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Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Titel: Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meik Eichert
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sagen, dass es enttäuschend war, aber gregorianisch waren die vorgetragenen Gesänge nicht. Da hatten wir uns alle mehr versprochen. Unabhängig davon war es eine entspannende halbe Stunde. Ausklingen ließen wir den Tag mit einem gemeinsamen Abendessen, heute mal nicht das klassische Pilgermenü. Der Abend wurde so kühl, dass wir uns später nach drinnen begeben mussten.
     
    Zu dem Tag ist ansonsten alles gesagt. Eine Steigerung der visuellen Reize ist ab sofort vermutlich nicht mehr zu erwarten. Ich schätze auch, meine Aufnahmekapazität ist bald erschöpft. Der Camino hat schon jetzt so viel mehr geboten, als ich mir das vorher jemals erträumt habe - in jeder Hinsicht. Ich freue mich nun einfach nur noch auf ein paar ganz relaxte Tage und schaue dann, was in Santiago „passiert“. Für heute Nacht hoffe ich erst mal nur auf möglichst wenige Schnarchnasen. Die „Hütte“ ist fast voll.
     
     

    Lauschiges Schlafzimmer mit viel Privatsphäre - die Herberge von Samos
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

Tag 79, Samos - Ferreiros 24,5 km
     
    Ich komme inzwischen immer besser mit den vi elen Mitschläfern in einem Raum klar. Ausdünstungen und Gerüche? Egal! Geschnarche? Egal! Einfach Schlafsack über die Ohren, Schalter umlegen, schon geht’s. Am Morgen ein gepflegtes Frühstück wäre natürlich angenehmer als in der verbrauchten Luft trockenes Gebäck zu essen und Milch oder Saft zu trinken, aber ich muss vor dem Gehen einfach was zu mir nehmen, sonst komme ich nicht auf Touren. Ein Geheimnis gibt‘s, damit einem beim Frühstück in den Schlafsälen der Bissen nicht im Halse stecken bleibt. Das mit dem Essen klappt wirklich nur dann, wenn man vorher den Raum nicht verlassen hat. Andernfalls geht gar nichts mehr! Das ist teilweise echt krass, was einem da in den Riechkolben zieht. Ich wundere mich immer noch, dass bisher keiner unter akuter Atemnot zu leiden hatte. Gut, dass viele Herbergen einen Aufenthaltsraum haben, da schmeckt es gleich besser. Wenn es nicht anders geht, setzte ich mich auch schon mal vor die Tür zum Essen. Am frühen Morgen zählt wirklich nur die simple Nahrungsaufnahme. Der erste Kaffee im nächstbesten Ort ist dann wie ein Fest. Die ersten Schritte gegangen, dabei frische Morgenluft geatmet und dann hinein in eine warme Gaststube, in der der Duft frischer Kaffeebohnen die Nase umschmeichelt. Spätestens dann sind alle meine Geruchsinne wieder versöhnt.
     
    So auch heute. Startete meine Wanderung alleine, die anderen waren schon weg. Das Wetterphänomen, was gestern in O Cebreiro und dahinter Begeisterungsstürme bei mir ausgelöst hatte, sorgte heute dafür, dass ich aufgrund der Tal-Lage von Samos unter der Nebeldecke gehen „musste“. Na ja, es gibt wahrhaftig Schlimmeres. Aber auch an Samos sieht man, wie das Wetter die Wahrnehmung beeinflusst. In der Sonne wunderschön, war das Kloster im grauen Einerlei der Nebelschwaden kaum mehr als ein riesig dimensioniertes, austauschbares Gebäude. Ich hatte wirklich bisher ein wahnsinniges Glück, auf den landschaftlich reizvollsten Etappen das jeweils perfekte Wetter zu haben. Je mehr ich darüber nachdenke, desto klarer wird mir das. Ich habe allen Grund, dankbar zu sein – für jeden Tag!
     
    Wälder, Bäche, Weiden und viele, viele urig kleine Dörfchen charakterisieren kurz und treffend die ersten Kilometer des Weges. Wenn man dort einen Film drehen würde, die Menschen wegließe und behauptete, das sei nicht die Erde, man könnte es fast glauben. Aguaida heißt die Siedlung, in der ich mir das Fest des ersten Kaffees gönnte. Ela hatte etwas vor mir die gleiche Idee und trank aus „Solidarität“ einen zweiten, statt weiterzugehen. Das machten wir danach gemeinsam. Sanfte Hügel ersetzten nun die Berge. Im stetigen Auf und Ab „glitten“ wir bei nun wieder herrlichem Sommerwetter über schmale Trampelpfade und alte Hohlwege durch diese so andere Welt. Eine Welt, in der fast ausschließlich Landwirtschaft die Grundlage für den bescheidenen Lebensunterhalt der Menschen bildet. Bei allem Zauber darf man nicht vergessen, dass dieser Teil Spaniens einer der Ärmsten ist. Ruhestand werden die Leute nicht kennen. Viele von ihnen sind über 80 Jahre alt und immer noch am Arbeiten, auf dem Feld, im Garten oder im Stall – mit Geräten, für die wir in Deutschland Eintritt bezahlen, um sie im Museum betrachten zu können.
     
    Mich würde interessieren, wie die galizischen Dorfbewohner denken, wie zufrieden

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