Abgehakt
einen Rat geben darf, dann arbeiten Sie lieber mit uns zusammen. Vielleicht kommen Sie dann einigermaßen glimpflich aus der Sache heraus. Obwohl, Beihilfe zum Mord wäre ja mal was Neues in Ihrer Akte.«
»Ich habe damit nichts zu tun.« Martin hörte Willigs Tonfall an, dass er ihn aus der Reserve gelockt hatte. »Sie hat uns nur für den Überfall bezahlt. Von Morden weiß ich nichts. Das können Sie mir nicht anhängen.«
»Wer ist die Dame?«
»Keine Ahnung. Wir hatten keinen persönlichen Kontakt. Sie hat uns einfach angerufen und gefragt, ob wir das für Sie machen. Sie hat gesagt, sie will der Kleinen einen Denkzettel verpassen. Fünfhundert Euro hat sie uns bezahlt.«
»Woher wussten Sie, wen und wo Sie die Frau überfallen sollten?«
»Wir hatten ein Foto und ein paar Infos im Briefkasten. Wir wussten, wo sie arbeitet und wo sie ihre Karre parkt. Dann war ja klar, dass sie jeden Tag durch die Unterführung zum Parkplatz geht. Wir brauchten sie nur abzufangen. Hat ja auch prima geklappt.«
»Was ist mit den Informationen Ihrer Auftraggeberin? Haben Sie die noch?«
»Werden wohl irgendwo zu Hause noch rumfliegen.«
»Wie haben Sie das Geld bekommen?«
»Wir hatten einen Schließfachschlüssel im Briefkasten. Da haben wir die abgeschnittenen Haare reingelegt und konnten später das Geld dort holen.«
»Sie haben keine Ahnung, wer die Frau ist und wie sie auf Sie gekommen ist?«
»Keinen blassen Schimmer! Wir haben auch nicht gefragt. Aber sie kannte uns.«
»Hat sie das gesagt?«
»Ja, hat sie. Als sie mit uns telefonierte, hat man auch gemerkt, dass sie über uns Bescheid wusste.«
»Was genau wusste sie?«
»Na, dass wir gesessen haben und warum. Und dass wir deshalb genau die Richtigen für den Job sind, hat sie gesagt.«
»Kennen Sie diese Frau?« Martin legte ihm ein Foto von Daniela vor.
Willig schüttelte den Kopf. »Ist das die Killerin?«
»Das ist sie!«
Willig musste noch ein bisschen bearbeitet werden, ehe er den Namen seines Komplizen nannte. Aber dann konnte auch der ohne Probleme festgenommen werden. Es war Hans Wehmeyer, ein ehemaliger Zellengenosse, der mit Willig zusammen in einer WG lebte. Auch er konnte keine weiteren Angaben zur Auftraggeberin machen. Über einen dritten Mittäter, der Schmiere gestanden haben soll, schwiegen sie sich aus. So wurden beide dem Haftrichter vorgeführt, um ihre WG für einige Zeit erneut ins Gefängnis verlegen zu lassen.
Die Wohnung der beiden wurde durchsucht, und tatsächlich fand sich ein Briefumschlag mit dem Foto von Anne und den Informationen über sie. Der Brief war mit dem Computer geschrieben worden, zeigte aber keinerlei Fingerabdrücke oder sonstige Spuren. Allerdings stellte das Polizeilabor fest, dass der Umschlag der gleiche war, wie die, die Anne erhalten hatte.
45
Anne trat auf die Straße, schloss für einen Moment die Augen und sog die herrlich frische Morgenluft ein. Es war Dienstag, ein kalter, klarer Morgen im Dezember. Seit sie von der Verhaftung Danielas und der beiden Männer vom Überfall erfahren hatte, waren vier Wochen vergangen. Anne hatte ihre Sicherheit wiedergewonnen und genoss jeden Tag mehr als je zuvor. Albträume hatte sie nur noch selten, wofür sie dankbar war.
Als Kelly aus Südafrika zurückgekommen war, lebten die schrecklichen Ereignisse noch einmal auf, und es flossen viele Tränen. Sie gab ihr keine Schuld an Sunnys Tod, dafür tat ihr die Freundin viel zu leid. Was hatte sie doch alles durchgemacht! Rührend kümmerte sich Kelly um Anne, und ihre Freundschaft war gefestigter denn je. Auch hatte Kelly inzwischen Carsten kennengelernt. Sie mochte ihn sehr und freute sich für Anne, dass die ganze hässliche Angelegenheit doch wenigstens etwas Erfreuliches mit sich brachte.
Als Anne jetzt in ihren Wagen stieg und dabei an ihn dachte, lächelte sie vor sich hin. Ja, sie hatten sich ineinander verliebt. Regelmäßig trafen sie sich. Dann gingen sie aus oder saßen gemütlich zu Hause zusammen. Er war ein wunderbarer, zärtlicher Mann. Aber das war nicht alles. Dass er auch ein leidenschaftlicher Liebhaber sein konnte, hatte sie gestern erfahren. Sie hatten zum ersten Mal miteinander geschlafen, und wenn sie daran zurückdachte, durchströmte sie eine wohlige Wärme. Heute Abend, nach der Arbeit, würde sie ihn wiedersehen.
Anne saß in ihrem Büro und überprüfte Stahlbaukonstruktionen anhand eines Planes, als ein Kollege hereinkam und ihr einen Umschlag mit den Worten: »Wurde
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