Abenteurer sucht Frau fürs Leben
zurückzuversetzen bedeutete für Lili nicht nur einen Schritt zurück in die Vergangenheit, sondern auch einen Gewaltakt. Der ragte bedrohlicher vor ihr auf als die Gebirgsmassive, die Kyle Munroe zu besteigen pflegte. Nein, sie war nicht bereit, diesen Berg zu bezwingen. Sie hatte ja noch nicht einmal das Basislager erreicht.
Eine kalte Windböe wehte um die Ecke des Gebäudes, und Lili fröstelte. Das Wetter war umgeschlagen. Ebenso grau wie ihr Kostüm waren jetzt der Himmel und die Themse.
Lili führte ihr eigenes Leben und hatte zu Hause in Kingsmede mehr als genug Arbeit. Es war verrückt, auch nur einen Augenblick mit dem Gedanken zu spielen, Mikes Angebot anzunehmen. Die Verbindung zu ihrem früheren Leben war mit ihrem Vater gestorben, und sie musste nach vorn blicken.
Nun war es an der Zeit, Mike wissen zu lassen, dass ihre Antwort Nein lautete. Kyle musste sein Buch eben ohne ihre Hilfe schreiben. Vielleicht gab es einen anderen Weg? Möglicherweise konnte er die Tagebücher ohne ihre Beteiligung nutzen und dafür ein Honorar an das Hospiz zahlen?
Ermutigt durch diese Idee wollte sie gerade in die Bar zurückkehren, als jemand rief: „Marta?“
Sie wirbelte überrascht zu der Männerstimme herum und blieb dabei mit einem Absatz in einem Spalt zwischen zwei Holzbalken hängen. Als sie versuchte, den Schuh zu befreien, flog er hoch in die Luft und landete mit lautem Geklapper auf einem gedeckten, aber zum Glück unbesetzten Tisch. Eilig humpelte sie hinterher, um das Schuhwerk zu retten, bevor es ein Witzbold noch gegen Lösegeld einkassierte.
Doch Kyle Munroe erreichte den Tisch vor ihr und sorgte dafür, dass sich die Lage entspannte. Während die Kellner noch lamentierten, stieß er einen triumphierenden Laut aus und schnappte sich den Schuh. Dann drehte er sich um, sah Lili kommen und schüttelte den Kopf. „Ich dachte mir doch, dass ich dieses rebellische Schuhwerk kenne. Unsere Begegnungen werden allmählich zur Gewohnheit, Marta. Sind Sie eine verkappte Stalkerin ? Ich fühle mich natürlich geschmeichelt, aber sollte ich mir Sorgen machen?“
„Tut mir leid, dass ich Sie enttäuschen muss, aber ich bin mit Mike Baxter hier.“
„Faszinierend.“ Er deutete eine Verbeugung an. „Gestatten Sie?“
Ehe sie wusste, wie ihr geschah, sank er vor ihr auf die Knie. Sanft legte er ihr eine Hand um den linken Knöchel und streifte ihr den Pumps über.
Wie der Prinz den passenden Schuh bei Aschenputtel, dachte sie unwillkürlich.
Seine Finger glitten über den hauchdünnen schwarzen Strumpf bis zur Wade und ließen ihr Bein köstlich prickeln. Um sich seinem Griff zu entziehen, wich sie hastig zurück – mit vorhersehbarem Resultat. Sie verlor das Gleichgewicht und musste gegensteuern, indem sie sich vorbeugte und mit beiden Händen auf Kyles Schultern abstützte.
„Wow! Sachte, sachte!“, mahnte er und sah ihr dabei tief in die Augen.
Und Lilis Welt stand Kopf. Es schien fast so, als würde die Zeit für einen Moment stehen bleiben. Kein Geräusch war zu hören außer ihren eigenen und seinen Atemzügen, die sie daran spürte, dass sich seine muskulösen Schultern unter ihren Fingern hoben und senkten. In ihrem Magen regte sich ein heftiges Flattern.
Kyle öffnete den Mund, schloss ihn dann aber wieder, ohne etwas zu sagen, und schenkte ihr dann ein wissendes Lächeln, das seine Augen funkeln ließ.
Ich bin doch ein Dummkopf! Er weiß genau, was er tut, und ich falle darauf herein. Die Erkenntnis, dass die enge Zusammenarbeit mit diesem Mann eine ernste Gefahr für sie bedeuten könnte, traf sie mit voller Wucht. Ein weiterer Faktor, der gegen die Kooperation sprach. „Danke, noch mal “, brachte sie hervor, als er sich zu seiner vollen Größe aufrichtete.
Ihr wurde bewusst, dass alle Umstehenden die peinliche Szene verfolgten und sich verstohlen hinter ihren Gläsern amüsierten. Zu ihnen zählte auch Mike Baxter. Seine Unterlippe zitterte heftig, während er Lili zu einem ruhigen Tisch am anderen Ende des Raumes führte.
Sie warnte ihn mit einem strengen Blick aus halb zusammengekniffenen Augen vor einer Äußerung.
Wortlos zog Mike ihr einen Stuhl zurecht und wartete, bis sie es sich darauf bequem gemacht hatte. Dann erklärte er: „Tut mir leid, dass ich dich allein lassen musste, aber die Verleger drängen auf eine Antwort. Mir scheint, dass es ein günstiger Augenblick ist, um zwei meiner liebsten Menschen zusammenzuführen.“
„Dann solltest du deinen Star jetzt lieber
Weitere Kostenlose Bücher