Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Titel: Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
Vom Netzwerk:
aus. Sie tastete nach unten und ging in die Knie. Als ihre Hände Halt fanden, setzte sie sich auf die Erde. Sie zitterte jetzt am ganzen Körper. Sie hustete. Ihre Lunge bebte.
    Sie glaubte, den Herzschlag an den Rippen zu spüren. Sie musste sich beruhigen. Musste wieder normal atmen.
    Es dauerte. Als sie versuchte aufzustehen, wurde ihr schwindelig.
    Erst beim dritten Versuch klappte es. Der Staub war verweht. Die Luft ließ sich wieder atmen. Marie machte vorsichtig ein paar Schritte. Der Knöchel schmerzte immer noch, aber sie konnte gehen.
    Sie trat den Heimweg an. Es wurde Zeit.
    »Jetzt hab ich dich«, sagte sie laut.
    Robert sagte sie kein Wort. Seit der Begegnung mit dem Freund war Marie aufgewühlt. Sie versuchte, ihren Zustand vor Robert zu verbergen.
    Robert hatte es einmal vermasselt. Diesmal würde sie darauf achten, dass er ihr nicht in die Quere kam. Diesmal würde sie alles richtig machen.
    Natürlich hatte Marie es irgendwann akzeptiert, dass Johann tot war. Aber sie hatte die Leiche ihres Jungen nie gesehen. Nun hatte sie den Freund wiedergefunden. Der Freund war der, der Johann als Letzter gesehen hatte. Wahrscheinlich hatte er ihn auch getötet. Deshalb klammerte Marie sich an den Freund.
    Sie wollte ihn haben. Sie wollte ihn stellen. Sie wollte ihn nach Johann fragen. Sie wollte ihn zur Strecke bringen.
    Das war alles viel zu wichtig. Dabei konnte sie keinen Robert gebrauchen. Und keinen Fürbringer. Eigentlich waren Robert und Fürbringer schuld am Tod Johanns. Deshalb hatten sie in Maries Augen ihr Recht verloren, an dem, was jetzt kam, beteiligt zu werden.
    2
    Am nächsten Morgen fuhr Marie schon um sieben Uhr mit dem Fahrrad los. Sie brachte es zu einem Freund von Robert, der in einem Verschlag hinter dem Supermarkt einen kleinen Fahrradladen betrieb. Die Räder, die er anbot, waren gut – aber teuer. Im Supermarkt gab es zweimal im Jahr ein Angebot mit Rädern, die viel weniger kosteten. Aber Roberts Freund reparierte Räder gewissenhaft und ohne die üblichen Sperenzchen der großen Fahrradhäuser.
    Er hatte gerade geöffnet und war noch verschlafen. »Wenn’s nicht mehr ist als die Bremsen und die Kette, kannst du es heute um vier abholen.«
    Marie arbeitete bis fünf, dann lief sie zu dem Fahrradladen. Roberts Freund wollte gerade schließen. Er druckste etwas herum, dann erklärte er Marie umständlich, dass ihr altes Rad zwar zu reparieren sei, dass die Teile, die ersetzt werden mussten, aber sehr teuer werden würden.
    Marie konnte nicht mehr warten. Sie bezahlte 450 Euro mit ihrer EC -Karte und bekam ein neues Rad, das billigste, das in dem kleinen Laden angeboten wurde. Es fuhr sich dennoch wunderbar – viel weicher und flotter als ihr altes Fahrrad.
    Marie holte sich im Supermarkt eine Flasche Wasser und begann sofort ihre Tour.
    Es war schon dunkel, als sie nach Hause kam. Robert saß ohne Licht in der Küche. Er stierte aus dem Fenster. Er fragte nicht, wo sie so lange gewesen war.
    »Ich habe mir heute ein Fahrrad gekauft«, sagte Marie. Er nickte nur.
    Marie aß etwas, blätterte in der Zeitung und ging dann schlafen. Zu Robert sagte sie, es könne am folgenden Tag wieder spät werden. Sie müsse wegen einer Betriebsprüfung Überstunden machen.
    Seit langer Zeit kramte sie wieder einmal Johanns Handy hervor. Sie schaltete es ein. Es hatte kaum noch Strom auf dem Akku. Marie suchte das Ladekabel und stöpselte es ein. Dann wartete sie.
    Sie wartete mehrere Stunden. Der Freund meldete sich nicht. Marie schlief ein. Das Handy blieb an, die ganze Nacht über. Als sie im Morgengrauen jäh aus einem traumlosen Schlaf erwachte, leuchtete das Display wieder so stark wie früher.
    Der Freund hatte sich nicht gemeldet.
    Er würde sich auch nicht melden. Aber Marie würde ihn finden.
    Marie hatte ein System. Es war nicht logisch, das wusste sie selbst. Aber die meisten anderen Systeme erschienen ihr ebenso unlogisch.
    Sie begann ihre Suche in der unmittelbaren Umgebung von Bubach. Dann zog sie immer weitere Kreise. Wenn man auf der Karte ihre Route nachgezeichnet hätte, so hätte diese an eine Spirale erinnert – an eine Spirale, die auf dem Marktplatz begann und sich dann immer weiter von Bubach entfernte und dabei nach und nach die gesamte Gegend abdeckte.
    So kam Marie in fast jede Ecke. Aber wenn der Freund sich nicht an einem festen Platz aufhielt und viel unterwegs war, so konnte es leicht passieren, dass er immer irgendwo anders war und sie ihm nie mehr begegnen

Weitere Kostenlose Bücher