Abgeferkelt: Roman (German Edition)
sie sich gegen das schwere Möbelstück stemmte, das sich jedoch keinen Millimeter bewegen ließ. »Nun fassen Sie schon mit an, Buddington.«
»Ich stelle fest, dass Sie sich zum wiederholten Mal als beratungsresistent erweisen.« Widerwillig zog er links, während Kati von rechts drückte, und so schafften sie es mit vereinten Kräften, das Regal an die Wand neben der Tür zu befördern. »Was soll ich unseren Gesprächspartnern bei Tredbeck jetzt sagen?«, japste Buddington schließlich, zog ein Stofftuch aus der Tasche und tupfte sich die Stirn ab. »Dass ich sie wochenlang hingehalten habe, nur um ihnen eine Absage zu erteilen?«
»Wo ist das Problem? Wir haben denen doch nichts versprochen.« Kati warf ihrem Anwalt einen prüfenden Blick zu. »Haben wir doch nicht, oder?«
»Nun ja – in Hamburg musste man schon den Eindruck gewinnen, dass wir einer Übernahme wohlwollend gegenüberstehen. Immerhin hatten wir ja schon einen Vertrag aufgesetzt …«
»Ich habe Ihnen gleich gesagt, dass Sie da voreilig waren.«
»Und ich habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt«, ereiferte sich Buddington, der allmählich wütend wurde. »Allerdings scheinen Sie in dieser wie auch in allen anderen Fragen so wenig Wert auf meine Einschätzung zu legen, dass mir Zweifel kommen, ob eine weitere Zusammenarbeit noch Sinn macht!«
Kati hielt inne. »Soll das heißen, Sie wollen kündigen?«
»Wenn Sie Ihren Kamikazekurs weiterhin fortsetzen, sehe ich mich in der Tat dazu gezwungen.«
»Okay.«
»Wie – okay?«
»Ihre Kündigung ist akzeptiert, und ich setze meinen Kamikazekurs weiter fort.«
Buddington wich alle Farbe aus dem Gesicht. »Nachdem ich mich jahrzehntelang um diesen Verlag verdient gemacht habe, stellen Sie mir jetzt den Stuhl vor die Tür?«
»Ihren Stuhl stellen Sie sich selbst vor die Tür«, gab Kati zurück. »Abgesehen davon glaube ich, dass Sie in den vergangenen Jahren auch sehr gut an diesem Verlag verdient haben. Wir täten also beide gut daran, mit einer gewissen Dankbarkeit zurückzublicken – warum belassen wir es nicht dabei und ziehen einen Schlussstrich?«
»Sie machen einen schweren Fehler, Frau Margold. Wenn Sie in dieser Form weiterwirtschaften, fahren Sie die Zeitung noch an die Wand!«
»Aber das ist ja Gott sei Dank nicht mehr Ihr Problem, oder?«
Der Anwalt versteifte sich. »Ich gehe davon aus, dass ich ab sofort freigestellt bin? Bei vollen Bezügen?«
»Natürlich.«
»Dann verabschiede ich mich.«
»Vielen Dank für alles, Buddington. Und weiterhin viel Glück für Sie.«
»Nicht doch – ich wünsche Ihnen Glück. Sie können es brauchen.«
Er wandte sich ab und ließ die Tür krachend hinter sich zufallen.
29.
M icha, der Semesterferien hatte, war nach Grümmstein gekommen, um seiner Schwester seelischen und juristischen Beistand zu leisten. Drei Tage lang sichtete er in Buddingtons nunmehr geräumtem Büro alle Unterlagen. Dann erstattete er Kati Bericht.
»Also, unter dem Vorbehalt, dass ich noch kein fertiger Anwalt und obendrein kein Betriebswirt bin, muss ich dir sagen …« – er hielt kurz inne –, »… die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos.«
»Geht das auch ein bisschen konkreter?«
»Zunächst einmal hat Buddington die Situation des Verlages deutlich düsterer gezeichnet, als sie ist – vor allem, was die Abonnentenzahlen betrifft.«
Kati runzelte die Stirn. »Tatsächlich? Ich dachte, die sinken mittlerweile ins Bodenlose?«
»Genau das Gegenteil ist der Fall.« Micha legte ihr eine Tabelle vor. »Hier kannst du sehen, dass die Grümmsteiner Zeitung seit zwei Jahren kontinuierlich an Lesern gewinnt. Also ziemlich genau, seit Jonas Larsen Chefredakteur geworden ist und eine neue, kritische Linie ins Blatt gebracht hat. Das bestätigt sich übrigens auch ganz aktuell …« – er kramte ein weiteres Blatt Papier hervor – »… am Fall des schwulen Schützenkönigs. Seit ihr darüber berichtet, habt ihr acht neue Abonnenten zu verzeichnen. Und das mitten im Sommer, wo viele Leute im Urlaub sind.«
»Interessant«, meinte Kati. »Glaubwürdigkeit macht sich also auch in Grümmstein bezahlt?«
»Leider nicht bei den großen Anzeigenkunden«, wandte Micha ein. »Es ist nämlich so, dass der Verlag in der Regel nur zweimal pro Jahr richtig abkassiert – in der Vorweihnachtszeit und in der Schützenfest-Saison, wo fast alle Betriebe massiv Werbung schalten. Aber diesmal …« – eine Tabelle mit dicken, roten Zahlen landete
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