mich auf Anhieb gut und so tauschten wir bei leckerem Essen und noch einigen Bierchen bis
23 Uhr ein e Menge Pilgerlatein aus. Joachim ist ein ruhiger, zurückhaltender Mensch. Mit seiner Kirchengemeinde, in der er aktiv ist, hat er schon die eine oder andere Pilgerreise bzw. Wallfahrt unternommen. Der Jakobsweg nach Santiago ist aber auch für ihn Neuland.
Bevor dieser rundum gelungene Tag zu Ende ging, trafen wir kurz auf den Inhaber des Hauses. Mit einem Braudiplom in der Tasche hat er aus einer ehemals einfachen Dorfgaststätte dieses herrliche Brauhaus nebst Hotel aufgebaut. Ein gutes Beispiel, was möglich ist, wenn man Visionen hat und etwas unbedingt erreichen will. Was heißt das für mich? Natürlich kann ich Santiago erreichen… !
Tag 11, Mannebach - Perl 31 km
War total überrascht. Meine Hochstimmung des gestrigen Tages hielt unvermindert an. Passend dazu startete der Tag mit einem sensationellen Königsfrühstück, von dem ich mich erst nach über einer Stunde lösen konnte. Joachim war diesbezüglich wesentlich flotter, startete fast eine Stunde vor mir. Absprachen
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