Aber bitte mit Sake
Erfüllung.« Ich denke an Raffaele und daran, dass ich gerne hätte, dass sich zwischen uns alles zum Guten wendet. Nachdem ich mein Sportprogramm beendet und mein Frühstück auf dem Pooldeck eingenommen habe, mache ich mich auf den Weg in den Freespace , um einen Blick in die Schiffszeitung zu werfen, in der die Aktivitäten des Tages angekündigt sind. Heute findet sich darin ein Artikel über die internationalen Gäste. Meine nächtliche Begegnung Henry setzt sich unter anderem für ein von Frankreich unabhängiges Tahiti und gegen die Atomwaffentests im Südpazifik ein. Außerdem steht dort, dass Henry auf seiner Farm Bio-Vanille anbaut.
»Dana«, ertönt hinter mir eine sonore Stimme. Ich drehe mich um und sehe, dass der Tahitianer himself sich hinter mir aufgebaut hat.
»Guten Morgen, ich habe eben etwas über dich gelesen.« Ich weise mit dem Finger auf den Artikel in der Zeitung.
»Na, hoffentlich nur Gutes«, antwortet er und lacht mich an. »Und, hast du dir schon ein paar Kurse ausgesucht?«
»Bislang noch nicht. Aber das ist bei der Auswahl ja auch nicht ganz einfach.« Nordic Walking, Tiere aus Luftballons basteln, zaubern, japanisches Schachspiel, Sprachkurse und diverse Events, die sich an Teilnehmer spezieller Altersgruppen richten: Für alle 29-Jährigen: Wenn Sie im Jahr 1982 geboren sind, sollten wir uns treffen! Oder Oldies Night, für alle in den späten Zwanzigern .
Außerdem gibt es eine Singleparty. Wenn Sie sich verlieben wollen, kommen Sie vorbei. Wir trinken zusammen. Aha, hier kann man sich den einen oder anderen also schön trinken! Vervollständigt wird das Event-Potpourri durch Seminare mit tiefgründigerem Hintergrund, in denen zum Beispiel Tsunamiopfer ihre Geschichte erzählen. Protest und Party, Feriencamp und Volkshochschule, eine merkwürdige Mischung.
»Hier gibt es wohl für alles eine Stunde, oder?«, frage ich Henry lachend.
»Allerdings, die Japaner lieben es, sich zu treffen. Und sie wollen immer etwas lernen. Aber auf keinen Fall wollen sie das allein. Es gibt sogar einen Kurs, da treffen sich die Japaner zum gemeinsamen Sockenwaschen.«
»Nicht im Ernst, oder?«
»Doch. Der Japaner ist eben ein Gruppentier. Socken waschen, Tarot Karten legen, Namensschilder malen, Karaoke singen, Fernsehshows gucken, Cds hören. Was weiß ich.«
»Aber weshalb denn Socken waschen? Das check ich nicht.«
»Ganz ehrlich? Ich habe keine Ahnung. Solche Events musst du dir schon selber anschauen. Ich habe es nicht so mit der Gruppendynamik.« Henry nimmt mir die Zeitung aus der Hand und studiert das angebotene Programm. Dann fängt er laut an zu lachen. »Guck mal! Es gibt auch eine Zusammenkunft für Tigerfans!« Er wiehert. »Tiger Fans let’s get together, let’s sing Rokko Oroshi. Ich werd weich! Ich war nun wirklich schon so oft auf diesem Schiff, aber den Japanern fällt immer wieder etwas Neues ein!« Henry kriegt sich kaum wieder ein. Ich werfe erneut einen Blick auf das Dokument. »Was sind denn self-planned-events?«
»Das sind Kurse, die Passagiere anbieten. Jeder kann doch irgendetwas. Es gibt zum Beispiel Leute, die haben vor der Rente als Sportlehrer gearbeitet. Die bieten dann Nordic-Walking-Kurse an. Oder Künstler bringen dir das Singen bei.«
»Wie? Einfach so? Bekommen sie dafür Geld?«
»Natürlich nicht. Das läuft alles auf freiwilliger Basis ab. Die haben einfach Spaß daran.«
»Ist ja ein Ding.« Ich schüttle den Kopf. »Das würde auf einem deutschen Schiff nicht passieren. Da wären die Leute viel zu faul, um unentgeltlich Kurse anzubieten.«
»Kann ich mir vorstellen. Hier funktioniert es aber. Das ist typisch für das Peaceboat . Langweilig wird es dir bestimmt nicht.« Henry grinst ironisch. »Aber mal was anderes. Wir sollten unbedingt zusammen zu Abend essen. Hast du heute Zeit?«
»Ja, klar. Was sollte ich schon vorhaben – wir haben noch etliche Tage vor uns, bis wir das nächste Mal Land sehen.«
»Fein. Treffen wir uns um halb acht beim Formal Dinner ?«
»Ja, ich freue mich. Ach – und ist es in Ordnung, wenn ich meine Zimmergenossin Kyoko mitbringe?«
»Du wohnst mit Kyoko zusammen? Der Tänzerin?«
»Ja, weshalb? Kennt ihr euch schon?«, frage ich verwundert.
»Ja. Bring sie ruhig mit«, antwortet Henry knapp. Dann läuft er in Richtung Treppe und dreht sich noch einmal um. »Das könnte lustig werden. Ach – und wir müssen unbedingt über die Euro-Krise reden!« Bevor ich etwas erwidern kann, ist er auch schon
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