Abenteurer sucht Frau fürs Leben
gewidmet. Sie kamen mit der Gedächtnisdokumentation gut voran. Bilder, Erinnerungen, Fakten und Auszüge aus Briefen und Tagebüchern fügten sich wie Puzzleteile zusammen, um das wirkliche Geschehen in Ort und Zeit nachzubilden.
Das Buchkonzept übertraf sogar seine kühnsten Erwartungen. Es entwickelte sich zu einer hervorragenden Hommage an Ruth und das gesamte Team, mit dem er vor all den Jahren zusammengearbeitet hatte.
Aber ich würde es nicht ohne Lili schaffen.
Die Ironie dieser Tatsache wühlte ihn immer mehr auf, je mehr Zeit verging. Soeben hatte er eine halbe Stunde am Fluss verbracht und versucht, den inneren Konflikt zu lösen. In den nächsten Tagen musste er einen Schlussstrich ziehen. Wie sollte das Buch enden? Mit der Wahrheit ? Oder mit den damaligen Presseerklärungen der Stiftung? Mike wusste nichts davon, dass es zwei Versionen der Ereignisse rund um den Tod von Ruth Taylor Hamilton gab. Woher auch? Der einzige Mensch, der über Kyle hinaus die wahren Umstände kannte, war ein Rettungsassistent, der in Uganda arbeitete und den Vorgang wahrscheinlich längst vergessen hatte.
Je mehr Kyle mit Lili zusammenarbeitete, mit ihr lachte, etwas Alltag mit ihr teilte, desto intensiver wünschte er sich, völlig offen und ehrlich zu ihr sein zu können. Sie verdiente es, die Wahrheit von ihm zu erfahren. Dabei war es unwesentlich, ob er in seinem Buch darüber schreiben wollte oder nicht. Lügen und Täuschungen sollten nicht länger zwischen ihnen stehen, denn dazu lag ihm einfach viel zu viel an ihr. Doch wenn er ihr die Augen öffnen wollte, dann musste es bald passieren. Und darin sah er ein Problem.
War er bereit, die aufkeimende Beziehung aufs Spiel zu setzen? Er wusste, dass Lili ihn mochte. Doch er musste befürchten, dass die harten Fakten jede Chance auf eine Festigung der Verbindung zerstörten. Nur eines war sicher: Wider Erwarten begann er sich ernsthaft in Lili Hamilton zu verlieben.
Belle lief an ihm vorbei. Die Hündin bellte dabei sanft, wie um zu sagen: Na, sind wir endlich wieder zu Hause . Ihre Krallen klickten auf dem polierten Parkett, als sie zu ihrem Fressnapf trottete.
Kyle ging weiter zum Esszimmer und öffnete die Tür. Ein köstlicher Duft nach frisch gebrühtem Kaffee und brennendem Kaminholz wehte in den Flur. Außerdem schlug ihm laute Popmusik aus den Lautsprechern der Stereoanlage entgegen.
Lili stand ganz oben auf einer Trittleiter mit einer Schlagbohrmaschine. Sie summte die Melodie mit und schwang die Hüften im Takt, während sie Löcher in die Wand bohrte. Dann brachte sie Dübel und Schraubhaken an.
Er rief ihren Namen, erhielt aber keine Antwort. Ein Streifen nackter Haut, der durch ihre gestreckte Haltung zwischen ihrem Hosenbund und dem Saum ihres T-Shirts hervorblitzte, zog ihn unwiderstehlich an. Schmunzelnd stellte er sich hinter sie und hob eine Hand.
Sobald seine eiskalten Finger ihren Rücken berührten, kreischte sie vor Schreck. Sie klammerte sich mit einer Hand an die Leiter und wirbelte gleichzeitig mit dem Oberkörper herum. Dabei scherte die Bohrmaschine in ihrer anderen Hand nach hinten aus und traf Kyle an der Stirn.
„Aua!“ Er taumelte rückwärts bis zum Sofa und sank darauf in sich zusammen.
„Oh nein!“ Lili stieg von der Leiter und lief zu ihm. „Ich hatte keine Ahnung, dass du hinter mir warst. Ich dachte, du wärst den ganzen Vormittag unterwegs.“
„Es ist meine eigene Schuld. Warum habe ich mich auch angeschlichen? Ich habe dich übrigens gerufen. Mehrmals, aber bei alldem Krach hast du mich natürlich nicht gehört.“ Er deutete zu der Bohrmaschine und der Stereoanlage, aus der noch immer laute Musik dröhnte. „So ein Lärm kann dein Gehör schädigen, weißt du das!?“
„Ach, wirklich? Danke für den Tipp. Sich an andere Leute anzuschleichen kann auch äußerst schädlich sein.“ Sie beugte sich zu ihm und untersuchte seine Stirn. „Kein Blut zu sehen. Wie fühlst du dich?“
„Ich werde es überleben. Außerdem bin ich hier der Arzt!“, murmelte er vor sich hin. „Was treibst du da eigentlich?“
„Mein Dad hat immer gesagt, dass gerade ausgerichtete Bilder langweilig sind. Deswegen hängt hier alles seit Jahren ein bisschen schief. Ich glaube aber nicht, dass meine Partygäste das auch so sehen. Es ist an der Zeit, die Dinge gerade zu rücken.“
„Aha.“ Er schmunzelte. „Belle hat sich übrigens bei den ansässigen Schwänen blamiert. Die waren kein bisschen beeindruckt, als sie … Hörst du mir
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