Abgeferkelt: Roman (German Edition)
Jahre meines Lebens!« Sie schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. »Wieso hab ich die ausgerechnet mit dir vergeudet?«
»Das klingt jetzt nicht so, als ob du uns noch eine zweite Chance geben würdest …«
»Definitiv nicht!«
»Okay. Schon gut. Ich hab verstanden.« Er machte eine Pause. »Aber du kannst mir nicht vorwerfen, dass ich es noch mal versucht habe! Ich meine – wir hatten doch auch gute Zeiten …«
»Die werden wir auch wieder haben. Getrennt voneinander.«
Er verstummte und starrte auf seine Schuhspitzen. »Ich hätte dich niemals betrügen dürfen«, sagte er dann. »Es ändert zwar nichts mehr, aber ich habe es seitdem tausendmal bereut. Ich wollte nur, dass du das weißt.«
»In Ordnung. Danke, Ralf.«
Er zögerte. »Dann … sollte ich jetzt wohl gehen, oder?«
»Das wäre das Beste.«
Für einen Augenblick sah es so aus, als ob er sie in den Arm nehmen wollte. Aber es sah nur so aus.
»Pass auf dich auf, Kati.«
»Und du auf dich.«
Die blondierten Strähnen in seinem Haar leuchteten in der Sonne, als er kurz darauf die Straße hinunterlief. Es war das Letzte, was Kati von ihm sah.
28.
J onas stand am Fenster seines Büros und kehrte ihr den Rücken zu.
»Da bin ich«, sagte Kati leise. »Ich hoffe, ich hab dich nicht zu lange warten lassen.«
»Kennst du das Gefühl, wenn man die ganze Zeit glaubt, etwas Wichtiges übersehen zu haben?«, fragte er zurück. »Und dann plötzlich fällt der Groschen, und man kommt sich vor wie ein Idiot.«
»Ich … ich bin mir nicht sicher, worauf du hinauswillst …«, stieß sie hervor.
»Kurz vor seinem Tod habe ich Amberg noch im Krankenhaus besucht.« Endlich drehte er sich zu ihr um. »Auf seinem Nachttisch lag ein Kinderfoto. Ein kleines, blondes Mädchen mit Schultüte in der Hand. Als ich ihn fragte, wer das ist, meinte er nur: Verwandtschaft.« Jonas schüttelte den Kopf. »Ein paar Wochen später hatte ich deine Bewerbungsmappe vor mir liegen – und wäre nicht im Traum darauf gekommen, dass es sich bei dir und dem Mädchen mit der Schultüte um ein und dieselbe Person handelt.«
»Es tut mir leid«, sagte Kati. »Ich wollte nicht, dass du es auf diese Weise erfährst.«
»Sondern?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Anders eben. Ohne Fremdeinwirkung.«
»Von Anfang an ehrlich zu sein wäre keine Alternative für dich gewesen?«
»Ich bin dieses Versteckspiel nicht eingegangen, weil mir langweilig war«, verteidigte sie sich. »Dafür gab es Gründe.«
»Sagst du mir, welche?«
»Es ging darum, Zeit zu gewinnen. Friedrich und ich standen uns nicht sehr nahe, und ehrlich gesagt war ich ziemlich geschockt, als ich von dem Erbe erfuhr. Außerdem hat Buddington andauernd mit dem Angebot von Tredbeck vor meiner Nase herumgewedelt und wollte, dass ich eine Entscheidung treffe …«
»Buddington? Was hat der denn mit der Tredbeck-Gruppe zu tun?«
»Er hat mir geraten, an sie zu verkaufen. Möglichst schnell sogar, damit ich noch einen guten Preis erziele, bevor die Grümmsteiner Zeitung weiter an Wert verliert.«
»Aber das wolltest du nicht?«
»Ich hatte doch gar keine Ahnung, wovon der redet!« Kati strich sich die Ponyfransen aus der Stirn. »Friedrich hat mir zwar immer vorgeworfen, dass ich auf meiner Kosmetikschule nichts Anständiges gelernt habe – aber dass man einen Vertrag nicht unterschreibt, bevor man ihn verstanden hat, das haben die uns dort immer wieder eingetrichtert!«
Jonas lächelte. »Und so kamst du auf die Idee, dir das Ganze mal vor Ort anzugucken?«
»Mein Halbbruder hat mich darauf gebracht. Er meinte, wenn ich eine Zeitlang hier gearbeitet hätte, würde ich mehr Klarheit darüber bekommen, was ich mit dem Verlag anfangen will.«
»Ist es zu früh, danach zu fragen, zu welchem Ergebnis du gekommen bist?«
»Ich werde nicht verkaufen«, sagte Kati, ohne zu zögern.
»Warum nicht?«
»Wer soll die Lobbyarbeit für Leute wie den schwulen Schützenkönig machen, wenn die Grümmsteiner Zeitung nicht unabhängig bleibt?«
»Das wird nicht einfach.«
»Da ich einen überaus fähigen Chefredakteur an meiner Seite weiß, mache ich mir da eigentlich keine Sorgen.«
Sein Blick verdunkelte sich. »In die Entscheidung für oder gegen einen Verkauf solltest du mich nicht mit einbeziehen.«
»Warum?«, fragte sie alarmiert. »Hast du vor, zu kündigen?«
»Nein, aber …« Er zögerte und tat es dann doch. »Aus uns beiden wird nichts, Kati. Ich muss dir das so deutlich sagen, weil Isabel
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