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Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Titel: Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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längst nicht.
    Lore drehte sich um und grinste den Freund an. »Holst du die Torte, Tom?«,
    Er brauchte immer noch etwas länger. Doch dann schien er verstanden zu haben und ging in die Küche. »Wir haben nicht so oft Besuch«, flüsterte Lore Marie zu. »Bei uns im Osten war das anders. Da saß immer jemand mit am Tisch.«
    Sie schenkte Kaffee aus. Von Tee war plötzlich keine Rede mehr, aber das war Marie sowieso egal. Sie ließ sich Kaffee geben, nahm Zucker und Milch, rührte. Sie schaute immer mal wieder zur Tür. Ob der Freund abgehauen war? Sicher nicht, er musste wegen Lore den Schein wahren.
    Marie hatte immer noch das Gefühl, dass sie dem Freund gegenüber im Vorteil war. Sie schwamm auf einer Woge der Genugtuung. Sollte er leiden. Sollte er schwitzen.
    Warte nur! Das kommt noch schlimmer. Dich kriege ich klein.
    Was hatte sie für eine Angst vor diesem Nachmittag gehabt. Und jetzt gab sie den Ton an.
    Vor einem Jahr hatte sie sich jeder noch so kleinen Laune des Freundes unterworfen. Was hatte sie alles mit sich machen lassen. Weil sie geglaubt hatte, damit Johann retten zu können.
    Dann war Tom zurück. Er balancierte eine weißgelbe Buttercremetorte mit schwarzen Kaffeebohnen als Verzierung.
    Lore stand auf, nahm ihm die Torte ab und stellte sie feierlich auf den Tisch. »Tata«, trompetete sie. »Ihr werdet es nicht glauben: Diese wunderschöne Torte hat Tom selbst gemacht. Kannst du dir das vorstellen, Marie: ein Mann, der solche Torten machen kann?«
    Marie schüttelte den Kopf. »Nö.« Und dann mit schlecht kaschiertem Desinteresse: »Dass es das gibt!«
    Lore nahm eine Tortenschaufel und schob sie ehrfürchtig unter den Kuchen. »Marie, darf ich dir ein Stück auftun?«
    Marie spürte einen starken Widerwillen gegen eine Torte, die der Freund gemacht hatte. Aber bei dem Theater, das Lore wegen des Kuchens veranstaltete, konnte sie sich schlecht verweigern. Sie hielt ihr zaghaft den Teller hin. »Bitte nur ein kleines Stück. Mit Torten muss ich etwas vorsichtig sein!«
    Mit ausgestreckter Zunge hebelte Lore das erste Stück Torte aus dem Kuchen heraus und hob es vorsichtig auf Maries Teller. Sie schaffte es, ohne dass das Stück Torte umkippte. Beide Frauen atmeten auf.
    »Du kannst dir das doch leisten.«
    Marie ließ fast den Teller fallen. Tom hatte diesen Satz mit einer Selbstverständlichkeit, ja Rotzigkeit gesagt, als würden sie sich schon seit Jahren jeden Sonntag zu Kaffee und Kuchen treffen.
    »Waren wir schon beim Du?«, fragte Lore – fast ein bisschen verstimmt darüber, dass ihr Mann derart vorgeprescht war.
    »Oh, Entschuldigung«, sagte der Freund. »Ich dachte, ihr seid längst Freundinnen.«
    Marie traf jedes seiner Worte wie ein Schlag ins Genick. Was war geschehen, seit sie am Tisch saßen? Hatte er in dieser kurzen Zeit seine Selbstsicherheit zurückerlangt?
    Marie war nicht mehr vorne. Er hatte das Ruder wieder übernommen.
    »Wo bleibt denn Kevin?«, fragte Lore, als sie ihre Tasse abstellte.
    »Nun probiert erst mal meine Torte!«, empfahl Tom, und zu seiner Frau gewandt: »Ich habe ihm erlaubt, das Computerspiel noch zu Ende zu spielen.«
    Alle aßen stumm und ergeben von der Torte, die der Freund für sie gemacht hatte. Sie schmeckte gut, auch wenn sie für Maries Geschmack ein wenig zu süß war. Aber das waren Torten eigentlich immer.
    »Du lässt ihm zu viel durchgehen«, sagte Lore mit vollem Mund und drohte Tom spielerisch mit der Kuchengabel.
    »Er wird gleich kommen. Der Junge weiß doch, dass der Kuchen auf dem Tisch steht.« Tom schaute in die Runde. »Und? Keine Angst, ich kann Kritik vertragen.«
    Marie musste sich vorsehen: Der Freund war weit abgebrühter, als sie geglaubt hatte.
    Lore stand auf. Sie tupfte ihre Lippen mit der rosa Stoffserviette ab. »Entschuldigt bitte, aber ich hole jetzt Kevin. Das ist einfach unhöflich, uns hier warten zu lassen.«
    Robert schien die Torte zu schmecken, er hatte sein Stück schon fast aufgegessen. Marie tat so, als wäre sie mit dem Kuchen beschäftigt. Sie konnte dem Freund jetzt nicht in die Augen schauen.
    »Lore ist manchmal zu hart zu dem Jungen«, erklärte Tom ernst. Es klang fast so, als wollte er den beiden ein Geheimnis anvertrauen. »Sie vergisst völlig, dass er erst kurze Zeit hier ist und alles noch sehr fremd für ihn ist. Man muss Geduld mit ihm haben.«
    Der Freund warb um Verständnis. Er wollte Maries Nachsicht.
    Rede nur, dachte sie.
    Robert hörte auf, Torte zu essen, schaute Tom an und nickte

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