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Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Titel: Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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Johann jetzt wäre. War Kevin Johann? Oder Johann Kevin?
    »Und? Hat Kevin sich hier eingewöhnt?«
    Lore trank wieder von dem Tee, diesmal war er nicht zu heiß. Als sie die Tasse abgestellt hatte, setzte sie sich aufrecht hin. Sie schloss die Augen, bevor sie antwortete. »Er tut sich schwer. Gut, wir sind noch nicht so lange hier. Aber in der Schule … nun, ich glaube, er findet keinen Anschluss. Vielleicht schneiden ihn die anderen Schüler auch.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Marie schnell. »Die Leute hier sind es gewöhnt, dass Fremde zuziehen. Das war schon immer so. Sie sind nicht abweisend. Das können Sie mir glauben.« Marie kam sich selbst etwas überspannt vor. Was sollte das? Sie musste Lore doch nicht von der Geselligkeit der hiesigen Bevölkerung überzeugen. Zumal Marie in Bubach wohnte und der Freund mit seiner neuen Familie weit weg vom Dorf, im Norden der Stadt.
    Lore schien mit den Gedanken woanders zu sein. Sie schaute in die Teetasse. »Kevin und ich, wir sind in den letzten Jahren immer allein gewesen. Da war niemand – außer meinen Eltern. Kevins Vater – er ist schon lange weg. Ich hätte es mir so gewünscht: Dass mein Junge endlich Anschluss findet. Ich allein kann ihm das doch gar nicht bieten.« Lore war den Tränen nahe, riss sich aber zusammen. »Zum Glück bin ich jetzt mit einem Mann zusammen, der viel Verständnis für den Jungen hat.« Ihre Stimme wurde immer schwächer. Sie räusperte sich und nahm einen neuen Anlauf. »Er hat uns zu sich geholt. Hierher. Er gibt sich große Mühe mit uns. Es ist auch sehr schön. Alles ist gut. Ich fühle mich wohl hier, vielleicht finde ich auch bald eine Arbeit.« Sie ließ den Kopf hängen. »Nur Kevin, der hat keine Freunde. Der Junge tut mir so leid.«
    »Das kriegen wir hin.« Marie erschrak. Wie kam sie denn dazu, so mit dieser Frau zu reden?
    Lore schaute ganz verwirrt. Sie schob die Teetasse von sich weg und schien aufstehen zu wollen.
    »Ich kenne hier viele Leute. Allein schon durch meine Arbeit«, fuhr Marie etwas gedämpfter fort. »Ich werde Ihnen helfen, Kontakte zu knüpfen.«
    »Aber …«
    »Wir Frauen müssen uns doch gegenseitig unterstützen.« Fast hätte sie »wir Mütter« gesagt.
    Und dann fiel ihr etwas ein. Etwas, womit sie die Situation retten konnte. »Es gibt doch dieses Schüler- VZ . Ich weiß, dass das viele nutzen. Die Schüler geben ihre Daten ein und suchen gleichaltrige Schulkameraden aus ihrer Umgebung. Das wäre doch was für Ihren Kevin.«
    Johann war bei Schüler-VZ angemeldet gewesen; sie hatten oft darüber gesprochen.
    Lores Gesicht hellte sich auf. »Davon habe ich gehört. Das wäre vielleicht wirklich etwas, was Kevin helfen könnte.«
    Marie ließ sich von Lores Begeisterung anstecken. »Ja, und dann kenne ich ja auch einige Familien mit Kindern in Kevins Alter. Ich werde meine Fühler mal ausstrecken. Ich bin sicher, da ergibt sich was …«
    Lore stand auf. Sie hatte ihren Tee noch nicht ausgetrunken, aber sie schien gehen zu wollen. Auch Marie erhob sich. Sie überlegte, was sie noch tun konnte, um Lore aufzuhalten. Zum eigentlichen Thema war sie ja noch gar nicht gekommen: zu dem Freund.
    »Nicht, dass Sie glauben, Sie müssen Kevin helfen, weil Sie in meinen Wagen reingefahren sind?«
    Was bildete diese Frau sich ein? Hielt sie Marie für naiv?
    »Natürlich nicht. Ich freue mich nur, dass wir uns begegnet sind.« Und dann: »Man freut sich doch immer, wenn man jemanden kennenlernt.« Marie wusste selbst, dass sie nicht sehr überzeugend klang.
    Sie brachte Lore noch zur Tür.
    Bevor Lore zu ihrem Wagen ging, wandte sie sich noch mal zu Marie um. »Und Sie? Haben Sie keine Kinder?«
    Diese Frage traf Marie wie ein brutaler Schlag gegen die Schläfe. »Nein«, sagte sie und schloss schnell die Tür.
    5
    Sie hatte alles verdorben. Anstatt umsichtig vorzugehen, war sie polternd über Lore hergefallen. Allein dieser Auffahrunfall. Wie hatte sie sich nur dazu hinreißen lassen können?
    Und dann die plumpe Anbiederung. Wie kam sie dazu, dieser fremden Frau vorzuschlagen, ihrem Jungen zu Freunden verhelfen zu können?
    Lore hatte sicher längst Lunte gerochen. Sie hatte bemerkt, was Marie im Schilde führte – dass sie unbedingt mit ihr in näheren Kontakt treten wollte. Marie wusste nicht genau, was nun geschehen würde, aber sie ahnte, dass es nicht gut für sie sein würde. Nicht für sie, und erst recht nicht für Johann.
    Irgendwann war Marie froh darüber, dass Robert seine

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