Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abenteuer mit Archimedes, Pythagoras & Co.

Abenteuer mit Archimedes, Pythagoras & Co.

Titel: Abenteuer mit Archimedes, Pythagoras & Co. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Zeidler
Vom Netzwerk:
regelmäßig wiederholenden Vorgang. Die Kirchturmuhr schlug stündlich, das war ein Anfang. Allerdings konnten wir die Glocke im Wald nicht hören, und es war außerdem nicht möglich, daran fünf Minuten genau abzumessen. Eine Sonnenuhr schien uns eine gute Lösung, schließlich ging die Sonne jeden Tag auf und auch wieder unter. Das alles lief vermutlich gleichmäßig ab, sodass wir vielleicht sogar halbe und Viertelstunden eintragen konnten. Wir begannen, indem wir einen langen Stock ins Gras steckten und auf die Kirchturmuhr warteten. Als die Stunde schlug, markierten wir den Schatten des Stocks auf dem Rasen. Die Zeit bis zum nächsten Glockenschlag vertrieben wir uns mit einem Spaziergang.
    Wir gaben unser Bestes, wie echte Ritter zu leben und auf die Errungenschaften der Moderne zu verzichten.
    Als Olli die Straße bei Rot überquerte, hob Tanja den Zeigefinger und schimpfte ihn aus. »Echte Ritter halten sich an Verkehrsregeln!«
    »Zu Westerburgzeiten gab es noch keine Ampeln«, entgegnete Olli.
    »Zu Westerburgzeiten gab es auch keine LKWs, die dich schwuppdifix überfahren«, sprang ich Tanja zur Seite.
    »Ganz schön schwierig, wie ein Westerritter zu leben«, bemerkte Olli. Tanja und ich nickten zustimmend. Viele Leute lächelten uns aufmunternd an, als sie uns in den Wämsen herumlaufen sahen. Sie nickten uns zu oder verneigten ihre Häupter. Es gab aber auch andere, die ihre Augenbrauen hochzogen und uns anschauten, als wären wir kleine Kinder in einer Spielplatzwelt.
    Zurück an der Platane fragte ich Tanja: »Wenn ich die Zeit anhalte, wie lange steht sie dann?«
    »Kommt darauf an, wie lange du sie anhältst«, antwortete Tanja.
    »Wie messe ich Zeit, wenn diese angehalten ist? Und wie schalte ich die Zeit wieder an, das braucht doch auch seine Zeit, oder? Aber die steht doch.«
    Tanja nickte bedächtig. »Mir schmort bald das Gehirn durch! Das hat außerdem gar nichts mit unserem Problem zu tun. Wir wollen einfach nur fünf Minuten abmessen.«
    Glücklicherweise fiel der nächste Glockenschlag, bevor Tanjas Gehirn den Geist aufgab. Wir markierten den Schatten im Gras mit einem Zweig.
    Am nächsten Morgen führten die Wollebachritter ihre Arbeit an der Sonnenuhr fort. Diese sah nach nicht viel aus, ein paar Stöcke im Gras, aber uns reichte es. In der Zeit zwischen den Glockenschlägen übernahmen wir ritterliche Aufgaben. Wir führten Hunde Gassi, zupften Unkraut für den alten Herrn Pastor, erledigten Einkäufe für die Silberfee, spielten Babysitter, brachten Post rein und so weiter und so fort. Es war ziemlich anstrengend, Ritter zu sein.
    Noch anstrengender war es allerdings, Prinz zu sein. Ich hatte gehofft, dass ich meine Arbeit vielleicht auf Olli und Tanja abwälzen konnte. Aber es stellte sich heraus, dass ich als Prinz nicht nur genauso viel arbeiten musste, sondern auch noch für die Arbeit meiner Freunde verantwortlich war.
    »Ein wahrer Prinz geht seinen Untertanen als leuchtendes Beispiel voraus«, hörte ich mehr als ein Mal und bekam die schweren Taschen zu tragen und die wilden Hunde zu halten.
    Zwischen all unseren Aufgaben verloren wir dennoch den Wasserhahn im Bergfried nicht aus den Augen. Als es drei Uhr nachmittags schlug und der Schatten unseres Stockes direkt auf die erste Markierung von gestern fiel, brachen wir in Jubelgeheul aus. Die Stundenstöcke im Gras steckten weit genug auseinander, dass wir leicht Viertelstunden einfügen konnten. Noch feinere Einheiten wagten wir nicht, denn Tanja fürchtete, das würde alles zu ungenau werden.
    »Eine Viertelstunde zu unterteilen ist einfach, hoffe ich«, sagte Tanja. »Wir müssen sie dritteln.«
    »Mensch, du und Mathe!«, bemerkte Olli und grinste frech.
    »Liegt in der Familie«, gab Tanja zurück.
    »Womit können wir eine Viertelstunde ausfüllen?«, fragte ich.
    Wir zählten unsere Herzschläge, kamen allerdings zu unterschiedlichen Ergebnissen. Außerdem nahm der Puls zu, wenn man sich bewegte. Ollis Schnaufen nach zu urteilen, als er die Turmplattform erreicht hatte, ging seine Herzuhr nach dem Treppensteigen außergewöhnlich schnell. Die Klatschmethode, die Tanjas Papa vorgeschlagen hatte, funktionierte auch nicht. Wir versuchten es einige Male, kamen aber immer zu anderen Ergebnissen. Mal 800, mal 1000 Schläge pro Viertelstunde, zweimal verzählten wir uns außerdem und mussten neu anfangen. Olli schlug vor, den Wasserhahn einfach 15 Minuten lang laufen zu lassen und das Wasser danach in drei Flaschen zu

Weitere Kostenlose Bücher