Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika

Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika

Titel: Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jule Verne
Vom Netzwerk:
bedauern, daß dieser Wald von unserm Meridian durchschnitten wird.
    – Zum Teufel mit den Wäldern, versetzte der Buschmann, wenn es sich um solche Operationen handelt! Aber was haben auch diese Gelehrten dabei im Sinn, daß sie die Länge oder Breite der Erde ausmessen? Werden sie etwas davon haben, daß sie die Erde so auf Fuß und Zoll ausrechnen? Ich meines Theils, Ew. Gnaden, will lieber Nichts von diesen Dingen wissen! Ich will lieber den Erdball, den ich bewohne, für unendlich, unermeßlich halten, und ich meine, man setzt ihn herab, wenn man ihn so genau ausmißt. Nein, Sir John, ich könnte hundert Jahre leben, und würde den Nutzen Ihrer Operationen nicht einsehen.«
    Sir John konnte sich des Lachens nicht enthalten. Er hatte diesen Gegenstand schon oft mit dem Jäger besprochen, und dies unwissende Naturkind, dieser freie Wanderer durch Wälder und Ebenen, dieser unerschrockene Treiber des Hochwildes konnte augenscheinlich das wissenschaftliche Interesse, welches mit einer Triangulation verbunden, nicht verstehen. Zuweilen hatte ihm Sir John zugesetzt, doch antwortete ihm der Buschmann mit Gründen voll wahrer Naturphilosophie, die er mit einer Art natürlicher Beredtsamkeit vorbrachte, deren ganzen Reiz jener als halber Gelehrter und halber Jäger zu würdigen verstand. So plaudernd, verfolgten Sir John und Mokum das kleine Wild der Ebenen, Berghasen, eine neue Art Nagethiere, die von Ogilly erkannt wurden, einige grellschreiende Regenvögel und Schaaren Rebhühner mit braunem, gelbem und schwarzem Gefieder. Doch konnte man sagen, Sir John trug allein die Kosten dieser Jagd; der Buschmann schoß wenig; er schien sich über die Feindschaft der beiden Astronomen Gedanken zu machen, welche nothwendig den Erfolg der Expedition gefährden mußte. So mannigfach das Wildpret auch war, er beachtete es wenig.
    In der That arbeitete ein vorläufig noch unklarer Gedanke in dem Geist des Buschmanns, und nahm nach und nach eine bestimmtere Form in seinem Kopfe an. Sir John hörte, wie er mit sich selbst sprach, sich fragte, sich antwortete. Er sah ihn, wie er gleichgiltig gegen alles Wild, das in die Nähe kam, unbeweglich und in sich versenkt war, wie Nicolaus Palander beim Forschen nach einem Logarithmenfehler gewesen war. Doch respectirte Sir John diese Stimmung und wollte seinen Begleiter nicht einem so ernsten Nachdenken entreißen.
    Zwei oder drei Mal des Tages näherte sich Mokum Sir John und sagte:
    »So glauben Ew. Gnaden also, daß der Oberst Everest und Mathieu Strux sich nicht verständigen werden?«
    Auf diese Frage antwortete Sir John unveränderlich, eine Verständigung scheine ihm schwierig, und es sei ein Bruch zwischen den Engländern und Russen zu befürchten.
    Ein letztes Mal, gegen Abend, einige Meilen vom Lager, stellte Mokum dieselbe Frage und erhielt dieselbe Antwort. Dann fügte er hinzu:
    »Nun wohl, Ew. Gnaden mögen sich beruhigen, ich habe ein Mittel gefunden, den beiden Gelehrten zu gleicher Zeit ihr Recht werden zu lassen!
    – Wirklich, mein wackerer Jäger? antwortete Sir John, etwas überrascht.
    – Ja! ich wiederhole es, Sir John; vor morgen noch wird der Oberst Everest und Herr Strux keinen Grund zum Streit mehr haben, wenn der Wind günstig ist.
    – Was wollen Sie damit sagen, Mokum?
    – Ich weiß, was ich meine, Sir John.
    – Nun gut, thun Sie so, Mokum, Sie würden sich um das gelehrte Europa verdient machen.
    – Das ist viel Ehre für mich, Sir John«, antwortete der Buschmann, und ohne Zweifel seinen Plan überlegend, fügte er kein Wort mehr hinzu.
    Sir John achtete diese Schweigsamkeit und verlangte keine Erklärung vom Buschmann. Aber wirklich konnte er nicht errathen, durch welches Mittel sein Begleiter die beiden Eigensinnigen vereinen zu können meinte, welche auf so lächerliche Weise den Erfolg des Unternehmens auf’s Spiel setzten.
    Die Jäger kehrten in’s Lager gegen fünf Uhr Abends zurück. Man war in der Sache keinen Schritt vorwärts gekommen und das Verhältniß zwischen dem Russen und Engländer war nur noch feindlicher geworden. Die wiederholte Vermittlung Michael Zorn’s und William Emery’s hatte kein Resultat gehabt. Persönliche Aufforderungen, bedauerliche gegenseitige Beschuldigungen hatten jetzt jede Annäherung unmöglich gemacht. Es stand sogar zu befürchten, daß der auf solche Höhe getriebene Streit bis zu einer Herausforderung gehen würde. Die Zukunft des Unternehmens war also schon bis auf einen gewissen Punkt in Gefahr, sofern

Weitere Kostenlose Bücher