Aber bitte mit Sake
ging es oft darum, für eine gute Ernte zu beten oder sich dafür zu bedanken. Hier haben wir der Opfer der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe gedacht. Grundsätzlich haben wir Japaner ja ein sehr flexibles Verhältnis zu Gott: Er ist immer gerade da, wo wir ihn sehen. Und er lässt sich überall anbeten, auch in den kleinen Dingen. Er kann in Blumen genauso wohnen wie in Tieren oder Gegenständen, an denen wir hängen. Und in einem Miniatur-Schrein natürlich sowieso.«
»Ah, verstehe. Und dazu tragt Ihr dann auch diese besonderen Kostüme.« Ich betrachte die Jungen und Mädchen, in ihren weißen Shorts und den Jacken im Kimonostil. Auch zum gemeinsamen Sockenwaschen haben sie sich umgezogen. Ihre Kleidung ist beige, gelb oder hellblau, die mit japanischen Schriftzeichen verzierten Gürtel haben sie in der Taille zusammengebunden. Die Socken, die zu dem Outfit gehören, sind blau.
»Kann man die nicht einfach in der Maschine waschen?«, frage ich nach.
»Nein. Es sind ganz besondere Socken aus Kamelhaar. Eigentlich sind es eher Schuhe, so ähnlich wie Segelschuhe, sehen Sie?« Er streckt mir ein Paar von ihnen entgegen. »Sie müssen von Hand gewaschen werden, sonst fangen sie leicht an zu stinken. Und da sie von unterschiedlichen Leuten getragen werden, ist es wichtig, sie rein und sauber zu halten. Außerdem ist es für den Teamspirit viel besser, sie gemeinsam zu waschen.«
»Verstehe.« Das Event macht also durchaus Sinn. Was auf den ersten Blick ein wenig seltsam erscheint, ist gar nicht so außergewöhnlich. Ein bisschen mehr Gemeinschaftsgefühl und Teamgeist würde uns Deutschen wahrscheinlich auch ganz guttun. Ich bedanke mich und trete an die Reling. Der Anblick des Meeres berührt mich immer noch. Die Sonne ist fast ganz untergegangen. Noch zwei Stationen liegen vor mir – Jamaika und Kuba, dann geht es wieder zurück nach Hause. Irgendwie macht mich der Gedanke traurig. So merkwürdig ich die Japaner zu Beginn auch fand, so wohl fühle ich mich jetzt hier an Bord. Sicherlich hat auch Yuuku viel dazu beigetragen. Ich frage mich, wann er endlich auftaucht.
Eine Etage tiefer ertönt Musik vom Tikki-Deck. Ich steige die Treppe hinab, um zu schauen, was sich dort abspielt.
»Dana!«, höre ich meinen Namen. Als ich mich umdrehe, entdecke ich Yuuku.
»Hier bist du!«, sage ich leicht vorwurfsvoll.
»Ich habe dich schon überall gesucht!« Er nimmt mich in den Arm, dann schaut er mich an. »Wir sollten unseren letzten Abend doch wohl gemeinsam verbringen.«
»Was hast du vor?«
»Siehst du den Typen mit dem Zopf?« Er zeigt auf einen Südamerikaner, der sich mit einer der Übersetzerinnen unterhält. »Er ist ebenfalls in Panama an Bord gegangen. Er kommt aus Kuba und wird bis zu eurer Ankunft in Havanna an Bord sein und kubanische Tanzkurse anbieten. Salsa und so. Ich habe ihm versprochen, dass ich bei der heutigen Stunde mit dabei bin. Willst du meine Tanzpartnerin sein?«
»Tanzen? Um Gottes willen! Ich kann nicht tanzen«, entgegne ich verlegen.
»Deshalb gibt es ja den Kurs. Nun hab dich nicht so und mach mit!«
Mir läuft es kalt den Rücken hinunter. Ich finde nichts schlimmer als Paartanz. Nicht nur, weil ich mir total doof dabei vorkomme, sondern auch, weil mir Tanzen nicht besonders liegt. Ich blicke mich um. Das Deck füllt sich.
»Legen wir los!«, ruft der Kubaner ins Mikro. Musik ertönt. »Sie müssen sich auf das kubanische Lebensgefühl einlassen. Es strahlt Freude aus, Spaß, Sinnlichkeit. Machen Sie sich locker!« Ich muss schmunzeln. Lockerheit ist nicht gerade das, was man den Japanern nachsagt. »Wir beginnen mit einer einfachen Übung, laufen im Takt zur Musik auf der Stelle, dann vorwärts und zurück, nach links und nach rechts.« Yuuku gibt mir mit dem Ellenbogen einen Rippenstoß.
»Los!« Er wackelt mit den Hüften und grinst mich an. Unentschlossen füge ich mich in mein Schicksal und folge den Übungen, die der Tanzlehrer vorgibt. Der Kubaner führt einen lässigen Hüftschwung vor und sämtliche Japaner versuchen, ihn nachzumachen. Im Anschluss studieren wir eine Choreografie ein, bei der pärchenweise getanzt wird. Wir laufen in einer Reihe über das Deck, vor und zurück, um dann voreinander auf der Stelle zu tanzen, sich abzuklatschen, um die eigene Hüfte zu drehen, um dann mit dem Hintern zu wackeln. Langsam beginnt es Spaß zu machen. Ganz in meinem Element tanze ich den anderen hinterher, reiße die Arme hoch, klatsche in Yuukus Hände und drehe mich auf der
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