Aber bitte mit Sake
noch mal wiedersehen.
»Na ja«, entgegnet Yuuku trocken und gibt mir einen Kuss. »Ich finde, das Schicksal hat uns schon reichlich Aufregendes, Überraschendes und Verrücktes geschenkt. Sollten wir es wirklich weiter herausfordern?« Er hält inne, dann fährt er fort. »Ich fliege jetzt zurück nach Japan, dann gehe ich auf Tour … Du fährst zurück nach Deutschland …«
»Psst.« Ich lege ihm den Finger auf die Lippen. »Mach den Moment nicht kaputt. Lass uns diese Nacht einfach so in Erinnerung behalten, wie sie war. Nicht mehr und nicht weniger.« Wir küssen uns noch einmal, dann verschwindet Yuuku in seiner Kabine. Kurz bevor er die Tür schließt, fällt mir noch etwas ein. »Yuuku?«
Er dreht sich noch mal um. »Ja?«
»Was hast du eigentlich für eine Blutgruppe?«
»B. Wieso?«
Ich atme hörbar aus. »Nur so.« Ich zwinkere ihm zu. Dann gehe ich ein bisschen verwirrt, ein bisschen traurig, aber doch auch zufrieden und beglückt zurück in meine Kabine. Es ist heiß, weil die Klimaanlage durch den Stromausfall versagt hat. Doch das ist mir egal. Gaki schläft noch, Kyoko ist wie immer bei der Morgengymnastik. Umgehend falle ich in einen leichten Schlaf, und als ich aufwache, haben wir Jamaika schon erreicht. Schnell ziehe ich einen Jogginganzug an und laufe zum Tikki-Deck, um von dort an Land zu blicken. Aus der Entfernung sehe ich Yuuku das Schiff verlassen. Er trägt einen Hut und zieht einen bunten Koffer hinter sich her. An der Gangway wartet schon sein Manager, ein grauhaariger Mann auf ihn, der ihm lachend auf die Schulter klopft. Ich winke Yuuku nach, aber er sieht mich nicht.
Lost in Translation, oder: An was die Japaner glauben
Eine Kolumne von Dana Phillips
Liebe Komplizinnen! So sehr die Japaner Regeln lieben, so pragmatisch sind sie doch, was die Religion angeht, die man hier durchaus flexibel handhabt. Je nach dem, was man gerade benötigt, egal ob Shinto oder Buddhismus, wird eben ein passender Teil der Überlieferung herangezogen. Religiosität ist hier nicht geprägt durch dogmatische Lehrsätze, vielmehr stehen Feste und Rituale im Vordergrund. Besonders prächtig ist das Frühlingsfest zur Zeit der Kirschblüte. Bei einer Geburt wird ein Opfer an einem Shinto-Schrein dargebracht; Wünsche werden in Form von Gebetszetteln an Sträucher geknotet, Gläubige reiben sich mit Asche ein, um schmerzende Stellen zu lindern. Beisetzungen verlaufen nach buddhistischem Brauch: Der Verstorbene wird verbrannt und auf einem Friedhof bestattet. Die verschiedenen Glaubensrichtungen greifen also ineinander. Allen gemein ist eine grundsätzliche Ehrfurcht vor der Natur. Diese wird verehrt, und das bringt auch eine gewisse Gelassenheit im Umgang mit Naturkatastrophen mit sich. Nach dem Erdbeben waren die Japaner daher auch nicht in erster Linie wütend, sondern haben die Situation akzeptiert und versucht damit umzugehen, und Schritt für Schritt in ihr altes Leben zurückzukehren.
Sayonara! Ihre Dana
18
Gericht: Zigarren
Mensch des Tages: Raffaele
Place to be: In der Buena Vista Social Club Bar
Erkenntnis: Tränen sind die besten Argumente
E s ist fünf Uhr siebenundfünfzig, als ich die Augen öffne. Das Peaceboat nimmt Kurs auf Kuba. Mein letzter Tag an Bord ist angebrochen, wenige Stunden nur, dann werde ich in Havanna das Schiff verlassen. Vorgestern war ich noch in Jamaica und bin auf einem Pferd zum Strand geritten, habe die typischen Patties, heiße Teigtaschen, probiert und einen Markt in Montego Bay besucht. Heute Abend schon geht mein Flug von Kuba Richtung Heimat. Schon bald werde ich wieder in meiner vertrauten Umgebung sein: Ein Gedanke, bei dem ich zu meinem eigenen Erstaunen ein tiefes Bedauern verspüre. Nicht nur Yuuku, auch meine anderen Weggefährten werde ich vermissen. Noch etwas träge schwinge ich mich aus dem Bett, schlüpfe in einen Jogginganzug und folge Kyoko, die schon vor einer Weile die Kabine verlassen hat, auf das Pooldeck. Inzwischen ist mir die alte Dame wieder wohlgesonnen, meine nahende Abreise scheint sie milde gestimmt zu haben. Darüber bin ich froh, denn mittlerweile habe ich sie richtig ins Herz geschlossen.
Es ist noch dämmerig draußen, und um einen besseren Überblick zu gewinnen, steige ich weiter hinauf, auf das Joggingdeck, von dem aus sich schon Kuba erkennen lässt, das im fahlen Morgenlicht vor uns liegt. Vom Pooldeck ertönen die ersten Klänge der traditionellen Morgengymnastikmusik. Die dreihundert Passagiere, die wie immer
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