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Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Titel: Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meik Eichert
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etwas angeschwollen, aber das halte ich nach einem langen Tag wie diesem für normal.
     
    Den Abend verbrachte ich kochend, essend und spülend in der Küche. Beim vorherigen Einkauf waren die Augen größer als der Hunger, so pappsatt und vollgefressen war ich schon lange nicht mehr. Eigentlich müsste ich einen Verdauungsspaziergang machen, aber es hat wieder zu regnen angefangen. Einen Verdauungsschnaps habe ich leider auch nicht zur Hand. Selbst schuld! In Ermangelung an Alternativen haue ich mich also aufs Ohr und hoffe trotz ungemütlichen Bettes auf guten Schlaf.
     
     

                 Französische „Vorgartenidylle“
     
    Tag 36, Châteaumeillant – Neuvy-Saint-Sépulcre 37,5 km
     
    Die Nacht war so lala. Am unangenehmsten war es, zwei Mal durch den langen kalten Flur zur Toilette zu rennen. Ich brauchte danach jeweils eine halbe Stunde, um wieder einzuschlafen.
     
    Als ich aufstand, sah ich wenig erfreut, dass das Wetter sich weiter verschlechtert hatte. Stürmische Winde trieben den Regen waagerecht über den See. Es war kalt und garstig, unter normalen Umständen setzt man da gar nicht erst einen Fuß vor die Tür. In jeder halbwegs netten Unterkunft hätte ich wahrscheinlich einen Verlängerungstag eingelegt und wäre gleich im Bett liegen geblieben, nicht hier. Also stieg ich hinein in die nassen Schuhe und meine über Nacht klamm gewordenen Klamotten, warf den Poncho über und stürzte mich entschlossen hinaus ins Sauwetter. Irgendwie muss ich doch einen an der Waffel haben. Daheim wartet ein gemütliches Haus und eine Frau, die ich sehr vermisse und ich schleppe mich hier von einem einfachen Quartier zum nächsten. Und das freiwillig, so auch heute wieder. Eine rationale Erklärung gibt es dafür wohl nicht. Ich wundere mich ja selber, besonders über diese besondere Form des Glücksempfindens, welches mir der Weg allen Widrigkeiten zum Trotz immer wieder schenkt. Ich schätze, begreifen kann das nur, wer ihn selbst geht, bzw. ähnlich verrückte Dinge macht.
     
    Ich nehme es vorweg, der heutige Tag entwickelte sich zu einem echten Härtetest, Glücksgefühle blieben Fehlanzeige. Purer Wille hielt mich am Laufen. Der Regen kam von überall, steifer Gegenwind peitschte ihn mir meist direkt ins Gesicht, es war fies wie nie. Durch die Nässe waren meine Füße bald aufgeweicht wie Schwämme, die feuchten Socken scheuerten wie Reibeisen an meinen Zehen. Kurz, es war schrecklich!
     
    Von meiner Umgebung nahm ich kaum etwas wahr. Ich stapfte wie mechanisch vor mich hin und fraß einen Kilometer nach dem anderen. Trotz aller Bemühungen, schöne Gedanken wollten nicht aufkommen. In Lacs, einem kleinen Ort auf dem Weg, traute ich meinen Augen kaum. Es gibt tatsächlich Menschen, die an einem solchen Tag im Freien einen Flohmarkt veranstalten. Auf durchgeweichten Böden hatten sie ihre Decken ausgebreitet und boten ihren Ramsch zum Verkauf an. Viele standen ohne schützendes Dach nur mit einem Regenschirm bewaffnet vor ihrem Trödel und bibberten vor Kälte. Sorry, aber die haben ja echt noch einen größeren Knall als ich! Ich laufe wenigstens, da wird es mir zumindest nicht kalt. Oder haben die kein Zuhause? Verkaufen taten sie eh’ nichts. Die wenigen Besucher, die sich tatsächlich auf den Flohmarkt verirrt hatten, standen unter den schützenden Dächern der Fress- oder Getränkebuden. Eine Gruppe junger Männer hatte scheinbar einen Riesenspaß an meiner Person. Jedenfalls lachten sie sich schlapp, als einer von ihnen etwas in meine Richtung rief. Ich gönnte ihnen die Freude aus vollem Herzen! Wahrscheinlich sah ich ja auch aus wie eine Witzfigur.
     
    Das war sie aber auch schon, die einzige Abwechslung des Tages, noch bevor ich in La Châtre ankam. Grau und trostlos präsentierte sich die Stadt, es war Mittag, alle Läden hatten geschlossen und die Menschen die hier leben, hielten sich verständlicherweise nicht im Freien auf. Ich glaube, es gibt Tage, an denen die Altstadt richtig ansprechend auf seine Besucher wirkt, nicht aber heute. Ich ließ die Stadt ohne Pause hinter mir, kurzzeitig aufkommende Gedanken, mir hier ein Quartier zu suchen, verwarf ich sofort wieder. Ich war einmal nass, also konnte ich auch weitergehen, außerdem war es noch früh am Tag, was sollte ich da in irgendeinem Zimmer hocken. Nein, ich hielt Weitergehen für die bessere Alternative, obwohl es keinen Spaß machte.
     
    Zu allem Überfluss führten mich die Wegmarkierungen im weiteren Verlauf über

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