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Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Titel: Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meik Eichert
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muss, ich bin da jedenfalls mit mir im Reinen.
     
    Während ich mich mit dieser Seite meiner Persönlichkeit befasste, zog eine im Vergleich zu gestern Nachmittag kaum veränderte Landschaft an mir vorbei, hoher Genussfaktor inklusive. Bei aufkommender Hitze und steiler werdenden Anstiegen geriet ich erstmals seit Tagen wieder richtig ins Schwitzen, das Gehen ist halt manchmal auch ein Stück weit Arbeit. Nach etwa 15 km war es eigentlich an der Zeit, eine Pause einzulegen, es fehlte schlicht der adäquate Ort hierfür. Entweder störte die pralle Sonne oder im zumeist dichten Gebüsch am Wegesrand fehlte die passende Sitzgelegenheit, der Boden war leider zu feucht. Ruhebänke, auch an Wanderwegen, sucht man in Frankreich häufig vergeblich. Es nützte alles nichts, ich marschierte weiter, legte Kilometer um Kilometer zurück. Als ich einen rund 1,5 km langen Anstieg durch Matsch und Geröll hinter mich brachte, der an manchen Stellen durch den Regen der vergangenen Tage einem Wildbach glich, wurde es endgültig Zeit. Ich war richtig erschöpft. Aber zur ersehnten Pause musste ich weiter warten, bis ich fast 25 Tageskilometer zurückgelegt hatte.
     
    Die Naturmauer über einem kleinen Bach in dem wunderschönen Tal bei Lussac gab mir endlich Gelegenheit, für eine halbe Stunde (oder länger?) alle Viere von mir zu strecken und etwas durchzuatmen. Dazu ein kühles Weißbier..., das wär’s gewesen!
     
    Die schnelle Regenerationsfähigkeit meines Körpers ist ein neuer Aspekt, der mich überrascht. Als ich den Weg fortsetzte, war beinahe alle Müdigkeit aus meinen Beinen verflogen. Trotzdem war ich froh, wenig später Saint-Léonard-de-Noblat zu erreichen, wo ich schnell eine Oase der Ruhe in Form einer netten Pension fand - meine heutige Unterkunft. Das freundliche Betreiberehepaar ist auf Pilger eingerichtet und konnte mir ein individuell mit Antiquitäten möbliertes Zimmer zur Verfügung stellen. Der Ort verdankt übrigens seinen Namen dem heiligen Léonard (wer auch immer das ist), dessen Leichnam in der großen UNESCO-geschützten Kirche begraben liegt. Außer zu einem Bummel durch die hübsche Altstadt und dem Abendessen (mal wieder eine dicke Pizza) habe ich mein Refugium nicht mehr verlassen, genoss stattdessen das Alleinsein im grün wuchernden Hinterhofgärtchen bis zum Einbruch der Dunkelheit und beobachtete die Vögel bei ihren waghalsig anmutenden Flugmanövern. Ich fühle mich wie in einem kleinen Paradies. Das Leben kann so einfach sein, und dabei sooo schön!
     
    Ich bin kein Herdentier! Das ist meine Erkenntnis des Tages, die ich heute mit ins Bett nehme. Gleichzeitig blicke ich erwartungsfroh der morgigen Etappe nach Limoges entgegen.
     

                            Tierischer Beobachter…
    Tag 42, Saint-Léonard-de-Noblat - Limoges 22 km
     
    Was gibt es doch unfreundliche Menschen. 2 Fra nzösinnen, die ebenfalls in der Pension übernachtet hatten, bekamen es noch nicht einmal hin, einen Guten- Morgen-Gruß zu erwidern, obwohl wir uns am Frühstückstisch direkt gegenüber saßen. Stattdessen gaffte mich die Ältere von beiden mit einem selten dämlichen Gesichtsausdruck an, als wäre ich gerade vom Mars gekommen. Die jüngere Frau schien hingegen einfach nur etwas verklemmt zu sein. Die Alte schnabbelte wie ein Wasserfall, ich glaube, sie hat noch nicht einmal geatmet zwischendurch. Das Ganze in einem Tonfall, der mein Trommelfell bis an die Grenze seiner Belastbarkeit strapazierte. Schaurig! Schade, dass ich kein Ohropax dabeihatte, oder besser noch breites Klebeband, um der Sabbeltusse das Mundwerk zu verriegeln. Verstehen tat ich natürlich nichts von dem was sie sagte, es war mir auch kein Bedürfnis. Die einzigen Worte, die die junge Frau zum Gespräch beisteuerte, waren „Oui“ und „D’accord“. Damit kommentierte sie aber fast jeden Satz der Alten. Schon fast eine Ulknummer, aber eher eine von der schlechten Sorte. Vom Gastgeber erfuhr ich, dass die Alte ein paar Jahre in der afrikanischen Wüstenstadt Timbuktu gelebt hat. Wird man da so?
     
    Nach so einem Tagesbeginn tat die Stille draußen in der Natur doppelt gut. Eine lange, elegant geschwungene Eisenbahnbrücke zog kurz hinter Saint-Léonard meinen Blick auf sich, danach, im Flusstal der Vienne spiegelten sich sehr alte Steinhäuser auf der glatten Wasseroberfläche - romantisch ohne Ende! Die frühe Morgensonne tauchte die ganze Szenerie dazu in ein angenehm, warmes Licht. Der „Krawall“ vom

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