Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika
Büchse. Von ihrem Platze aus konnten sie die Oryx beobachten und diese schön geformten Thiere bewundern. Die Männchen unterschieden sich wenig von den Weibchen, und durch eine seltene Naturlaune waren die Weibchen sogar stärker mit Waffen versehen als die Männchen, trugen nach hinten zugekrümmte und zierlich gezackte Hörner. Es giebt kein hübscheres Thier als diese Antilope, von denen der Oryx eine Spielart ist; keins bietet so sein vertheilte buntscheckige Hautflecken dar; an der Kehle flattert ein Büschel Haare, ein Kamm steht gerade empor und sein dichter Schweif reicht bis zur Erde. Indeß blieb die Heerde, die aus zwanzig Stück bestand, nachdem sie sich dem Walde genähert hatte, stehen. Augenscheinlich drängte der Wächter sie, die Ebene zu verlassen. Er ging in das hohe Gras und versuchte, die Thiere in eine dichte Masse zusammenzutreiben, wie der Schäferhund die ihm anvertrauten Schafe. Doch schienen die munteren Thiere keine Luft zu haben, diese fette Weide schon zu verlassen. Sie widerstanden ihm, entsprangen und singen einige Schritte weiter wieder zu grasen an.
Ein Jagdweg mit Hindernissen. (S. 151.)
Dies Verfahren überraschte den Buschmann höchlich. Er machte Sir John darauf aufmerksam, doch ohne ihm eine Erklärung darüber geben zu können. Der Jäger begriff die Hartnäckigkeit des alten Männchens nicht, und weshalb er die Antilopenheerde durchaus in das Dickicht zurückbringen wollte.
Eine Makololo-Verkleidung. (S. 155.)
So zog sich die Situation in die Länge, ohne sich zu ändern. Sir John drehte ungeduldig am Schloß seiner Büchse. Bald wollte er schießen, bald vorwärts gehen. Mokum konnte ihn nur schwer zurückhalten.
Eine Stunde verging, und es war nicht voraus zu sehen, wie viele noch vergehen würden, als einer der Hunde, der wahrscheinlich eben so ungeduldig wie Sir John war, ein fürchterliches Gebell ausstieß und sich in die Ebene stürzte.
Der Buschmann, wüthend darüber, hätte gern dem verwünschten Thiere eine Bleiladung nachgesandt! Doch schon floh die Heerde mit reißender Schnelligkeit davon, und jetzt begriff Sir John, daß kein Pferd sie hätte einholen können. In wenig Augenblicken bildeten die Oryx nur noch schwarze, im hohen Grase aufspringende Punkte.
Doch hatte zur großen Ueberraschung des Buschmanns der Wächter der Antilopentruppe derselben nicht das Zeichen zur Flucht gegeben. Den Gewohnheiten dieser Wiederkäuer entgegen, war dieser sonderbare Wächter auf derselben Stelle stehen geblieben, ohne daran zu denken, den seiner Hut anvertrauten Thieren zu folgen. Seit ihrer Flucht versuchte er sogar, sich im Grase zu verbergen, vielleicht in der Absicht, das Gehölz zu gewinnen.
»Das ist sonderbar, sagte der Buschmann. Was hat denn dieser alte Oryx vor? Ist er verwundet oder vom Alter geschwächt?
– Wir werden es bald wissen!« antwortete Sir John, und stürzte sich auf das Thier, bereit Feuer zu geben.
Das Thier hatte sich bei der Annäherung des Jägers mehr und mehr in’s Gras geduckt. Man sah nur noch seine vier Fuß hohen Hörner, dessen gezackte Spitzen über die grüne Oberfläche der Ebene heraussahen. Er suchte sogar nicht mehr zu entfliehen, sondern sich zu verstecken. Sir John konnte sich also leicht dem sonderbaren Thiere nähern. Als er nur noch hundert Schritt entfernt war, zielte er sorgfältig und gab Feuer. Der Schuß knallte, und jedenfalls hatte die Kugel den Oryx am Kopf getroffen, denn seine bis dahin in die Höhe gerichteten Hörner lagen jetzt im Grase.
Sir John und Mokum liefen so rasch sie konnten auf das Thier zu. Der Buschmann hielt sein Jagdmesser in der Hand bereit, dem Thier in den Leib zu stoßen, im Fall es auf den ersten Schuß nicht getödtet worden wäre.
Diese Vorsicht war unnöthig: der Oryx war todt und zwar so todt, daß, als Sir John ihn an den Hörnern zog, er nur eine leere schlaffe Haut, der das Knochengerippe gänzlich fehlte, in der Hand hielt!
»Beim heiligen Patrick! Das kann nur mir passiren!« rief er in so komischem Tone aus, daß jeder Andere, den Buschmann ausgenommen, darüber gelacht hätte. Mokum aber lachte nicht. Er biß die Lippen, runzelte die Augenbrauen, und seine blinzenden Augen verriethen eine ernstliche Unruhe. Mit gekreuzten Armen, den Kopf schnell rechts und links wendend, schaute er um sich.
Plötzlich traf sein Blick auf einen Gegenstand: es war ein kleiner, mit rothen Arabesken verzierter Ledersack, der auf dem Boden lag. Er nahm ihn auf und
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