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Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Titel: Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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und gleich wieder verschwand.
    Marie ging ins Haus. Robert war immer noch bleich. Er telefonierte mit Fürbringer. Marie hörte, wie er dem Kommissar ein Fahrzeugkennzeichen durchgab. Sie wusste jetzt schon, dass das nicht weiterführen würde. Mit diesem Van war Johann nicht entführt worden.
    Marie nahm ein Glas aus dem Küchenschrank, füllte es an der Spüle mit kaltem Wasser und trank es gierig aus. Dann trank sie ein zweites Glas. Sie ging zu Robert und legte ihm die Hand auf die Schulter. Sie begann, ihm zu erklären, was passiert war.
    Er ließ sie nicht zu Ende reden. Er machte sich sanft los und ging in den Stall.
    9
    Mit jedem Tag, an dem nichts geschah, fiel Marie das Atmen schwerer. Sie schlief nicht, sie aß nicht, sie trank nur noch Wasser. Sie spürte, dass es immer dunkler in ihr wurde.
    Manchmal weinte sie, wenn ein Gegenstand sie an Johann erinnerte. Dann schien sie auch innerlich kurz aufzuatmen. Der zielgerichtete Schmerz, das Trauern um ihr Kind erschien ihr tröstlicher als das endlose Warten. Am Küchenfenster sitzen und warten. Das höhlte sie langsam aus.
    Marie konnte nicht mehr warten. Sie musste etwas tun.
    Mit Robert war kaum zu reden. Er seufzte nur, wenn sie davon sprach. Manchmal verschwand er. Er fuhr über Land. Er suchte seinen Sohn. Wenn er zurückkam, sah er aus, als hätte er tagelang nicht geschlafen. Er begann zu zittern.
    Marie hatte genug geweint, sie hatte auch genug geschrien. Sie musste jetzt reden. Und zwar nicht mehr nur zu Robert. Sie musste zu dem reden, der ihr Kind entführt hatte. Zu dem Mann mit der Mickey-Mouse-Maske.
    Sie besprach sich mit Fürbringer. Der war alles andere als begeistert. Aber je länger er nach Johann suchte und nichts fand, desto eher war er bereit, auf Marie zu hören. Sie hatte den Eindruck, dass der Kommissar mit seinem Latein am Ende war. Dass das Phantomfoto, die Hubschrauber, die Wärmebildkamera, die Hunde, die Hundertschaften und die Befragung der Sexualtäter nichts gebracht hatten und Fürbringer nun, fünf Tage nach Johanns Verschwinden, nicht mehr weiterwusste.
    Natürlich wollte er sich von Marie nicht drängen lassen. Es musste ein wenig wie seine Idee aussehen. Er übernahm auch die Gespräche mit den Fernsehsendern. Er sagte, es hätte sich gezeigt, dass es in solchen Fällen am besten war, wenn die Presseabteilung der zuständigen Polizeidirektion die Medien zu einer Pressekonferenz lud.
    Sie fuhren mit ihrem Wagen in die Stadt.
    Robert und Marie sprachen die ganze Fahrt über nichts. Aber Marie spürte, dass Robert mit dem, was sie vorhatte, einverstanden war. Er würde sie reden lassen. Alle fanden, dass es besser war, wenn die Mutter sich an den Entführer wandte. Väter trafen nur schwer den richtigen Ton. Entweder klangen sie zu hart oder zu weinerlich.
    Fürbringer war der leitende Polizeibeamte, er führte die Konferenz. Neben ihm saß der Staatsanwalt, ein etwas scheuer, sehr dünner Mensch mit einer Halbglatze und einem zerfurchten, aber sensiblen Gesicht. Er begrüßte Marie per Handschlag und sagte ihr leise, es tue ihm leid, was sie durchmachen müsse, und er hoffe, die Konferenz helfe, ihren Jungen zu finden. Marie nahm ihm seine Betroffenheit ab – auch wenn sie den Eindruck hatte, dass der Staatsanwalt der Begegnung mit einer Mutter, deren Sohn gerade entführt worden war, lieber aus dem Weg gegangen wäre.
    Marie wunderte sich, wie voll der Saal, die Turnhalle einer Grundschule, war. Die Fotografen stürmten nach vorn und behinderten sich gegenseitig. Mehrere Kamerateams hatten ihre Gerätschaften aufgebaut, sie verdeckten die Sicht vom Podium auf die Sitzreihen. Aber Marie bemerkte, dass kein Platz mehr frei war in der Halle.
    Fürbringer schilderte in knappen Worten die Sachlage. Er klang angespannt, und seine Stimme wirkte noch unechter als sonst. Dann gab er das Wort weiter an den Staatsanwalt. Der nahm einen langen Anlauf und sprach mit klarer Stimme druckreif in die Kameras. Er erläuterte den anwesenden Medienvertretern, dass sie nicht eingeladen worden waren, weil die Polizei glaubte, den traurigen Fall des kleinen Johann medial ausbreiten zu müssen. Vielmehr habe man sich zu der Konferenz entschlossen, weil man sich durch Information der Öffentlichkeit und einen Appell an den oder die Täter erhoffe, dass Bewegung in den auf der Stelle tretenden Fall kommen werde. Er betonte noch einmal, für ihn und die Sonderkommission unter dem erfahrenen Hauptkommissar Fürbringer gebe es nur eine Priorität:

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