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Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Titel: Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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und schauten zu, wie Marie die Einkäufe ins Haus schleppte.
    Robert war im Stall.
    Marie hatte zwar keinen Hunger, aber sie wollte sich so normal wie möglich verhalten. Also kochte sie Nudeln und briet etwas Hackfleisch an.
    Robert erschien, kurz bevor das Essen fertig war. Er setzte sich an den Tisch und wartete.
    Marie stellte zwei Teller mit Nudeln und Fleisch auf den Tisch. Sie aßen stumm.
    Marie bekam kaum etwas runter, nur wenige Gabeln voll Spaghetti. Es schmeckte auch nicht. In ihrem Zustand konnte man nicht kochen.
    Robert hingegen schaufelte das Essen in sich rein, als wäre es ein Teil seiner Arbeit im Stall.
    Er redete nicht, er schaute Marie nicht an. Als sein Teller leer war, ächzte er und lehnte sich zurück. Er machte nicht den Eindruck, als ginge es ihm nach dem Essen besser; obwohl er sehr hungrig gewesen zu sein schien. Marie überlegte, ob sie ihm noch etwas auftun sollte. Schließlich war er ihr Mann, und er sorgte für sie.
    Als sie seinen Teller nahm, hielt er ihren Arm fest und fragte: »Hast du mir etwas zu sagen?«
    Marie machte sich los. Roberts Besteck fiel aus dem Teller und krachte auf den Tisch.
    »Nein«, antwortete Marie, stand auf und ging mit dem Teller zum Herd.
    Nach dem Essen fuhr Marie mit dem Rad zur Kirche.
    Sie wollte beten. Vielleicht half ihr das, alles besser zu ertragen. Vielleicht half es sogar Johann.
    Sie nickte den beiden Polizisten in dem dunklen Wagen zu, als sie das Kirchenschiff betrat. Die jungen Männer verstanden, was sie vorhatte, und blieben im Wagen sitzen. Sie behielten ihr Fahrrad im Auge.
    In der Kirche war es kalt. Marie fror, als sie sich in eine der mittleren Bänke setzte. Sie verharrte eine Weile, die Beine fest aneinandergedrückt und die Hände verschränkt.
    Sie bat Gott darum, ihren kleinen Sohn aus der Hand des Freundes zu retten.
    Marie tat dies mit großer Inbrunst. Sie sagte Gott auch, dass sie wusste, dass sie Robert wehtat. Aber sie sei entschlossen, alles zu tun, um Johann wiederzubekommen. Gott sollte wissen, dass es ihr sehr ernst war. Aber er sollte auch wissen, dass sie sich nicht allein auf ihn verlassen würde. Dafür stand zu viel auf dem Spiel.
    Marie kniete nieder und versuchte, sich an den Wortlaut des »Vaterunser« zu erinnern. Sie schaffte es fast, die letzten Sätze fehlten ihr. Sie legte die Hände über ihr Gesicht und dachte mit ganzer Kraft an Johann. Sie versuchte, Kontakt mit ihm aufzunehmen. Aber das gelang ihr nicht. Sie bildete sich nur einmal ein, ein zartes Jammern zu hören.
    Marie bekreuzigte sich und stand auf. Sie ging zum Altar, warf ein Zweieurostück in den Opferstock, nahm sich eine der bereitliegenden Kerzen, zündete sie an einem noch brennenden Stummel an und pflanzte sie auf einen Eisenstachel. Für Johann.
    Dann ging sie zur Sakristei. Die Tür war offen.
    Sie betrat die Sakristei vom Altar aus.
    Marie wunderte sich, wie unordentlich es dort war. Die Messgewänder des Priesters lagen über einem Stuhl, die Kutten der Messdiener waren einfach in einen Wäschekorb gestopft worden.
    Es roch nach kaltem Weihrauch und nach Kerzen.
    Die Pforte zum Friedhof war verschlossen. Aber von innen. Marie drehte den schweren Schlüssel. Beim zweiten Versuch schaffte sie es. Sie öffnete die Tür. Von draußen strömte warme Luft herein.
    Sie schlüpfte hinaus und zog die schwere Pforte hinter sich zu.
    Marie ging zwischen den alten Grabsteinen hindurch zur Friedhofsmauer. Hinter dem gemauerten Bassin, an dessen Wasserleitung knallbunte Plastikgießkannen mit Fahrradschlössern befestigt waren, befand sich ein Durchschlupf.
    Marie arbeitete sich durchs Gebüsch, dann stand sie auf den Feldern. Von der Straße aus konnte man sie nicht sehen. Die Kirche lag zwischen ihr und den Polizisten.
    Marie hatte ihre Laufschuhe schon an.
    Sie zog ihre Jacke aus und band sie sich um die Hüfte. Dann trabte sie los. Erst eine Weile an der Friedhofsmauer entlang, langsam und in kleinen Schritten, damit ihre Muskulatur warm wurde. Dann, als sie den Feldwirtschaftsweg erreicht hatte und sich erste Schweißperlen auf ihren Schlüsselbeinen bildeten, holte sie weiter aus. Marie lief jetzt schnell. Sie wollte zum Waldrand. Dort konnte man sie nicht mehr ausmachen, und dort konnten sie ihr auch mit dem Wagen nicht mehr folgen. Der Asphalt hörte auf, es ging über Stock und Stein.
    Marie erreichte den sicheren Wald. Sie tauchte ein in das finstere Gehölz.
    Es wurde kälter, sie sah kaum was, der Boden war weich, aber uneben. Sie

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