Abgeferkelt: Roman (German Edition)
Wort, aber das tat er bei Frauen ohnehin nur selten. »Vielleicht sollten Sie erst mal ein Glas Wasser trinken. Geben Sie mir Ihre Fototasche, die sieht ja größer aus als Sie selbst. Ich zeige Ihnen, wo unser Großraumbüro ist, in Ordnung? Übrigens nennen mich alle hier Manolo – wollen wir einfach du sagen?«
»Meinetwegen.«
Der Mangel an Enthusiasmus in ihrer Stimme kränkte ihn irgendwie. Für wen ließ er hier eigentlich seinen Charme spielen? Doch dann fiel ihm ein, dass es seine Idee gewesen war, die Neue zu den Schweinezüchtern nach Eberswachteln zu schicken. Dass sie von diesem Termin leicht traumatisiert zurückkehrte, war Teil des Plans und daher streng genommen als Etappensieg zu verbuchen. In einem Anflug von Großzügigkeit entschied er sich deshalb, ihr diese Ignoranz zu verzeihen. »Du sitzt mit Heinz, Guido und mir zusammen«, klärte er Kati auf, während er sie den Gang hinunterführte. »Ist zwar nur ein kleiner Tisch hinten in der Ecke, aber ich hoffe, das stört dich nicht.«
Sie sagte nichts und stolperte einfach nur neben ihm her, bis sie das Büro am Ende des Flurs erreicht hatten. Heinz Sperling und Guido Haak hörten schlagartig auf zu tippen, als sie Kati hereinkommen sahen.
»Alle Achtung«, meinte Heinz angesichts ihres schlammbespritzten Outfits. »Sie scheinen mit unserem Landkreis ja richtig auf Tuchfühlung gegangen zu sein.«
»Aber so dicht hätten Sie beim Fotografieren jetzt auch nicht rangehen müssen«, meldete Guido sich zu Wort.
»Jetzt haltet mal die Klappe, Leute, und gönnt unserer neuen Kollegin eine kleine Verschnaufpause: Sie hatte heute einen langen Tag und außerdem ihre erste Begegnung mit einer Wildsau.« Manolo drückte Kati auf einen klapprigen Drehstuhl und sah sich um. »Wo ist denn die Flasche mit dem Mineralwasser? Sag nicht, die hast du schon ausgesoffen, Haak?«
»Wieso nicht? War doch meine.«
»Dann geh rüber ins Männerklo und zapf der Kati ein Glas Leitungswasser ab. Wir sind jetzt übrigens alle per du, kapiert?«
»Es gibt aber keine sauberen Gläser mehr«, warf Guido lahm ein. »Dazu müsste erst mal einer die Spülmaschine in der Gemeinschaftsküche ausräumen. Und Charlotte ist heute schon weg.«
Kurz entschlossen leerte Manolo das alte Marmeladenglas mit seinen Kugelschreibern auf der Schreibtischplatte aus. »Da, nimm das.«
Ohne sich sonderlich zu beeilen, schlenderte Guido aus dem Raum. Im Türrahmen stieß er beinahe mit Jonas Larsen zusammen, der noch genauso tadellos angezogen wie am Vormittag auf der Bildfläche erschien. Kati stöhnte kaum hörbar auf und versuchte, sich in ihrer Ecke so unsichtbar wie möglich zu machen. Vergeblich. Jonas entdeckte sie sofort und ließ sich viel Zeit, seinen Blick über ihre verunstalteten Haare, schmutzigen Stilettos und ruinierten Kleider wandern zu lassen. Dann hob er eine Augenbraue. »Ich hab Ihnen gleich gesagt, dass Ihre Schuhe nicht zum Laufen taugen.«
»Sie hätten mich damit ja auch nicht auf eine Schweineweide schicken müssen.«
»Ein guter Landkreis-Reporter hat immer ein Paar Gummistiefel im Auto, vielleicht merken Sie sich das fürs nächste Mal.« Demonstrativ sah er auf die Uhr. »Es ist Viertel vor vier, Frau Margold. Ist Ihnen eigentlich klar, dass Sie sich viel zu lange bei diesem Termin in Eberswachteln aufgehalten haben?«
Kati schluckte. »Ich … ich hab mich auf dem Rückweg verfahren.«
»Und vorher sind Sie in den Futtertrog gefallen, oder was?«
»So was in der Art.«
»Wie dem auch sei: Sie können von Glück sagen, dass uns dieser Wohnungsbrand dazwischengekommen ist und wir Ihren Schweine-Artikel auf wenige Zeilen eindampfen konnten.«
»Wie bitte?« Kati verstand nur Bahnhof.
»Ähm, Jonas?« Manolo warf seinem Freund einen eindringlichen Blick zu. »Das mit dem Wohnungsbrand … das wollte ich der Kati gerade erklären. Möglichst schonend, verstehst du?«
»Nein«, entgegnete der Chefredakteur. »Die Sache ist doch schnell erklärt: Frau Margold, wir haben einen Text auf der Seite, der wichtiger ist als die Schweine-Story. Außer einem Foto und fünf Zeilen Blabla gibt die Sache nichts her. Redaktionsschluss ist um fünf, und ich gehe davon aus, dass selbst Sie es schaffen, bis dahin fertig zu sein.« Er sah Manolo fragend an. »War das jetzt schonend genug?«
Schweigen. Dann räusperte sich Heinz Sperling. »Na ja, der Schlussteil wäre vielleicht noch etwas ausbaufähig.«
»Sorry, dass es so lange gedauert hat.« Guido Haak kam ins
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