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Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Titel: Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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den Klingelknopf. Immer wieder. Jemand kam. Erst lauerte er, dann öffnete er die Tür. Sie sahen sich an. Sekundenlang. Dann fielen sie sich in die Arme. Sie umarmten sich. Sie waren wieder vereint. Marie und ihr entführter Sohn.
    Marie und Johann.
    Marie weinte jetzt richtig. Die Tränen waren nicht zu stoppen.
    Deshalb sah sie auch wie durch einen Vorhang hindurch, dass der Freund sich über den Beifahrersitz beugte und die Tür aufstieß.
    Dann kam der Junge aus der Einfahrt gerannt. Den Ranzen auf dem Rücken.
    Er brauchte nur eine Sekunde. Dann war er durch die offene Beifahrerführ in den Wagen geschlüpft. Zu dem Freund. Allein. Ohne dass ihn jemand dazu zwang.
    War das wirklich Johann?
    Robert machte ein Riesentheater. Er hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan. Angeblich. Dabei schlief er wie ein Stein. Selbst in der Zeit, als sie um Johanns Leben gebangt hatten, hatte er geschlafen.
    Robert bestand darauf zu erfahren, wo Marie die ganze Nacht gewesen war.
    »Bei einer Freundin«, antwortete Marie kühl.
    »Du hast überhaupt keine Freundin.«
    »Du kennst sie nur nicht.«
    Es klang wie früher. Wie ein Ehepaar, das sich wegen Kleinigkeiten kabbelte.
    »So geht das nicht«, brüllte Robert. »Noch sind wir verheiratet. Ich will sofort wissen, mit wem du die Nacht verbracht hast.«
    Wenn du wüsstest, dachte Marie. In diesem Moment war klar, dass sie Robert kein Wort sagen würde. Sie würde alles für sich behalten. Er würde nicht wieder alles verderben. Sie fragte sich zum ersten Mal, warum sie überhaupt noch mit ihm zusammen in diesem Haus wohnte. Warum zog er nicht aus? Schließlich war es ihr Elternhaus und nicht seines.
    »Hast du mit irgendjemandem rumgefickt?«
    Gut, dachte Marie, du hast es nicht anders verdient. »Ja«, sagte sie und schaute weg.
    Robert bebte. »Mit wem?«
    »Mit einem Mann. Es geht dich nichts an.«
    Für einen Moment dachte Marie, er würde sie schlagen. Es hätte ihr nichts ausgemacht. Es hätte sie nur noch bestätigt. Doch er rannte nur aus dem Zimmer.
    Marie atmete auf. Sie kochte sich einen heißen Tee und ging ins Bett. Sie musste ein wenig schlafen. Hoffentlich gelang es ihr.
    4
    Es gab nichts mehr zu beobachten. Marie wusste alles.
    Sie musste jetzt den nächsten Schritt gehen. Oder die Polizei informieren. Aber das kam nicht infrage. Noch nicht.
    Marie brauchte Gewissheit. Die würde sie nicht bekommen, wenn sie den Freund weiter auf der Straße vor seinem Haus belauerte. Und ihn womöglich auf sich aufmerksam machte und damit verjagte. Marie musste sich etwas anderes überlegen.
    Ein Motorengeräusch weckte sie. Sie hatte höchstens eine Stunde geschlafen. Ihr war schlecht. Sie stand auf und schaute aus dem Fenster. Robert fuhr mit dem Wagen weg. Sollte er. Es war auch sein Wagen. Und Marie brauchte ihn momentan nicht.
    Sie ging in die Küche. Plötzlich hatte sie Hunger. Richtigen Hunger. Das war ihr schon lange nicht mehr passiert. Sie schaute in den Kühlschrank. Es war kaum etwas da. Ein paar Scheiben Wurst. Etwas Käse. Ein Klecks Butter. Zwei Eier.
    Marie erhitzte die Butter in der Pfanne, gab die Wurst dazu, schlug die Eier darüber und legte die Käsescheiben obendrauf, nachdem die Eier angebraten waren. Sie stellte den Ofen ab und tat einen Deckel auf die Pfanne. Sie wartete, bis der Käse geschmolzen war. Dann schnitt sie sich eine Scheibe Brot ab. Sie nahm einen Teller und Besteck aus dem Schrank, kratzte Eier, Wurst und Käse aus der Pfanne und setzte sich an den Tisch.
    Sie aß. Es schmeckte ihr. Danach wechselte sie auf das Sofa. Sie sah aus dem Fenster und dachte nach. Stundenlang.
    Sie hörte erst auf nachzudenken, als am späten Nachmittag Robert vorfuhr.
    Marie stand sofort auf. Sie wollte nicht, dass er sah, dass sie es sich gemütlich gemacht hatte. Sie wollte überhaupt nicht mehr, dass er irgendetwas über sie wusste.
    Er betrat grußlos die Küche.
    »Morgen gehe ich wieder arbeiten«, sagte Marie.
    Er reagierte nicht. Er tat so, als wäre sie nicht vorhanden.
    »Kann ich den Wagen haben? Es ist nichts mehr zu essen da. Ich muss einkaufen.«
    Er brauchte eine Weile. »Wann? Jetzt?«
    »Morgen.«
    »Warum nicht jetzt?«
    »Jetzt bin ich zu müde dazu.«
    Robert rannte wieder hinaus. Danach fiel Marie erst ein, dass er ihre Aussage, sie sei zu müde, um zum Einkaufen zu gehen, als eine Anspielung darauf verstanden haben musste, dass sie angeblich die ganze Nacht bei einem anderen Mann verbracht hatte. Das hatte sie nicht gewollt. Aber sie

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