Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)
»Sag schon, was du willst?! Geld?«
Der Freund wich entsetzt zurück. »Ich nehme doch einer Mutter nicht das Kind weg, damit sie mir Lösegeld zahlt.«
»Nein, du tust es, um dich daran aufzugeilen! Du bist krank.«
Der Freund sprang auf. Er ging um den Baumstamm herum. Er wollte weg. Sie hatte ihn verärgert.
Marie folgte ihm, sie hielt ihn am Ärmel fest. »Was soll ich tun? Sag es! Warum bestellst du mich hierher? Damit du siehst, wie ich leide?«
Der Freund blieb stehen. »Bestimmt nicht, Marie. Glaub mir: Es tut mir schrecklich leid!«
»Was willst du?!«, schrie sie.
»Die Polizei soll hier verschwinden. Die machen mich nervös. Dann kannst du deinen Johann wiederhaben«, antwortete er kalt. »Ich mag es nicht, dass du mit denen redest. Sie sollen verschwinden. Sie machen alles kaputt.«
»Aber wie soll ich das machen? Die hauen doch nicht einfach ab, wenn ich es ihnen sage.«
»Lass dir was einfallen! Du bist eine Mutter. Mütter entwickeln ungeahnte Kräfte, wenn es um ihre Kinder geht, oder?«
Er machte sich los und ging schnell davon. Er hatte es eilig. Die Simpsons fingen an.
13
Die beiden Polizisten, denen sie durch die Kirche entwischt war, trafen gleichzeitig mit ihr zu Hause ein. Sie machten finstere Gesichter. Nach einem halblauten Wortwechsel verschwand Fürbringer mit ihnen.
Robert war in düsterer Stimmung.
Er saß in der Ecke, vermied es, Marie anzuschauen, und schien aufgewühlt zu sein.
Irgendwann sprang er auf, packte Marie, die gerade dabei war, sich auf der Anrichte ein Butterbrot zu schmieren, an den Schultern und riss sie herum. »Was du da tust, tötet unser Kind, Marie!«
Marie biss in ihr Brot. »Was tue ich denn?«
»Du paktierst mit diesem … Gib doch zu, dass du das tust!« Er schnappte nach Luft.
Marie wusste, was er durchmachte, aber sie konnte ihm nicht helfen. Johanns Leben war jetzt wichtiger.
Robert rannte hinaus. Marie hatte das Gefühl, dass er kurz davor war, sie zu schlagen. Das wäre das erste Mal gewesen. Aber selbst das war ihr jetzt egal. Sie hätte es sogar verstanden. Er litt, er liebte Johann genauso wie sie. Aber Robert war zu schwach; er verließ sich auf Fürbringer. Das ging doch nicht: Man konnte sich, wenn es um das Leben seines Kindes ging, nicht auf einen Fremden verlassen, der sowieso nur nach Schema F vorging, für den Johanns Entführung ein Fall war wie jeder andere.
Fürbringer kam zurück. Er lächelte gequält. »Was war los? Meine Leute beschweren sich, dass Sie sie an der Nase herumgeführt haben.«
Er klang fast belustigt, aber Marie spürte, dass das eine Finte war.
Fürbringer war auf ein Kräftemessen mit ihr aus.
Marie schaute im Kühlschrank nach. Sie fand eine Flasche Wein. Sie holte zwei Gläser aus dem Schrank und entkorkte die Flasche. Dann setzte sie sich an den Tisch.
Fürbringer stand unentschlossen in der Küche. Mit einem solchen Angebot hatte er nicht gerechnet. Eigentlich war der Kommissar doch sehr einfach gestrickt, fand Marie.
Sie schob ihm einen Stuhl hin.
Er setzte sich zu ihr. Seine Bewegungen waren hölzern, irgendwie hatte sie ihn aus dem Konzept gebracht. Marie goss etwas Wein in die Gläser. »Ich weiß, dass das nicht der richtige Zeitpunkt für ein Glas Wein ist. Aber mir ist jetzt danach. Und wir müssen reden.«
Sie stießen nicht an. Das wäre unpassend gewesen. Sie tranken einfach. Jeder nur einen Schluck.
»Ich möchte Sie um etwas bitten«, begann Marie.
Fürbringer presste die Lippen zusammen.
»Mein Sohn ist entführt worden, ich will nicht auch noch meinen Mann verlieren.«
Fürbringer schaute sie verständnislos an.
»Seit Sie und Ihre Männer hier ein und aus gehen, streiten wir nur noch. Verstehen Sie, wir müssen zusammenhalten, mein Mann und ich.«
Fürbringer nickte.
»Bitte verlassen Sie unser Haus! Suchen Sie vom Kommissariat aus weiter nach Johann oder von sonstwo. Aber hier – das geht nicht mehr.«
»Haben Sie keine Hoffnung mehr?«, fragte er leise.
»Doch, ich habe noch Hoffnung. Aber ich muss auch an meine Ehe denken. Und ich glaube nicht, dass es nötig ist, sich hier im Haus aufzuhalten, um Johann zu finden.«
Fürbringer senkte den Kopf. »Nein, das ist es nicht. Entschuldigen Sie, wenn wir …«
»Sie können nichts dafür.« Marie trank schnell noch einen Schluck. Komisch, aber plötzlich fand sie Fürbringer gar nicht mehr so schlimm.
»Was war heute Nachmittag los?«, fragte er schon wieder. Er war stur. Er wollte vor seinen Mitarbeitern nicht als
Weitere Kostenlose Bücher