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Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Titel: Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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geheißen. Warum ließ er sie jetzt zappeln? Trieb er auch nur ein böses Spiel mit ihr, so wie der erste Anrufer, den sie noch in der Telefonzelle festgenommen hatten?
    Plötzlich fürchtete Marie, dass er den Kontakt mit ihr verloren haben könnte. Vielleicht war sie längst in einem Funkloch. Das Display von Johanns Handy zeigte zwar ein Netz an, aber Marie wurde dennoch panisch. Sie stieg auf das Rad und raste los. Sie schaltete immer höher. Sie wollte weg. Dorthin, wo der Entführer auf sie wartete.
    Es wurde heller. Aber man konnte sie wegen des starken Dynamolichts sowieso schon von Weitem sehen. Marie mied Senken, sie hielt sich auf den Feldwirtschaftswegen, die über die Höhen führten. Ihre Beinmuskeln schmerzten, langsam ging ihr die Puste aus.
    Doch Marie fuhr weiter. Sie erklomm weiter Berge, sie trotzte dem starken Gegenwind.
    Irgendwann wurde sie langsamer, obwohl der Weg eben war. Jede Pedaldrehung kostete mehr Kraft. Nun schmerzte auch ihre Wirbelsäule. Sie konnte den Kopf nicht mehr halten.
    Eigentlich wollte sie nur kurz ausruhen. Als sie aber auf der Steinbank vor dem weißen Feldaltar saß, spürte sie, dass sie nicht mehr konnte.
    Sie zog das Handy hervor. Immer noch nichts. Sie hob schon den Arm, um es gegen einen der klobigen Steine zu schleudern, die die Bauern beim Pflügen aus ihren Feldern geholt und hier aufgehäuft hatten. Doch dann beherrschte sie sich. Sie steckte das Handy in die Hosentasche zurück.
    Über den hohen Tannen ging die Sonne auf. Ein glühender Vulkan. Marie spürte schon die Wärme auf ihren vom Schweiß feuchten Wangen. Sie streckte sich aus. Sie versuchte, ihre Atmung zu kontrollieren.
    Es lag an der Morgensonne. Sie hatte in Marie etwas berührt, was verschlossen hätte bleiben sollen. Warme Tränen flossen ihr über die Wangen. Die Augen brannten. Sie hatte kein Taschentuch dabei. Marie schluchzte. Warum bin ich allein, fragte sie sich.
    Da klickte etwas in ihrer Tasche. Der Dreiklang.
    Ihre Finger waren kalt und gefühllos. Es dauerte, bis sie das Handy aus der Hose gezogen hatte. Maries Zeigefinger zitterte so stark, dass es ihr erst beim dritten Versuch gelang, die SMS zu öffnen.
    Schön, dass Sie da sind. Kommen Sie zum Engscheider Wald. Dorthin, wo die Holzbank und der Tisch für Wanderer stehen. Ich erwarte Sie. Der Freund.
    Der Freund wartete auf Marie im Engscheider Wald. An dem Wanderrastplatz. Marie kannte die Stelle gut. Wenn sie schnell fuhr, war sie in fünf bis zehn Minuten dort.
    Sie sprang auf das Rad und trat kräftig in die Pedale. Der Wind wehte jetzt von hinten. Sie spürte die Sonne auf ihrem Rücken. Marie lachte laut.
    Im Wald war es noch dunkel. Marie stellte ihr Fahrrad an der Holzbank ab.
    Auf dem kleinen Parkplatz am Eingang des Waldstücks hatte kein Auto gestanden. Möglicherweise war der Freund ja auch mit dem Rad unterwegs.
    Ein greller Pfiff.
    Marie wusste sofort, dass er nicht von einem Vogel kam.
    Es war ein Mensch, der gepfiffen hatte. Der Freund. Jetzt nannte sie ihn auch schon so.
    Noch ein Pfiff. Noch greller, ungeduldiger.
    Marie ließ das Fahrrad stehen und ging los. In die Richtung, aus der der Pfiff gekommen war. Erst über einen schmalen Trampelpfad. Als der plötzlich endete, lief sie durchs Unterholz. Hier wuchsen vor allem Nadelhölzer. Mächtige Fichten. Der Boden war von dichtem, feinem Waldgras bedeckt. Sie kam gut voran. Bis ihr mittelhohe Fichtenableger den Weg versperrten.
    Marie zögerte, sie schaute sich um.
    Der dritte Pfiff.
    Er kam aus dem Nadelholzdickicht, das vor ihr lag.
    Marie hob die Arme als Schutz gegen die Zweige.
    Schon nach wenigen Metern – die feinen Nadeln durchdrangen ihre Kleidung und piekten sie, als wollten sie sie aufhalten – lichtete sich das Gehölz. Sie konnte ohne den Schutz der Arme weitergehen. Marie sah einen schweren Stamm. Eine alte Buche. Ohne Astwerk.
    Auf der Buche saß ein Mann. Er trug eine Maske. Eine Mickey-Mouse-Maske.
    Der Freund.
    Marie ging auf ihn zu. Sie hatte keine Angst. Sie wollte zu Johann.
    »Wo ist mein Kind?«, fragte Marie sofort.
    Der Freund erhob sich. Als wollte er höflich sein. »In Sicherheit. Es geht Johann gut.«
    Die Stimme klang wie am Telefon. Nur etwas gedämpft und hohl. Das war die alberne Maske. Obwohl sie an dem Mann mit den schwarzen Hosen und der dunklen Windjacke grauenhaft aussah, war Marie erleichtert, dass er sie trug. Hatte Fürbringer nicht gesagt, die Maske habe eine Bedeutung? Der Täter wollte nicht erkannt werden, er

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