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Aber bitte mit Sake

Aber bitte mit Sake

Titel: Aber bitte mit Sake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Phillips
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ihrer Liste ab. Jedem Namen fügt sie ein sama an, eine Höflichkeitsfloskel, die dem Gegenüber den größtmöglichen Respekt bezeugen soll. Was diese Ehrerweisung bei einer Rettungsübung zu suchen hat, ist mir schleierhaft. Als ob einen das, wenn man gerade dabei ist, dem Tod tief in die Augen zu schauen, kümmern würde.
    »Sekiguchi Yasuhiro-sama«, ruft die Frau mit der Namensliste bereits zum dritten Mal, aber niemand antwortet. Einige Minuten später öffnet sich die Schiffstür und ein älterer Herr schlurft langsam auf unsere Gruppe zu. Ich schätze ihn auf über neunzig. Eile scheint er keine zu haben. Er lächelt, als er seinen Namen bestätigt, verbeugt sich umständlich und fügt sich in die hinterste Reihe ein. Die Übung dauert an die fünfundzwanzig Minuten und ich befürchte, dass eine mögliche Rettung im Ernstfall daran scheitern würde, dass die Japaner lieber mit übertriebener Höflichkeit die Namen ihrer Passagiere checken und noch auf den letzten Greis warten, bevor sie mit der Evakuierung beginnen, als die Menschen so schnell wie möglich an Bord der kleinen Boote zu bringen. Ich seufze und hoffe, dass es nicht so weit kommt.
    »This is an anouncement from reception« , ertönt es erneut aus den Boxen. » Drill is over ! Die Rettungsübung ist nun zu Ende. Sie können zurück in Ihre Kabinen gehen.« Endlich. Doch niemand bewegt sich.
    »Excuse me« , sage ich ungeduldig und schiebe mich zwischen den Japanern durch Richtung Gang. Aber Kyoko und Gaki stehen immer noch stramm. »Wollen wir?«, frage ich daher.
    »Es geht noch niemand«, antwortet Kyoko vorwurfsvoll.
    »Na und? Sie haben doch durchgesagt, dass die Übung zu Ende ist.« Doch Kyoko ignoriert mich und bleibt stehen. Auch die anderen Japaner werfen mir einen kritischen Blick zu. Erst als das Besatzungsmitglied mit der Namensliste aufbricht, setzen sich auch die anderen in Bewegung.
    »Jetzt dürfen wir gehen«, sagt Kyoko.
    »Das würde ich gerne selbst entscheiden«, erwidere ich störrisch.
    »Weshalb?«
    »Es kann doch nicht sein, dass hier die Gruppe immer die Entscheidung für den Einzelnen trifft!«
    »Weshalb nicht?« Kyoko wirkt erstaunt. »Nagai mono niwa makarero – Von etwas Langem sollte man sich besser umwickeln lassen, oder: gegen Einflussnahme lässt sich nichts ausrichten, daher kann man auch gleich nachgeben.«

Lost in Translation, oder: Warum die Japaner anders speisen als wir
    Eine Kolumne von Dana Phillips
    Liebe Komplizinnen! Als Deutsche unter Japanern muss man die heimischen Essgewohnheiten öfter über Bord werfen als einem lieb ist. Zwar denken viele, die Japaner servieren vor allem Sushi  – eine Mahlzeit, die uns ja durchaus geläufig ist, tatsächlich kommen die Maki und Nigiri ihnen aber nur selten zwischen die Stäbchen. Die Zubereitung der kleinen Köstlichkeiten ist nämlich im Alltag viel zu aufwendig. Viel häufiger als Sushi -Häppchen essen die Japaner daher diverse Nudelgerichte, Soba. Entgehen lassen sollten Sie sich Sushi in Japan dennoch nicht, denn in einem Land, das vom Meer umgeben ist, ist der Fisch besonders frisch. Manchmal zu frisch. In einigen Restaurants werden die noch zappelnden Meeresbewohner direkt vor den Augen der Gäste mit einem gezielten Schlag betäubt und dann bei lebendigem Leibe zu kunstvollen Sashimi -Filets verarbeitet. Und so kann es passieren, dass der Schwanz des Fisches sich noch bewegt, während Sie sich sein zartes Filet schmecken lassen. Auch lebendiger Oktopus wird gern gegessen, das hat den Vorteil, dass sich die zappelnden Tentakel ganz von allein um die Stäbchen wickeln – ideal also für Fremdlinge, denen der Umgang mit den Hashi noch schwerfällt.
    Generell kommen viele Zutaten der japanischen Küche aus dem Meer; neben den gängigen Fischsorten verspeisen die Japaner auch verschiedene Algensorten, Seegurken, Krebsdärme, Seeigel und den sagenumwobenen giftigen Kugelfisch, den Fugu, für dessen Zubereitung japanische Köche eine bis zu zehnjährige Lehrzeit benötigen.
    Eine typische Mahlzeit besteht in Japan in der Regel aus Reis, Suppe und verschiedenen Kleinigkeiten: Algen, Fisch, Fleisch oder Tofu. Gemüse ist mehr als nur ein Grundnahrungsmittel – angeblich essen die Japaner so viel davon, dass ihr Darm aufgrund der aufwendigen Verdauung zwei Meter länger ist, als der von uns Europäern.
    Tofu kommt übrigens aus China und gilt als besonders gesunder und kalorienarmer Eiweißspender. Er wird, weil der Eigengeschmack relativ neutral ist,

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